Diebstahl vis-a-vis vom Kreuznacher Paradies

Nur weil der Name dies verheisst, herrschen östlich von Bosenheim doch keine paradiesischen Verhältnisse. Die Strassenschilder, die die Zufahrt zum Aussiedlerhof Stumm gemäß dem Stadtratsbeschluss vom 27.9.18 als “Paradiesblick” ausweisen (diese Seite berichtete am 5.9.18 unter der Überschrift “Blick aufs “Kreuznacher Paradies”), stehen noch gar nicht. Und schon ist eine erste Straftat zu beklagen. Zwischen Mittwoch dem 10.10. um 17 Uhr und Donnerstag dem 11.10. um 9 Uhr wurde ein Teil des Baugerüstes am Wohnhaus gestohlen.

Wer in diesem Zeitraum die L 413 von oder nach Pfaffen-Schwabenheim gefahren ist und Beobachtungen gemacht hat oder Kenntnis von plötzlich aufgetauchten Gerüstbauteilen hat, meldet sich bitte bei der Polizeiinspektion Bad Kreuznach (0671- 88110; Stichwort Diebstahl im Paradiesblick), dem Bosenheimer Ortsvorsteher Dr. Volker Hertel oder per Email an diese Seite. Für sachdienliche Hinweise, die zur Ermittlung und Überführung des oder der Täter führen, hat Antonio Valentino, der Inhaber der Trattoria “Ponte Vecchio” in der Viktoriastrasse, ein Abendessen für zwei Personen als Belohnung ausgesetzt. “Ich weiss schon, warum ich mein Ristorante videoüberwachen lasse: ich sehe wenigstens, wer es war”.

Müllabfuhr reprivatisiert

Das ist doch ganz im Sinne der Task-Force Müll: statt Übermengen in die öffentlichen Neustadt-Mülleimer zu stopfen, hoffte dieser Hauseigentümer in der Dessauer Strasse auf Verständnis bei den Müllmännern.

Und er wurde nicht enttäuscht. Es kommt eben doch darauf an, wie man in den Wald hineinruft. “Liebe Müllmänner, bitte nehmt alles mit (einmalig), wir haben schon 1 Container mit 1.100 Liter bestellt und warten dringend drauf, danke”.

Da wurden auch die härtesten Müllkutscherherzen weich. Und aller Abfall mitgenommen. Der Eigentümer bewies schon in den vergangenen Monaten eine erhebliche Kreativität dabei, einen riesigen, proppenvoll gestopften Keller nach und nach leerzuräumen – ohne die Sachen zum Kompstwerk fahren zu müssen. Er drapierte alte Einrichtungsgegenstände und betagte Büromöbel in immer neuen Zusammenstellungen an der Grundstückseinfahrt und forderte per Zettelnachricht zum Mitnehmen auf. Die “Geiz ist geil”-Mentalität seiner Mitmenschen hatte er wohl richtig eingeschätzt. Nichts blieb stehen.

Unbemerkt von “Merktnix”

Damit schaffte es dieser einfache Bad Kreuznacher Bürger, was selbst dem durchsetzungsstarken Bürgermeister nicht gelang: die Reprivatisierung der Müllabfuhr im Stadtgebiet^^. Und das alles ganz unbemerkt von dem in der Kreisverwaltung zuständigen Dezernenten (Spitzname: Merktnix), der 2015 die Kommunalisierung der Entsorgung und in der Folge die Ausbootung des Bad Kreuznacher Bauhofes bewirkt hatte.

Glückliche RadfahrerInnen

Rechtzeitig zum Geniessen der letzten Sonnentage auf zwei Rädern hat die Stadtverwaltung die Hermann- zur Radstrasse umgewidmet. Nachdem die Schilder aufgestellt waren, wurden Ende der Woche Piktogramme auf die Strasse aufgetragen. Die machen augenfällig, dass sich etwas geändert hat: Autos dürfen jetzt maximal 30 km/h fahren. Und Räder gern nebeneinander. Natürlich war am Wochenende “die Hölle los” auf Bad Kreuznachs erster offizieller Radstrasse.

