Meinung: kämpfen statt kneifen

Veranstaltungsgäste parken rund um die Konrad-Frey-Halle private Grundstückseinfahrten zu. Der Radweg in der Mannheimer Strasse wird stundenweise als kostenlose Abstellfläche für Autos missbraucht. Gehwege werden von fussfaulen Zeitgenossen zugestellt. Autohändler stellen nicht zugelassene Kfz auf öffentlichen Verkehrsflächen ab. Mieter, die zu bequem sind die Mülltonne aus dem Keller zu holen, stopfen mit ihrem Hausmüll öffentliche Mülleimer voll. Weil Gastronome eine vernünftige Entlüftungsanlage sparen öffnen sie im Sommer nachts rechtwidrig Türen und Fenster und beschallen so ganze Strassenzüge.

Was hat all das mit “Sicherheit” und / oder “Sicherheitsgefühl” zu tun. Gar nichts. Das ist der ganz normale Wahnsinn menschlichen Fehlverhaltens. Und um die Last für die grosse Mehrheit der BürgerInnen durch diese Egoisten und Störer zu mindern sind mehr Kontrollen und mehr Einsatzkräfte erforderlich. Die SPD hat also mit ihrem Antrag ein real existierendes Problem angesprochen. Und einen lösungsorientierten Vorschlag gemacht. Aber mit einer teilweise abwegigen Begründung (“Sicherheitsgefühl”). Wer sein Auto nicht mehr vom Grundstück fahren kann, weil die Ausfahr zugeparkt ist, wer nachts Schlafen möchte, daran aber durch Krawalle aus offenen Kneipenfenstern oder Autoradios gehindert wird, in beiden Fällen das Ordnungsamt ruft – aber nicht erhört wird, der fühlt sich doch nicht unsicher. Der fühlt sich im Stich gelassen.

Peter Grüßner hat es am ehesten getroffen. Solange, bis das Einhalten von Regeln wieder eine Selbstverständlichkeit ist, muss die Stadt mehr tun als bisher. Und für die Betroffenen ist es doch vollkomnmen egal, ob eine richtige Problembeschreibung und eine zielführende Forderung von “Populismus” oder “Wahlkampf” motiviert ist. Insofern haben sich die Genossen mit dem Zurückziehen ihres Antrages mal wieder selbst ein Bein gestellt. Statt zu kämpfen haben sie gekniffen. Dadurch haben sie ihr Anliegen stärker in Frage gestellt, als es eine Abstimmungsniederlage getan hätte. Denn dann hätten die Neinsager ihre Verweigerungshaltung erklären müssen. So wird intern weiter an Konzepten gebastelt. Und in der Bevölkerung wächst der Frust.

Strigidus Minor

SPD zieht zurück

“Wir wollen nicht, dass der Antrag abgelehnt wird”, mit dieser Begründung zog Fraktionssprecher Andreas Henschel die SPD-Forderung für 18 neue Stellen beim Ordnungsamt am Montagabend im Hauptausschuss zurück. Genau das hatte zuvor FDP-Stadtrat Jürgen Eitel von den Sozialdemkraten verlangt, “um in der Sache ins Gespräch zu kommen”. Er bezeichnete den Antrag der Genossen als “reinen Populismus” und “Wahlkampf”. Diesen Vorwurf richteten auch Werner Klopfer (CDU), Hermann Bläsius (Grüne) und Jürgen Locher (Linke) an die Sozialdemokraten. Da war klar: aus dem Konzept, mit mehr Personaleinsatz das “Sicherheitsgefühl” der EinwohnerInnen zu verbessern, wird nichts.

Law-and-Order-Truppe

Vor dem SPD-Rückzug wurden sehr unterschiedliche Sichtweisen zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs und “Verstössen” wie illegale Müllentsorgung und Lärmbelästigung und wie damit umzugehen ist deutlich. Die SPD präsentierte sich als “Law-and-Order”-Truppe, mahnte das Einhalten von Regeln an, wies auf “Störungen” hin, zitierte “zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung” und beklagte “verlorengegangenes Vertrauen”. Ihr Fraktionssprecher kündigte an, “das Thema Sicherheit wird für die Kommunen noch ein grosses Thema werden”.

Schlosser lehnt 18 zusätzliche Kräfte ab

In der Sache gab es dazu aus den übrigen politischen Gruppen zwar andere Akzentsetzungen, aber wenig Widerspruch. Der bezog sich mehr auf die Vorgehensweise der SPD-Stadtratsfraktion. “Too much” (viel zu viel) war etwa dem für das Ordnungsamt zuständigen Beigeordneten Schlosser die Einstellung von 18 Leuten. Er sah einen zusätzlichen Bedarf für je etwa 2 in beiden Bereichen, will sich aber erst festlegen, wenn er ein Konzept mit der Polizei abstimmen konnte. Er habe sein Dienstzimmer bewusst im Ordnungsgamt und nicht im Verwaltungsgebäude Viktoriastrasse gewählt (wo das ihm unterstellte Amt für Wirtschaftsförderung sitzt), um damit deutlich zu machen, dass er voll hinter seinen Ordnungskräften stehe.

