Tourismusbeitrag: CDU gescheitert

Die Christdemokraten wollten die Abgabe rückwirkend zum 1.1.18 abschaffen. Der Finanzausschuss lehnte ihren Antrag am 16.10.18 allerdings mit 12 Nein- zu 9 Jastimmen ab. SPD, Grüne, Linke und Freie wollen auch weiterhin kassieren. Bürgermeister Heinrich nutzte die Sitzungsleitung, um eingangs “den Sachverhalt darzustellen, wie er wirklich ist”. Er bezifferte das Defizit auf 1,7 Millionen Euro. Die Abgabe werde benötigt, um einen Teil dieses Finanzloches abzudecken.

Kleudgen argumentierte

Da sich für die Begründung des Antrages in Abwesenheit von Fraktionschef Werner Klopfer zunächst kein CDUler zu Wort meldete, übernahm deren Exmitglied Wolfgang Kleudgen (heute FWG) den argumentativen Angriff auf den Tourismusbeitrag. Er legte dar, dass für die Durchsetzung der Erhebung dessen Akzeptanz in der Bevölkerung wichtig sei. Die Entscheidungsträger müssten sich zudem fragen, ob sie alles getan hätten, um das Defizit durch Einsparungen zu verringern. Beide Punkte beantwortete er mit einem klaren “Nein”. Daher werde die FWG den CDU-Antrag unterstützen.

Meurer bürstete

Widerspruch dazu kam von Günter Meurer. Der SPD-Ortsparteichef berichtete von persönlichen Gesprächen mit Unternehmern, die ihm “grosses Verständnis für die Abgabe” erklärt hätten. Obwohl – oder weil – an Körpergrösse Kleudgen nicht gewachsen, bürstete der Ehemann der Oberbürgermeisterin diesen von oben ab mit dem Hinweis darauf, er habe “vielleicht ein paar mehr Unterhaltungen geführt” als der FWGler. Meurer behauptete, am 30.10. vor dem OVG sei ein Urteil zu erwarten und riet daher zum “Abwarten” und von “organisatorischer Hektik” ab.

Dr. Drumm für die Abgabe

Dr. Herbert Drumm (Freie) sieht im Tourismusbeitrag “die gerechteste Abgabe, die es gibt”. Es müssten die belastet werden, die von Fremdenverkehr profitierten, das Defizit dürfe nicht auf die Bürger abgewälzt werden, die gar nichts davon haben. Das Problem sieht er in der Umsetzung. Dann griff Manfred Rapp in die Diskussion ein. Der Christdemokrat wies auf einzelne fragwürdige Positionen in der Kalkulation der Stadt hin. Und er führte hohe aktuelle Steuereinnahmen gegen die Zusatzbelastung für Unternehmen an.

Bastian kein Beitragsgegner

Für die Grünen erklärte Lothar Bastian, diese hätten “nicht aus Begeisterung”, sondern wegen der vom Bürgermeister eingangs geschilderten Haushaltskonsolidierung die Einführung der Abgabe mitbeschlossen. Daran habe sich nichts geändert. Danach zeigte er plastisch die Schwachstellen des Beitrages auf: “Ein Friseur in der Kurhausstrasse profitiert – der in Bosenheim nicht”. Probleme sieht er schon bei er Grundkonzeption des Beitrages: die gleiche Höhe für alle sei ungerecht, dieser Konstruktionsfehler aber nicht zu beheben. Nach diesen Worten hoffte Antonio Valentino schon, sein grüner Gast im Ponte Vecchio würde ins Lager der Beitragsgegner wechseln. Umsonst.

“2.965 Datensätze für 2016”

GuT-Geschäftsführer Dr. Michael Vesper gab die “Auswertung der Postleitzahlen auf der Basis von Kundenbefragungen” als Methode an, mit der bei den Bädern die Höhe des Gemeindeanteils bestimmt wurde. Dementgegen habe bei Parks, Gradierwerken, Wander- und Radwegen geschätzt werden müssen. Auf Zwischenfrage von Manfred Rapp nannte Dr. Vesper erstmals öffentlich den aktuellen Stand zum Beitragserhebungsverfahren für 2016. “2.965 Datensätze” (er meinte damit wohl Beitragspflichtige) habe die GuT in den vergangenen drei Jahren ermittelt. 2.060 “Vorgänge” seinen abgeschlossen, 905 “Fälle” seien noch offen, davon würden geschätzt 300 einen Bescheid erhalten. Rund 1.200 der 2.060 Datensätzen hätten zu Bescheiden geführt, in 860 Fällen sei entweder eine Beitragspflicht unter der Geringfügigkeitsgrenze ermittelt worden – oder Beitragsfreiheit.

100.000 Euro Erhebungskosten

315.000 Euro Beiträge seien bisher für 2016 berechnet worden. Wenn alle Bescheide raus sind “werden wir wohl etwa 350.000 Euro erreichen”. Zum Tourismusbeitrag (2017) führte der GuT-Chef aus, dieser werde wegen des Normenkontrollverfahrens derzeit nicht bearbeitet. Allerdings seien 4.750 Datensätze festgehalten worden. Würden Bescheide verschickt, rechnet Dr. Vesper mit Einnahmen im Bereich von 450.000 bis 500.000 Euro. Die Erhebungskosten bezifferte er auf “100.000 Euro, davon 80.000 Euro Personal- und 20.000 Euro Sachkosten jährlich”.

Valentino kämpferisch

Antonio Valentino, der als Zuhörer an der Sitzung teilnahm, zeigte sich vom Diskussionsverlauf enttäuschter, als vom Ergebnis. “Seit fast einem Jahr habe ich jetzt Dutzende von Fehlern und Schwachpunkte aufgezeigt – gerade mal zwei wurden heute angesprochen”. Die GuT habe aus der Niederlage beim Verwaltungsgericht “nichts gelernt” und mache ungerührt einfach weiter. Um dann kämpferisch festzustellen: “jetzt müssen wir sie eben beim OVG stoppen”. Der Inhaber vom Ponte Vecchio ist erstaunt, dass in den kommunalen Gremien auch ganz offensichtliche Probleme von der Mehrheit nicht wahrgenommen werden: “bin ich wirklich der einzige den es stört, wenn im Oktober 2018 noch immer 900 Beitragspflichtige für 2016 keinen Bescheid haben? Genau drei Jahre nach dem Start des Erhebungsverfahrens?”

Kein Urteil am 30.10.

Erschreckend ist für den Gastronomen die Unwissenheit vieler Mandatsträger. “Am 30.10. findet in Koblenz eine mündliche Verhandlung statt, da gibt es kein Urteil”, ist er sich sicher. Damit sei erst in 2019 zu rechnen. Würde die Stadt nicht verlieren, wovon SPD, Grüne, Linke und Freie ausgehen, dannn müssten die Beitragspflichtigen im kommenden Jahr für 2017, 2018 und 2019 zahlen. “Wahnsinn” findet das Valentino.