Klopfer und Kaster-Meurer spielen Memory

Ein Memory-Spiel besonderer Art boten in der Sitzung des Planungsausschusses am 17.10.18 Werner Klopfer und Dr. Heike Kaster-Meurer. Der CDU-Fraktionsvorsitzende wollte unter dem Punkt Anfragen wissen, wie die aktuellen Pachtverhältnisse für den Weinpavillion im Kurpark (Elisabethenquelle) sind. Klopfer wusste, was Silvia Schmitt, die das Restaurant seit dem 9.3.2011 in dem 186 Jahre alten Pavillon betrieb, bereits am 2.10.18 öffentlich gemacht hatte: sie hört auf und übergibt an eine neue Pächterin.

Die Oberbürgermeisterin bestätigte ihm diesen Sachstand und stellte fest, es werde wegen dem Wunsch der Pächterin einen Wechsel geben. Und Bauamtsleiter Christ ergänzte, der neue Vertrag sei schon abgeschlossen. Das verwunderte Werner Klopfer sehr. Nach seiner Einschätzung sei der Abschluss der Verträge über die Elisabethenquelle immer mit dem zuständigen Ausschuss abgestimmt worden. Die Verwaltungschefin erinnerte sich anders, nämlich an derartige Vertragsabschlüsse als Geschäft der laufenden Verwaltung und damit ohne Einbeziehung eines Ausschusses.

Daraufhin trug Klopfer ein Erinnerungsfragment vor und behauptete, der alte Vertrag sei im Ausschuss behandelt worden. Kaster-Meurer bestritt dies ausdrücklich. Allerdings hiess der Oberbürgermeister, der der damals neuen Pächterin Schmitt auch vor Ort zum Start persönlich alles Gute wünschte, Andreas Ludwig. Sie war also gar nicht im Amt. Werner Klopfer schon. Ausserdem wurde der Pavillion vor der Verpachtung an Schmitt für 50.000 Euro aufwändig saniert – ohne Beratung im Ausschuss gar nicht möglich. Und noch ein Punkt lässt vermuten, dass der CDU-Fraktionschef am Ende als Sieger dastehen wird, wenn alle Karten aufgedeckt sind: es war seine zweite Ehefrau Annelie Semus-Klopfer, die in den 16 Jahren vor Silvia Schmitt als Quellen-Pächterin tätig war. Er verfügt also über Insiderkenntnisse.

“Ich stelle alles zur Diskussion”

Eines kann man Bürgermeister Wolfgang Heinrich nicht vorwerfen: das Vermeiden von für Ratsmitglieder und Öffentlichkeit gleichermassen bedeutenden wie unangenehmen Themen. Der Kämmerer ist seit Jahren der einzige Verantwortungsträger, der immer wieder in Erinnerung ruft, dass keiner in Stadtverwaltung und Rat über eine Platinkarte mit unbegrenzter Deckung verfügt. Wenn Heinrich in der Finanzausschusssitzung am 16.10.18 zum X-ten mal eine Auflistung der “Freiwilligen Leistungen” vorlegt, verstummen alle, die an anderen Tagen wortreich mehr Geld für dies oder jenes fordern, um Verbesserungen zu bewirken – oder um Wahlvolk für sich zu gewinnen.

Die Enttäuschung des Bürgermeisters über die mangelnde Bereitschaft in den Gremien auch mal “Nein” zu sagen, wenn das WählerInnen verärgern könnte, ist ihm in solchen Momenten deutlich anzusehen. Heinrich wird dann fast schon provozierend deutlich: “Ich brauche das nicht, ich brauche einen ausgeglichenen Haushalt” rief er in die Runde. Betretenes Schweigen. Heinrichs Liste endet mit 6,68 Millionen Euro. Dieses Geld gibt die Stadt aus, ohne dazu durch Gesetze gezwungen zu sein: Schlossparkmusem, Jugendzentrum, Römerhalle, PuK, Stadtbiblithek und vieles Schöne mehr kostet eben Euronen. All das ist nicht für ein “vergelts Gott” zu haben. Diese einfache Wahrheit wird von den Verantwortlichen allzugern verdrängt. Der Kämmerer, der sich durch Kommunalgesetze und gesunden Menschenverstand verpflichtet sieht, nicht mehr auszugeben, als eingenommen wird, erklärt keinen Punkt auf der Liste zum Tabu: “ich stelle alles zur Diskussion”.