“kreuz und quer geparkt”

In der Begründung des Antrages führte Henschel an, insbesondere an Wochenenden werde “in gewissen Strassenzügen kreuz und quer geparkt, weil es keine Kontrolle gibt”. Bezogen auf Lärm und Vermüllung seien “gewisse Entwicklungen in dieser Form nicht mehr hinzunehmen”. Das Bedürfnis nach mehr Kontrollen in der Bürgerschaft sei da. Und den auf die Kosten verweisenden Kritikern hielt der SPD-Fraktionschef entgegen “Sicherheit ist keine Sache, mit der man Gewinne erzielen kann”.

CDU gegen mehr Kontrolle beim Parken

Klopfer warf dem beruflich als Ordnungshüter tätigen Henschel vor, “aus Sicht des Polizisten geredet zu haben”. Für die CDU sprach er sich “gegen mehr Kontrolle beim Parken aus”. Der Vorsitzende der örtlichen SPD Meurer verteidigte den Genossen-Antrag mit der Feststellung, “die Leute parken wo sie wollen”. Vorfälle seinen nun mal da. Und diese seien “dem Bürger gegenüber auch wahrzunehmen”. Am Wochenende “ist beim Ordnungsamt keiner erreichbar und daher wendet sich der Bürger an die Polizei” ist seine Erfahrung. In fünf Monaten sei dies 222 Mal der Fall gewesen. Die aber sei oft gar nicht zuständig.

Gespräch suchen statt Polizei rufen

Hermann Bläsius erkannte im Antrag der SPD einen Vorstoss, “der das Ansehen der Stadt ganz gewaltig runter zieht”. Nach seiner Wahrnehmung “schätzt die Bevölkerung das Sicherheitsgefühl falsch ein”. Es sei nicht schlimmer geworden, “im Gegenteil”. In jenen Fällen, in denen zu laute Musik Nachbarn störe, riet der Grüne, “nicht gleich zum Hörer zu greifen und die Polizei zu rufen, sondern das Gespräch mit dem Störer zu suchen”. Er lobte die Einsatzkräfte, die “einen harten Job machen”.

“kleine Dinge nicht unterschätzen”

Peter Grüßner (SPD) mahnte, “auch die kleinen Dinge nicht zu unterschätzen”. Die Untätigkeit der Verwaltung lasse die Bürger fragen, “warum soll ich mich an die Regeln halten, wenn andere es nicht tun?” In der Stadt breiteten sich Zweifel aus, ob der Staat noch für die Einhaltung der Gesetze sorgen könne. Sein Fraktionskollege Carsten Pörksen wies auf “Problembereiche hin, auf die wir stärker den Fokus richten müssen”. Die Entwicklung in der Neustadt habe doch alle unruhig gemacht. Der Ist-Zustand bedürfe einer “klaren Veränderung”. Den Grünen hielt er entgegen, der Vorwurf die Stadt schlecht zu reden sei “Quatsch”, es ginge darum die Situation zu verbessern.

Verschlechterung subjektiv

Dr. Herbert Drumm (Freie Fraktion) stimmte seinem früheren Bürgerlisten-Partner Klopfer zu, kein neues Personal für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs einzustellen, um dort “nicht übermässig” vorzugehen. Er räumte ein, dass in einigen Fällen die Verwaltung nicht vor Ort komme, wenn Bürger sich belästigt fühlen. Das “subjektive Sicherheitsgefühl” sei schlechter geworden.

Schneider blieb stumm

Stumm blieb allein Barbara Schneider (früher AfD, dann Alfa, jetzt Parteilose Fraktion). Weder die Frage, welche Missstände sie sieht noch die Aufgabe, wie das Sicherheitsgefühl der EinwohnerInnen verbessert werden kann, war ihr einen Redebeitrag wert. Sie schwieg auch zur Verbalvorlage Klopfers, der in Ergänzung seiner These, dernach Schwarzafrikaner in der Fussgängerzone Angst auslösen, im Hauptausschuss am 15.10.18 “Grüppchen von jungen Männern” anführte, die insbesondere “Frauen erschrecken”.

Tourismusbeitrag: CDU gescheitert

Die Christdemokraten wollten die Abgabe rückwirkend zum 1.1.18 abschaffen. Der Finanzausschuss lehnte ihren Antrag am 16.10.18 allerdings mit 12 Nein- zu 9 Jastimmen ab. SPD, Grüne, Linke und Freie wollen auch weiterhin kassieren. Bürgermeister Heinrich nutzte die Sitzungsleitung, um eingangs “den Sachverhalt darzustellen, wie er wirklich ist”. Er bezifferte das Defizit auf 1,7 Millionen Euro. Die Abgabe werde benötigt, um einen Teil dieses Finanzloches abzudecken.

Kleudgen argumentierte

Da sich für die Begründung des Antrages in Abwesenheit von Fraktionschef Werner Klopfer zunächst kein CDUler zu Wort meldete, übernahm deren Exmitglied Wolfgang Kleudgen (heute FWG) den argumentativen Angriff auf den Tourismusbeitrag. Er legte dar, dass für die Durchsetzung der Erhebung dessen Akzeptanz in der Bevölkerung wichtig sei. Die Entscheidungsträger müssten sich zudem fragen, ob sie alles getan hätten, um das Defizit durch Einsparungen zu verringern. Beide Punkte beantwortete er mit einem klaren “Nein”. Daher werde die FWG den CDU-Antrag unterstützen.

Meurer bürstete

Widerspruch dazu kam von Günter Meurer. Der SPD-Ortsparteichef berichtete von persönlichen Gesprächen mit Unternehmern, die ihm “grosses Verständnis für die Abgabe” erklärt hätten. Obwohl – oder weil – an Körpergrösse Kleudgen nicht gewachsen, bürstete der Ehemann der Oberbürgermeisterin diesen von oben ab mit dem Hinweis darauf, er habe “vielleicht ein paar mehr Unterhaltungen geführt” als der FWGler. Meurer behauptete, am 30.10. vor dem OVG sei ein Urteil zu erwarten und riet daher zum “Abwarten” und von “organisatorischer Hektik” ab.

Dr. Drumm für die Abgabe

Dr. Herbert Drumm (Freie) sieht im Tourismusbeitrag “die gerechteste Abgabe, die es gibt”. Es müssten die belastet werden, die von Fremdenverkehr profitierten, das Defizit dürfe nicht auf die Bürger abgewälzt werden, die gar nichts davon haben. Das Problem sieht er in der Umsetzung. Dann griff Manfred Rapp in die Diskussion ein. Der Christdemokrat wies auf einzelne fragwürdige Positionen in der Kalkulation der Stadt hin. Und er führte hohe aktuelle Steuereinnahmen gegen die Zusatzbelastung für Unternehmen an.

Bastian kein Beitragsgegner

Für die Grünen erklärte Lothar Bastian, diese hätten “nicht aus Begeisterung”, sondern wegen der vom Bürgermeister eingangs geschilderten Haushaltskonsolidierung die Einführung der Abgabe mitbeschlossen. Daran habe sich nichts geändert. Danach zeigte er plastisch die Schwachstellen des Beitrages auf: “Ein Friseur in der Kurhausstrasse profitiert – der in Bosenheim nicht”. Probleme sieht er schon bei er Grundkonzeption des Beitrages: die gleiche Höhe für alle sei ungerecht, dieser Konstruktionsfehler aber nicht zu beheben. Nach diesen Worten hoffte Antonio Valentino schon, sein grüner Gast im Ponte Vecchio würde ins Lager der Beitragsgegner wechseln. Umsonst.

“2.965 Datensätze für 2016”

GuT-Geschäftsführer Dr. Michael Vesper gab die “Auswertung der Postleitzahlen auf der Basis von Kundenbefragungen” als Methode an, mit der bei den Bädern die Höhe des Gemeindeanteils bestimmt wurde. Dementgegen habe bei Parks, Gradierwerken, Wander- und Radwegen geschätzt werden müssen. Auf Zwischenfrage von Manfred Rapp nannte Dr. Vesper erstmals öffentlich den aktuellen Stand zum Beitragserhebungsverfahren für 2016. “2.965 Datensätze” (er meinte damit wohl Beitragspflichtige) habe die GuT in den vergangenen drei Jahren ermittelt. 2.060 “Vorgänge” seinen abgeschlossen, 905 “Fälle” seien noch offen, davon würden geschätzt 300 einen Bescheid erhalten. Rund 1.200 der 2.060 Datensätzen hätten zu Bescheiden geführt, in 860 Fällen sei entweder eine Beitragspflicht unter der Geringfügigkeitsgrenze ermittelt worden – oder Beitragsfreiheit.