Die Auflistung ist unter

http://www.bad-kreuznach.de/sv_bad_kreuznach/Politik%20und%20Verwaltung/Politik%20(Stadtrat%20und%20Gremien)/Sitzungen%20der%20Aussch%C3%BCsse/Finanzausschuss/Beschlussvorlagen%20Top%204%20bis%20Top%2015%20Finanzausschuss%2016.10.2018.pdf

nachzulesen (ganz unten: TOP 15.1, Anlage, Querformat). Auch wenn die Tabelle wegen ihrer Komplexität auf den ersten Blick abschreckt (keine Angst, sie tut nichts – die will nur gelesen werden^^), ist sie nach Überwindung erster Berührungsängste leicht zu verstehen: Unter “Produkt bzw Leistung” wird die Ausgabenposition benannt. Rechts daneben dann der “Gesamtaufwand”, also was diese Leistung alles in allem kostet. Dann folgt die entscheidende Zahl: der “Zuschussbedarf”. Danach folgt unter der Bezeichnung “gebunden” die Teilsumme des Gesamtaufwandes (nicht des Zuschussbedarfes), die jeweils durch freiwillig geschlossene Verträge aus der Stadtkasse bezahlt wird. Diese Verträge könnte der Stadtrat theoretisch kündigen oder nach deren Auslaufen nicht verlängern. Dann würde die entsprechende Leistung nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erbracht. Die folgende Spalte heisst dann “ungebunden” was meint, dass diese Beträge theoretisch sofort gestrichen werden könnten.

Aber das hätte natürlich Konsequenzen. Welche, das wird dann teilweise in der letzten Spalte “Erläuterungen” erklärt. Diese Texte stammen von den jeweils zuständigen Fachämtern der Stadtverwaltung. Fazit: von 6,68 Millionen Euro “freiwilliger Leistungen” könnten 1,78 Millionen Euro sofort und 4,9 Millionen Euro nach Kündigung oder Auslaufen von Verträgen eingespart werden. Die Stadt wäre dann allerdings eine andere. Denn wenn keine Spender gefunden werden, die die Defizite bei PuK, Stadtbibliothek usw übernehmen, müssten all diese Einrichtungen schliessen. Auf der anderen Seite werden immer mehr Angebote und Leistungen geschaffen (zB Haus der Stadtgeschichte), für die eigentlich kein Geld da ist. Die Lösung kann nur darin liegen Angebote bescheidener zu organisieren, zB Öffnungs- oder Nutzungszeiten einzuschränken.

“Können Sie alles haben”

Solche Vorschläge vermisst Bürgermeister Heinrich aus den Fraktionen. Statt dessen sind es einzelne Dienststellen, die sich Gedanken machen. Dr. Heinrich Rüddel (SPD) lobte das Sozialamt für seine Bemühungen. Dieses hätte Ansätze von sich aus gesenkt, wenn sich in den Vorjahren gezeigt habe, dass diese nicht ausgeschöpft würden: “Danke, gut gemacht”. Schüchterne Fragen aus dem Ausschuss, wie diesjährig mit der Liste umgegangen werden solle, beantwortete Wolfgang Heinrich klar und unmissverständlich: “Ich lege Ihnen das vor. Sie entscheiden, was brauchen wir und was brauchen wir nicht”. Auf Nachfrage, wie man an die dafür nötigen Detailinformationen kommen könne, zeigte sich der Bürgermeister, der im Finanzausschuss auch schon mal die interne Korrespondenz innerhalb der Verwaltung offenlegt, um zu zeigen, wo gebremst wird, gewohnt transparent: “können Sie alles haben”.