100.000 Euro Erhebungskosten

315.000 Euro Beiträge seien bisher für 2016 berechnet worden. Wenn alle Bescheide raus sind “werden wir wohl etwa 350.000 Euro erreichen”. Zum Tourismusbeitrag (2017) führte der GuT-Chef aus, dieser werde wegen des Normenkontrollverfahrens derzeit nicht bearbeitet. Allerdings seien 4.750 Datensätze festgehalten worden. Würden Bescheide verschickt, rechnet Dr. Vesper mit Einnahmen im Bereich von 450.000 bis 500.000 Euro. Die Erhebungskosten bezifferte er auf “100.000 Euro, davon 80.000 Euro Personal- und 20.000 Euro Sachkosten jährlich”.

Valentino kämpferisch

Antonio Valentino, der als Zuhörer an der Sitzung teilnahm, zeigte sich vom Diskussionsverlauf enttäuschter, als vom Ergebnis. “Seit fast einem Jahr habe ich jetzt Dutzende von Fehlern und Schwachpunkte aufgezeigt – gerade mal zwei wurden heute angesprochen”. Die GuT habe aus der Niederlage beim Verwaltungsgericht “nichts gelernt” und mache ungerührt einfach weiter. Um dann kämpferisch festzustellen: “jetzt müssen wir sie eben beim OVG stoppen”. Der Inhaber vom Ponte Vecchio ist erstaunt, dass in den kommunalen Gremien auch ganz offensichtliche Probleme von der Mehrheit nicht wahrgenommen werden: “bin ich wirklich der einzige den es stört, wenn im Oktober 2018 noch immer 900 Beitragspflichtige für 2016 keinen Bescheid haben? Genau drei Jahre nach dem Start des Erhebungsverfahrens?”

Kein Urteil am 30.10.

Erschreckend ist für den Gastronomen die Unwissenheit vieler Mandatsträger. “Am 30.10. findet in Koblenz eine mündliche Verhandlung statt, da gibt es kein Urteil”, ist er sich sicher. Damit sei erst in 2019 zu rechnen. Würde die Stadt nicht verlieren, wovon SPD, Grüne, Linke und Freie ausgehen, dannn müssten die Beitragspflichtigen im kommenden Jahr für 2017, 2018 und 2019 zahlen. “Wahnsinn” findet das Valentino.

Mantelsonntag findet statt

 Der traditionelle Mantelsonntag am 28. Oktober unter dem neuen Etikett “Herbstmarkt” findet statt. Zwar gab es eine grössere Zahl von Kritikern. Von denen ist aber allein ver.di bereit auch juristische Schritte in Betracht zu ziehen. Der DGB und die Kirchen belassen es bei Verbalnoten. Der einzige Weg, die von der Stadt am 14.9.18 erteilte und am 21.9.18 amtlich bekanntgemachte Genehmigung anzufechten, besteht in einem Antrag auf einstweilige Anordnung beim zuständigen Verwaltungsgericht.

Keine Chance im Eilverfahren

Und die Richter dort, so ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht, lassen sich derartige Entscheidungen “nicht kurz vor Ultimo aufzwingen”. Hätte ver.di direkt im September 2018 rechtliche Schritte eingeleitet, wäre auf der Basis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes die Chance für ein Verbot gross gewesen. Aber jetzt, wenige Tage vor der Veranstaltung, würden vor Gericht die wirtschaftlichen Interessen der Händler (bereits erteilte Aufträge für Wareneinsatz, Werbung usw) schwerer wiegen, als die Sonntagsruhe und die Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen.

Keine Stellungnahme von Kühn

“Das Gericht hätte ver.di gefragt: warum seid ihr nicht schon vor vier Wochen gekommen?” Deren Antwort wäre zwar nachvollziehbar, aber nicht zielführend gewesen. Dennis Dacke, Pressesprecher des Landesbezirks Rheinland-Pfalz-Saar der Gewerkschaft hatte dieser Seite schon in der vergangenen Woche dargelegt, dass juristische Schritte ohne vorherige Prüfung durch einen Rechtsanwalt unverantwortlich seien. Der von ver.di beauftragte Rechtsanwalt Dr. Friedrich Kühn (Leipzig) verweigerte am Montag eine Stellungnahme.

“weder partnerschaftlich noch fair”

Ver.di machte zwischenzeitlich in einer Erklärung deutlich, wo die Gewerkschaft die Hauptschuld für die terminliche Zwangslage sieht: bei der Stadtverwaltung. Hätte diese das Genehmigungsverfahren zeitiger abgeschlossen, wäre für alle Seiten eine rechtlich korrekte Klärung möglich gewesen. “Wir fordern von der Stadt Bad Kreuznach für alle zukünftigen geplanten verkaufsoffenen Sonntag eine so rechtzeitige Vorabinformation über Genehmigungen, dass wir als Angehörte auch noch so tätig werden können, das weder die Verwaltungsgerichtsbarkeit noch die Händler in Bedrängnis kommt,” fordert dacke folgerichtig und stellt fest: “Das Verhalten der Stadt ist weder partnerschaftlich noch fair”.

ver.di fordert frühzeitige Entscheidung

Das „Fristenspiel“ zeige nur Kalkül und habe wenig mit den Menschen zu tun. Die Verantwortung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Schutzvorschriften obliege der zuständigen Kommune. “Dass die Stadt Bad Kreuznach, in dem Wissen, dass sie nicht die einzige Kommune ist, die verkaufsoffene Sonntage durchführt, so handelt wie sie handelt widerspricht dem Gedanken der Verantwortung. Die Termine sind frühzeitig bekannt. Hier kann auch frühzeitig eine Genehmigung erteilt oder verwehrt werden.”

Das Defizit-Märchen der GuT

 Im Haushalt einer Kommunalverwaltung gibt es keinen “Schwund”. Jede Einnahme und Ausgabe muss auf “Heller und Pfennig” belegt und gebucht sein. Um so verwunderlicher ist es, wenn bezogen auf das selbe Thema immer wieder neue Beträge behauptet werden. Nein. Es geht hier nicht um die Baukostensteigerung beim Casinogebäude. Ja. Da sind die Zahlen zwar von 2,5 Millionen in 2017 über 5,9 Millionen im April 2018 auf 6,5 Millionen plus X im Oktober 2018 um mehr als das Doppelte gestiegen. Aber Stand heute sind davon “erst” rund 2,8 Millionen Euro ausgegeben und “nur” weitere 200.000 Euro genehmigt.

Verschenken und 3,5 Millionen sparen

Die darüber hinaus gehenden Millionenbeträge sind Kostenschätzungen. Noch gibt es keine Verträge, die diese Ausgaben erzwingen. Der Stadtrat könnte beschliessen kein Geld mehr in das marode Gebäude zu stecken und es statt dessen mit strengen Auflagen an einen Investor verschenken. Dann würden zwar einige Büroräume wegfallen – aber 3,5 Millionen Euro plus X würden garantiert gespart. Dieses Geld für einen Neubau ausgegeben würde zehnfach mehr Bürofläche erbringen, als im Casinogebäude möglich.

Ohne Informationen

Also. Das Märchen von den sich rückwirkend ständig verändernden Defiziten für längst abgeschlossene Zeiträume stammt von der GuT und der Tourismusverwaltung. Ohne die Betroffen vorab umfassend zu informieren und jede ohne Vorlage von Berechnungen und Kalkulationen beschloss der Rat der Stadt am 15.10.15 die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages im ganzen Stadtgebiet. Als dann im Frühjahr 2016 die ersten Erhebungen der GuT begannen, regte sich schnell Widerstand.

Bis Januar 2,6 Millionen

Dieser wurde von der Mittelstandsvereinigung (MIT) organisiert. Die Verantwortlichen wurden zur Information gezwungen und legten Ihre Zahlen Stand Mai 2016 offen. Damals betrug das Defizit im Bereich Tourismus “Zuschuss aus Steuermitteln” laut Stadtverwaltung “2,6 Millionen Euro”. Diese Zahl wurde bis Anfang 2017 immer wieder gebetsmühlenartig von GuT und Stadt genannt. Dann stellte Antonio Valentino im Januar 2018 einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz.

Im März 1,7 Millionen

Das Gericht verlangte eine Stellungnahme der Verwaltung. Die wurde am 8.3.18 vom Rechtsamt vorgelegt. Das dreiseitige Papier endet für 2016 mit einem Defizit von nur noch 1,7 Millionen. Und einem peinlichen Rechenfehler. Weil auf der Einnahmenseite 4% von 23 Millionen Euro nicht zum richtigen Betrag von 920.000 Euro ausgerechnet wurden, sondern nur zu 763.000 Euro, ist die Zahl 1,7 Millionen auf jeden Fall falsch.

Seit Juli 3,7 Millionen

Die Aufstellung des Rechtsamtes wurde dann auch von Valentinos Steuerberater zerlegt – nicht nur wegen der eigenwilligen Prozentrechung der Stadt. Diese Kritik erzeugte beim Verwaltungsgericht Zweifel an den Rechenkünsten der Stadt. Die Richter gaben Antonio Valentino im Eilverfahren recht. Folge: die Stadt suchte Hilfe bei einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht und rechnete neu. Seit dem 3. Juli 2918 beträgt das Minus beim Tourismus für 2016 nun angeblich 3,7 Millionen Euro …

“Nebenwirkungen und Spätfolgen”

Zusammenfassung: um in 2016 die Einführung der Abgabe zu rechtfertigen behauptete die Stadt ein Defizit von 2,6 Millionen Euro. Als es dann Anfang 2018 vor Gericht eng wurde korrigierte sie diesen Wert auf 1,7 Millionen Euro. Und nachdem die erste juristsche Niederlage kassiert war, erhöhte die Stadt im Juli 2018 den Betrag des angeblichen Defizites in 2016 auf 3,7 Millionen Euro. Antonio Valentino hofft, dass die Ausschuss- und Stadtratsmitglieder “endlich wach werden und diese Zahlenspiele beenden”. Wenn die es nicht machen und diese Aufgabe den Gerichten überlassen, dürfen sie sich über “Nebenwirkungen und Spätfolgen nicht beklagen”, stellt Valentino fest.