Gärtnerei Foos ist Geschichte

Für immer weg: die gläsernen Gewächshäuser, jahrezehntelang Blickfang für hunderte EinwohnerInnen in den Wohnblöcken der Gewobau drumherum, sind abgerissen. Die Räumung des Grundstückes der ehemaligen Gärtnetrei Foos ist bereits fast abgeschlossen. Und auch auf dem Gelände Rehner ist der Abrißtrupp im Einsatz. Auch dort ist ein Gewächshaus schon weggeschafft. Das Wohnhaus und und einige der Glasbauten stehen noch. Für die Stadt ist die Umnutzung der Foos-Fläche ein Vorteil: einige Dutzend Wohneinbeiten kommen dazu. Und die Verwaltung gewann zwei hochqualifizierte Mitarbeiter. Denn die Gartenbaumeister Markus und Andreas Foos sind jetzt dort beschäftigt.

Vermögen erhalten

Wenn Manfred Rapp (CDU), Wolfgang Kleudgen (FWG) und Heike Fessner (Grüne) im Finanzausschuss an einem Strang in die selbe Richtung ziehen, führt das oft zu inhaltlich überzeugenden Lösungen. In der Sitzung am 16.10. stellte das Trio die Weichen für die Hans-und-Harry-Staab-Stiftung in Richtung “Vermögen erhalten”. Bürgermeister Wolfgang Heinrich, viele Jahre die Speerspitze aller Haushaltskonsolidierer, hatte in einer Beschlussvorlage vorgeschlagen, auf rund 1.000 Euro Zuführung zur freien Rücklage der Stiftung zu verzichten, um das Geld ausschütten zu können.

1.000 Euro gerettet

Auch wenn Rapp einräumte, dass diese Summe durchaus überschaubar ist, setzte er sich für den Erhalt und Ausbau des Stiftungsvermögens ein. Unterstützung fand die CDU bei den Grünen. Heike Fessner fand es “nicht im Sinne der Stiftung, die Zuführung zu reduzieren”. Man könne eben nicht mehr Geld ausgeben, als man habe. Gegen die acht Stimmen von SPD, Bürgermeister und Linke setzten CDU, Grüne, FWG, FDP, Parteilose und BüfEP bei Enthaltung von Dr. Drumm (Freie) durch die Zuführung ungekürzt vorzunehmen.

Kleudgen-Vorschlag angenommen

Für die unter den Tagesordnungspunkten 8, 9 und 10 anstehenden Verteilungsbeschlüsse fehlten nun 1.000 Euro. Von Wolfgang Kleudgen stammte der Vorschlag, den später Rapp aufgriff und der sich mit deutlicher Mehrheit durchsetzte: alle Vorschläge der Verwaltung und des vorberatenden Sportausschusses wurden befürwortet, bis auf den letzten. Der sah vor, dass der Boule-Club mit 2.000 Euro den höchsten Einzelbetrag bekommen sollte. Und dieser Batzen wurde um 50% gesenkt. Günter Meurer (SPD) fand es “sehr sehr irritierend”, die einzusparende Summe bei einem einzigen Verein zu streichen. Ihm war wichtig “das zu Protokoll zu geben”.

Oliver John für Breitensport

Wolfgang Kleudgen wies darauf hin, dass der Boule-Club eben nur 60 Mitglieder habe. Und Oliver John (FDP) erklärte, bei knappen Mitteln müsse die Priorität auf dem Breitensport liegen. Die Uneinsichtigkeit Meurers, der all diese Hinweise beiseite schob und fortgesetzt gegen den Vorschlag grummelte, veranlasste Lothar Bastian (Grüne) schliesslich zu dem Rat “lassen Sie es, es wird mit jedem Wort von Ihrer Seite peinlicher”. Meurer zeigte sich daraufhin “erschreckt, wie Sie argumentieren”. Er bestand darauf, der Sport- als Fachausschuss habe es “halt so gesehen”. Diese Feststellung kommentierte Heike Fessner trocken mit dem Hinweis, dass die Kollegen dort ja nicht wissen konnten, “dass die Mittel nicht reichen”. Mit deutlicher Mehrheit votierte der Finanzausschuss gegen einige Stimmen aus der SPD für die Halbierung.