Entscheidung zum Tourismusbeitrag in öffentlicher Sitzung

Jede(r) darf dabeisein. Denn die gemeinsame Sitzung des Finanzausschusses mit dem GuT-Aufsichtsrat um die Zukunft des Tourismusbeitrages findet öffentlich statt. Tagungsort ist am Dienstag den 16. Oktober um 17.30 Uhr der Seminarraum 1 (Erdgeschoss) im Haus des Gastes / GuT-Verwaltungsgebäude zwischen Crucenia-Kurthermen und Hotel Fürstenhof. Wer mit dem Auto kommt, zahlt im Parkhaus Badeallee deutlich weniger, als auf dem Rolf-Ebbeke-Platz (früher Fürstenhofplatz) oder in der Tiefgarage darunter.

Und kann beim Fussweg zum Tagungsort als Bonus das Kurgebiet in Augenschein nehmen. Auch weitere wichtige und interessante Themen werden besprochen. So steht beispielsweise eine Übersicht über die “freiwilligen Aufwendungen 2018” zur Diskussion. Und es wird offengelegt, wen die Harry+Hans-Staab-Stiftung mit wieviel Geld fördert. Auch eine Änderung der Friedhofsatzung steht an.

Gegen Schlaglöcher und Stolperfallen

Nicht erst seit Genua haben vorsichtige VerkehrsteilnehmerInnen Sorgen auf Brücken. In Bad Kreuznach sind diese dank des umfassenden Untersuchungsprogrammes durch das Tiefbauamt unbegründet. Hier lauert die Gefahr unter der Brücke. Zum Beispiel in der Bahnunterführung der Industriestrasse. Fingertiefe Risse und Schlaglöcher stellen hier Räder und Fahrwerke auf eine harte Probe. Teile von Kfz-Stoßdämpferfedern liegen nicht von ungefähr im Strassengrün an Ein- und Ausfahrt.

Das wird sich noch in diesem Jahr ändern. Denn die Beseitigung dieser Strassenschäden steht auf dem Arbeitsplan des Bauhofes. Wie einige Problemzonen mehr. In der Mannheimer Strasse sind es die Fussgänger, die auf mehr Verkehrssicherheit hoffen dürfen. Südlich des Löwenstegs bis zur Ringstrasse wird der westliche Gehweg saniert. Er bekommt einen neuen Asphaltbelag. Im alten haben unzählige Baumassnahmen unübersehbare Spuren hinterlassen.

“Täuschungsversuch beim Tourismusbeitrag”

Am 30. Oktober führt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) in Koblenz die Anhörung zum Tourismusbeitrag durch. Schon nächste Woche steht der in Bad Kreuznach auf dem Prüfstand. Am Dienstag den 16.10. tagen Finanzausschuss und GuT-Aufsichtsrat gemeinsam. Beraten wird ein Antrag der CDU-Fraktion, der auf die Abschaffung der Abgabe ab dem 1.1.18 abzielt. Selbst wenn dieser Antrag angenommen würde, ginge die Beitragserhebung für 2016 und 2017 weiter.

Die Stadtverwaltung nimmt den CDU-Antrag zum Anlass erstmals ein Argument des Beitrag-Kritikers Antonio Valentino konkret aufzugreifen. Der hatte dem OVG vorgetragen, dass es der im Dezember 2016 beschlossenen Beitragssatzung für 2017 ff an einer prüffähigen Kalkulation mangelt (diese Seite berichtete u.a. am 21.9.18 unter der Überschrift “Die schrecken vor nichts zurück”, am 19.3.18 unter “Verräterische Zahlen” und am 16.3.18 unter “Kein Witz: Tourismusbeitrag soll auch Bäderhaus-Defizit verringern”). In diesem Zusammenhang hatte er die Festsetzung der kommunalen Eigenanteile bei mehreren Dutzend angeblich “touristischen” Ausgaben als “willkürlich” bezeichnet. Und das war wohl zutreffend.