Rapps Fachwissen

Beim Thema Tourismusbeitrag (diese Seite berichtete am 17.10.18 unter der Überschrift “Tourismusbeitrag: CDU gescheitert”) fremdelte Manfred Rapp in Abwesenheit Werner Klopfers noch mit der Rolle des CDU-Wortführers. Als es dann später um die Hans-und-Harry-Staab-Stiftung ging, gelang es ihm sein Fachwissen vorteilhaft einzubringen. So hinterfragte er die Kosten für die Erstellung und Prüfung des Jahresabschlusses 2017 in Höhe von rund 3.000 Euro. Durch die Tätigkeit bei einer anderen Stiftung wusste er: es geht auch billiger, möglicherweise sogar ohne Testat eines Wirtschaftsprüfers.

Satzung nicht zu ändern

Die Verwaltung konnte aufgrund dieser Nachfragen darlegen: leider nicht in diesem Fall. Denn das Bedürfnis trotz sehr einfacher Bilanz und geringem Aufwand hochqualifizierte Finanzspezialisten zu beschäftigen, ergibt sich aus der Stiftungssatzung, die das vorschreibt. Und diese kann, weil keiner der Stifter mehr am Leben ist, nicht mehr geändert werden. Weiterhin legte die Kämmerei offen, dass die Prüfauftragsvergabe immerhin ausgeschrieben wurde und der günstigste Anbieter den Zuschlag erhalten habe.

Löwensteg bleibt mindestens Monate gesperrt

Instandsetzung, Provisorium oder Ersatzneubau. Ganz egal welche Lösung am Ende realisiert wird: der Löwensteg bleibt mindestens sechs Monate gesperrt. Wenn die Bahn AG nicht mitzieht, es Probleme beim Abriss der alten Brücke oder mit den Lagern für die neue gibt, können daraus leicht 2,5 Jahre oder mehr werden. Und teuer wird es so oder so: eine Instandsetzung mit einer Reststandzeit von etwa zehn Jahren käme auf 250.000 Euro und damit exakt genau so teuer wie ein “normales” Provisorium, das auf 25 Jahre ausgelegt wäre. Ein Ersatzneubau für 70 bis 100 Jahre würde mit rund 500.000 Euro doppelt so teuer zu Buche schlagen. Das ist das Fazit der Information der Stadtverwaltung in der Sitzung des Planungsausschusses (PLUV) am 17.10.18.

Am Tag zuvor war die wichtige Fuß-, Rad- und E-Fahrstuhlverbindung zwischen Süd- und Innenstadt nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens durch das Ingenieurbüro Verheyen in einer Jetzt-auf-gleich-Aktion gesperrt worden. Vollkommen zurecht, wie die grosse Mehrheit der Ausschussmitglieder nach der Präsentation durch Klaus Gnam vom Tiefbauamt feststellte. Die Prüfingenieure gaben dem Bauwerk die Note 4,0 – die schlechtmöglichste. Das bedeutet: die Standsicherheit ist “erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben”. Und weiter: “eine Schadensausbreitung oder Folgeschädigung kann kurzfristig dazu führen, dass … sich ein irreparabler Bauwerksverfall einstellt.” An mehreren Stellen haben Träger 50% ihrer Substanz verloren, einige Bleche sind auf die Stärke von Getränkedosen reduziert.

Allein Hermann Bläsius zog die Notwendigkeit der Sperrung in Zweifel. Er wies auf viele “kanns” in der Kurzzusammenfassung hin. Der Grüne bezeichnete es als “schwierig, diesen Hauptverkehrspunkt einfach so abzuschneiden”. Seine Sorge: wegen des “Spleens einer Ost-West-Trasse in den Köpfen” der Kommunalpolitiker fällt eine Entscheidung gegen die Bedürfnisse der bisherigen Löwensteg-NutzerInnen. Zum Einstieg in die Diskussion hatte Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer von ersten Gesprächen mit den Brückenbauern vom THW berichtet. In drei Wochen wird das Technische Hilfswerk einen Vorschlag vorlegen, wie es der Stadt helfen kann.

Geld von der Bahn?