Beschluss soll nachgeholt werden

Denn wie die Stadtverwaltung mit ihrer Beschlussvorlage 18/357 indirekt einräumt, hat es über die zugrundegelegten Prozentsätze nie einen Beschluss gegeben. Der soll jetzt nachgeholt werden. Den komplexen rechtlichen Zusammenhang, der auch Fachjuristen vor Herausforderungen stellt, reduziert die Verwaltung auf die schlichte Aussage “es bedarf lediglich der Bestätigung des Eigenanteils, der für den kommunalen Bereich in Abzug kommt”. Das ist natürlich unzutreffend, stellt dazu Valentinos Steuerberater Martin Reiber fest. “Denn der ohnehin zwei Jahre verspätete Beschluss muss nicht nur formal, sondern auch inhaltlich korrekt gefasst werden”. Und da sehe die Begründung in der Vorlage so dünn aus, dass die dahinterstehende, beitragsrechtfertigende Absicht gut zu erkennen sei.

PLZ-Befragung statt Analyse

Die Frage, ob etwa das rund 800.000-Euro-Defizit beim Bäderhaus zu 10% oder zu 90% aus dem Stadthaushalt oder von den Beitragszahlern abgedeckt werden muss, machen die Verantwortlichen nach eigenen Angaben von einer “PLZ-Befragung an der Kasse (2017)” abhängig. Auf der selben dünnen Datenlage wird der Gemeindeanteil am Thermalbad-Defizit von ursprünglich 25% auf 18% abgesenkt. Selbstredend werden den Entscheidungsträgern weder die Befragungstage noch die Zahl der Befragten mitgeteilt. Einen “klaren Täuschungsversuch” erkennt Antonio Valentino in einer Auffälligkeit in einem als “Anlage Kalkulation touristischer Fehlbetrag Vesper, 3.7.2018” bezeichneten Dokument, dass von der GuT vorgelegt wurde.

Steuereinnahmen nicht dargestellt

Darin wird “zur Lesart: Gesamtbelastung:” erklärt, unter Buchstabe “A” seien die Aufwendungen, unter “B” die Erträge und unter “C” die Einnahmen duch Steuern aufgeführt. “Dies ist erweislich unwahr” stellt der Gastronom fest. Denn die Position “C (Einnahmen durch Steuern)” taucht so in der Tabelle gar nicht auf. Verwirrend ist die Auflistung zudem zusätzlich dadurch gestaltet, dass die Buchstaben “A” und “B” sowohl vertikal als auch horizontal verwendet werden – jeweils mit ganz anderen, von der “Lesart” abweichenden Beschriftungen. “Ich werde mal das ein oder andere Mitglied im GuT-Aufsichtsrat und im Finanzausschuss darum bitten, mir diese Tabelle in eigenen Worten zu erklären” kündigt Valentino an, wohlwissend, dass dieser Versuch in einem Fiasko enden wird. Der erneute Versuch der Verwaltung, “intransparent” vorzugehen und nicht offen und nachvollziehbar zu informieren, bestärkt den Inhaber vom Ponte Vecchio in seinem Vorhaben, “nicht locker zu lassen, bis alle Leute ihre Beiträge zurück haben”.

Verweisen statt mähen

Es war der 27. Mai 2018 als Peter Butzbach den Antrag zu Papier brachte. Wenig deutete darauf hin, dass ein trockener Rekordsommer vor der Tür stand. Für die Winzenheimer CDU regte er mit dem Ziel der Verschönerung des Ortsbildes an, die öffentlichen Grünflächen im Stadtteil künftig drei statt wie bisher zwei Mal im Jahr durch den städtischen Bauhof mähen zu lassen.

“ungepflegter Eindruck”

Als Grund für diese Initiative führte Butzbach an, dass “in regenreichen Sommermonaten Gras und Wildkräuter Höhen bis zu einem Meter erreichen, so dass der Stadtteil insgesamt einen sehr ungepflegten Eindruck vermittelt”. Zwar war der Sommer 2018 regenarm. Die Spontanvegetation wucherte aber trotzdem. Dieses ganz natürliche Argument überzeugte den Ortsbeirat, der den Antrag der Christdemokraten am 15.8.18 annahm. Zuständigkeitshalber landete der am 18. September 2018 im Hauptausschuss. Der fasste ohne Diskussion einen Verweisungsbeschluss: ab in den Planungsausschuss.

70.000 Euro Kosten

Dort steht die Erhöhung der Mähfrequenz nun am 17. Oktober auf der Tagesordnung. Von einer Entscheidung rät die Verwaltung ab. Statt dessen wird eine weitere Verweisung vorgeschlagen. Auf den ersten Blick erscheint dies wie das Weiterreichen einer heissen Kartoffel. Allerdings hat das Grünflächenamt in gewohnt kompetenter Weise eine nachvollziehbare Begründung vorgelegt. Nach dem Grundsatz “gleiches Recht für alle” hat man dort die Gesamtkosten für eine dritten Mäheinsatz im gesamten Stadtgebiet auf 70.000 Euro hochgerechnet.