Diese Idee eines echten und kurzzeitigen Provisoriums fand spontan die Zustimmung von CDU-Fraktionschef Werner Klopfer. Er erinnerte daran, dass “manchmal Schaden ja auch mit Nutzen verbunden ist”. Auch Gernot Bach (SPD) sprach sich für diese Lösung aus. SPD-Parteivorsitzender Günter Meurer unterstützte die von seiner Ehefrau verantwortete Sperrung des Löwensteges. Er bat darum diese Massnahme nicht zum Anlass “für ein Geplänkel über die Ost-West-Trasse” zu nutzen. Robert Kämpf, der für die Linke im PLUV mitarbeitet, erwies sich als sachkundig in den Interessen und Vorgehensweisen der Bahn AG. Er machte dem Ausschuss Mut mit der Feststellung, dass die Einhaltung der bisherigen Bauhöhen und -breiten dort zu einer zügigen Bearbeitung führen wird. Und Kämpf wies auf das Eisenbahnkreuzungsgesetz hin, mit dem die Bahn zu einer Mitfinanzierung bewegt werden könne.

Die Hermann- ist jetzt eine Fahrradstrasse

Ganz unspektakulär ohne Tamm-Tamm und offiziellen Akt hat sich am 17.10.18 Revolutionäres getan. Bad Kreuznach hat seit dem die erste Fahrradstrasse seiner Geschichte. In der Hermannstrasse haben nun Zweiräder Priorität. Nur noch Anlieger dürfen dort mit ihren Autos fahren (aber Durchgangsverkehr gibt es dort eh nicht). Und das maximal 30 km/h schnell. Was auf jeder anderen Strasse zu Hupkonzerten führen würde, ist dort jetzt erlaubt: das Nebeneinanderfahren von Fahrrädern. Mit neuen Schildern wird auf die vollkommen veränderte Situation hingewiesen. Diese sind zB an der Einmündung in die Rüdesheimer Strasse, am Abzweig zum Mühlweg und ganz am Ende der Hermannstrasse im Bereich Vor der Lohr aufgestellt.

Das auf unserem Foto gezeigte Schild am westlichen Ende ist allerdings deplatziert. Wer den Radweg nutzt, der zwei Meter weiter südlich verläuft, kann es gar nicht sehen. Und westlich des Schildes befinden sich nur noch 2 Wohnhäuser und eine Sackgasse. In der liegt der Autoverkehr bei etwa vier bis fünf Fahrzeugbewegungen. Täglich. Fahrräder können dort wegen des groben Schotterbelages gar nicht fahren. Eine der Anwohnerinnen hatte sich daher schon am Mittwoch gewundert, für wen das Schild wohl gedacht ist. “Da hinten sagen sich doch Has und Igel gute Nacht”, schüttelt sie den Kopf und hält das Schild für überflüssig.

Die Anwohner werden sich umstellen müssen. Eine Passantenbefragung bei fünf Personen am Nachmittag des 17.10.18 ergab, dass nur eine von den Plänen schon gehört hatte. Diese Person begrüsste die Veränderung. Die anderen wussten nichts von der Fahrradstrasse. Zwei bezeichneten die damit verbundene Beschränkung auf 30 km/h auf der über einen Kilometer langen Strecke als “bekloppt” bzw “Schildbürgerstreich”. Als optische Hilfe für die Verkehrsteilnehmer werden, wenn es das Wetter zulässt, heute Piktogramme auf die Fahrbahn aufgetragen. Über die genaue Streckenführung und die Vorschriften informiert die Stadtverwaltung auf der Startseite von bad-kreuznach.de mit einem Beitrag vom 15. Oktober 2018.

Aufgespiesst: Freifahrschein

Listen, Tabellen, viele Zahlen und dann noch Gesetze, deren Namen gefühlt länger sind, als manch treffender Zweizeiler von Eugen Roth oder Wilhelm Busch. Wer noch nie an einer Sitzung des Finanzausschusses teilnahm, muss zwangsläufig das Vorurteil haben, Treffen dieses Gremiums seien trocken und langweilig. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Selbst wenn Werner Klopfer (CDU, Spitzname: Napoleon) und Erich Menger (SPD, Spitzname: Brüller) wie am 16.10.18 nicht anwesend sind.

Beiträge mit einem hohen Unterhaltungswert für die ZuhörerInnen leisten einige. Am Dienstag tat sich besonders Bürgermeister Wolfgang Heinrich hervor. Nachdem Dr. Herbert Drumm (Freie) als einziger nicht für den 500 Euro – Zuschuss an den TC Han Kook e.V. für die Durchführung des Silvester-Crossrennens gestimmt hatte, forderte ihn Heinrich zum Mitlaufen auf. Lautes Auflachen bei Ausschussmitgliedern und ZuhörerInnen. Die – sagen wir mal stämmige – Figur des Physikers, die hinsichtlich seiner Fortbewegung bei mehr als Schrittgeschwindigkeit eher für ein Rollen spricht, macht die Vorstellung ihn laufen zu sehen, lustig. Das Gelächter steigerte sich noch, als der Bürgermeister anfügte: “ich mach dann auch mit”. Dass er ein Typ ist, der anpackt, hatte Heinrich schon vor Beginn der Sitzung unter Beweis gestellt. Während sich der Kämmereiamtsleiter Thomas May noch um die Zusammenstellung der Sitzungsunterlagen kümmerte, stellte Heinrich die Tische persönlich so um, dass die Verwaltung ganz nah dran an den Ausschussmitgliedern saß.

Hochbegabter Schauspieler

Auch der Rheinländer Günter Meurer (SPD), nicht nur an Theken als “der Günni” bekannt, sorgt immer wieder für sprachliche und dramaturgische Höhepunkte. Mimik, Gestik und Intonation seiner Beiträge verraten ihn als hochbegabten Schauspieler, der sich auch im Hauptberuf als Meister im Kachelofen- und Luftheizungbauhandwerk der heissen Luft verschrieben hat. Während er in der letzten Sitzung des Finanzausschusses mit seinem an Klopfer gerichteten Hinweis, “Sie haben ja vor gar nichts Angst” (diese Seite berichtete am 11.10.18 unter der Überschrift “Kleine Brötchen”) die humorvollste Drohung des Jahres formulierte, blieb er am 16.10. eher blass.

Vespers Priorität ist der Hund

Dafür gewährte Dr. Michael Vesper Einblicke in seine persönliche Prioritätenliste. Auf der steht sein Hund ganz oben. Der begleitet den Geschäftsführer der GuT zur Arbeit und durfte als einziger Vierbeiner schon an der Sitzung des Stadtrechtsausschusses im März teilnehmen. Auch die Diskussion über den Tourismusbeitrag im Finanzaussschuss verfolgte Vespers bester Freund live, allerdings erkennbar eher gelangweilt. Der Hund schien mehr erleichtert als der Tourismusleiter selbst, als zu seiner Betreuung während der laufenden Sitzung Vespers eigens dafür angereiste Ehefrau (die er gleichwohl nicht zum Tourismusbeitrag veranlagte) eintraf und die Haustierbetreuung übernahm. Wobei festzustellen ist, dass der Hund besser auf Dr. Vesper hört, als manches GuT-Aufsichtsratsmitglied.

Kleine blaue Kärtchen

Aber nicht damit schoss Dr. Vesper in der gemeinsamen Sitzung des Finanzausschusses und des GuT-Aufsichtsrates, die in deren Verwaltungsgebäude am Rolf-Ebbeke-Platz (früher Fürstenhofplatz) stattfand, den Vogel ab. Sondern mit seinem persönlichen Punkt zwei auf der Prioritätenliste. Dies sind Freifahrscheine. Kleine blaue Kärtchen, die lendenlahmen Autofahrern ermöglichen, direkt vor dem Sitzungsgebäude zu parken, aber den für Normalsterbliche dadurch fälligen teuren Parktarif einzusparen. Bei der Ausfahrt an der Schranke eingeschoben, öffnen sie diese unentgeltlich. Die teilte Dr. Vesper in aller Seelenruhe persönlich aus, während sich Bürgermeister Heinrich wortreich bemühte den Tourismusbeitrag zu retten. Klar, wem in diesen Minuten die Aufmerksamkeit vieler Mandatsträger gehörte: dem GuT-Geschäftsführer.