Bürokratie- statt Mähwerk

“Dieses Geld wird derzeit von den zuständigen Gremien nicht zur Verfügung gestellt. Die Verwaltung bewegt sich mit den zwei Pflegegängen somit im finanziellen Rahmen”, argumentiert Hans-Georg Sifft. Und auch der für den zweiten Verweisungsbeschluss vorgeschlagene Finanzausschuss ist zuständiger, als es auf den ersten Blick aussieht. Den unter dem Vorsitz von Bürgermeister Wolfgang Heinrich ist das Gremium sowohl für den Bauhof als auch den Stadthaushalt zuständig. Wenn der Widerspruch zwischen gewünschter Arbeitsleistung und fehlenden Haushaltsmitteln aufgelöst werden kann – dann dort. Für die ehrenamtlichen Beiratsmitglieder in Winzenheim ist die Behandlung ihres Anliegens trotzdem ernüchternd. Es ging ihnen nur um das Zurückschneiden von Unkraut. Aber statt einem Mäh- setzten sie ein Bürokratiewerk in Gang: Ortsbeirat, Hauptausschuss, Planungsausschuss, Finanzausschuss – Ende offen.

Kampfansage an den Arbeitskräfte-Pool

In neun Monaten, am 8. Juni 2019, ist die Eingemeindung von Planig schon 50 Jahre her. Die grosse Mehrzahl der heutigen EinwohnerInnen im Stadtteil war damals entweder noch gar nicht auf der Welt oder lebte nicht am Appelbach. Und trotzdem wurde es am 8.10.18 im Ortsbeirat unter TOP 2 regelrecht heimattümelig. Es ging um eine “Resolution”. Das Wort klingt ähnlich wie “Revolution”. Und eine solche Stimmung kam schnell auf. “Wir” gegen “die”. Kleine Planiger gegen die grosse Stadtobrigkeit.

Rhetorisch hässlich

Ortsvorsteher Dirk Gaul-Roßkopf fädelte das Thema geschickt ein. Sachbezogen, aber sehr wohl wissend um die emotionalisierende Wirkung seiner Worte, erzählte er die Vorgeschichte. Die liegt rund zwei Jahre zurück. Damals waren die Vorsteher von Winzenheim, Planig, Bosenheim und Ippesheim zum Bauhof einbestellt. Dort wurde ihnen erklärt, dass das bisherige System örtlich zugeordneter Gemeindearbeiter nicht fortgesetzt, sondern durch einen “Arbeitskräfte-Pool” ersetzt wird. Weil die “Viererbande” spontan Widerspruch erklärte, soll es, so stellte es Gaul im Ortsbeirat dar, dann rhetorisch hässlich geworden sein.

Planiger Perle

Dem Ippesheimer Ortsvorsteher Bernd Burghardt, einem der amtsältesten im ganzen Bundesland, sei vorgehalten worden, “die Ortsvorsteher lassen sich vom Gemeindearbeiter samstags den Gehweg kehren”. Der als besonnen und ruhig bekannte Burghardt sei ab dieser Provokation so verärgert gewesen, dass er das Gespräch spontan verließ, berichtete Gaul-Roßkopf dem gespannt lauschenden Ortsbeirat. Nachdem er dann noch einige Fakten zu den Tätigkeiten der Planiger Perle “Friedhelm” darlegte, war auch das friedlichste Beiratsmitglied kampfbereit.

“juristisch angehen”

Ein Redner erklärte Planig in Anlehnung an einen beliebten französischen Comic flugs zum “gallischen Dorf” und rief zum Widerstand auf. Ein anderer riet dazu, die Sache “langsam auch mal juristisch anzugehen”. Auch der Eingemeindungsvertrag wurde zitiert, in dem Planig ein eigener Gemeindearbeiter (Vollzeit) zugesichert werde. Selbstredend wurde die Resolution einstimmig verabschiedet. 10 Jastimmen, jede einzelne unmissverständlich und wuchtig wie ein Schlachtruf. Und anders als die GuT GmbH, die sich juristische Hilfe weit entfernt in Koblenz suchte, was sich nicht vorteilhaft u.a. auf die Kommunikation auswirkte, sind die Planiger vor Ort bestens versorgt: der renommierte und in verwaltungsrechtlichen Fragen erfahrene Rechtsanwalt Herbert Emrich ist einer der ihren, wohnt im Stadtteil. Den Wortlaut der Resolution veröffentlichte diese Seite bereits am 25.9.18 unter der Überschrift “Ortsbeirat Planig tagt am 8. Oktober”.