Kleine Brötchen

Damit hatte Antonio Valentino nicht gerechnet. Weniger als 10.000 Euro gibt die Stadtverwaltung für die “Verköstigung der Ratsmitglieder anlässlich von Rats- und Ausschusssitzungen” aus. Jährlich. “Das ist auf keinen Fall übertrieben, eher sparsam, kleine Brötchen”, stellt der Gastronom anerkennend fest. Diesen intimen Einblick in die kulinarische Versorgungslage der Kommunalpolitik verdankt Valentino nicht etwa einer Indiskretion.

“interessant ist es schon”

Sondern der vom Landtag vor rund zwei Jahren beschlossenen Änderung der Gemeindeordnung. Seit dem müssen auch die Ausschüsse öffentlich tagen. So kann auf der Stadtseite bad-kreuznach.de tagtäglich nachgelesen werden, was in den Gremien beraten und beschlossen wird oder wurde. “Es kostet zwar Zeit und man muss sich erst mal zurechtfinden, aber interessant ist es schon”, räumt der Inhaber vom Ponte Vecchio ein. Am 15. Oktober 2018 stehen im Hauptausschuss als erster Beratungspunkt die “Haushaltsvorschläge des Hauptamtes für 2019” an.

1.500 Euro für Streit

Jede Einwohnerin kann dort erfahren, was den Steuerzahler die Dienstfahrzeuge des Stadtvorstandes kosten, wie hoch die Post- und Fernmeldegebühren sind, was von der Verwaltung für Bürobedarf, Bücher und Zeitschriften ausgegeben wird – und vieles mehr. Auch die Kosten der Ratsmitglieder für “kommunalrechtliche Streitigkeiten” sind penibel erfasst. Geplant sind 1.500 Euro. “Das sieht nach wenig Streit aus”, feixt Valentino. Der wird, so ergibt sich aus der Einladung, wohl kostengünstig nichtöffentlich ausgetragen. Denn die öffentliche Hauptausschusssitzung beginnt am kommenden Montag 30 Minuten später als sonst, erst um 18 Uhr.

1,5 Stunden fürs Vorgespräch

Der Grund ist im Fettdruck über der Tagesordnung nachzulesen: “Die Fraktionsvorsitzenden treffen sich bereits um 16.30 Uhr zu einem Vorgespräch!” (das Ausrufezeichen ist Bestandteil des zitierten Originaltextes). Derartige Gesprächsrunden sind, auch wenn es sie im Kommunalrecht und damit offiziell gar nicht gibt, geschäftsüblich. Offene Feindseligkeiten zwischen den Parteien und ihren Verantwortlichen, wie kürzlich im Finanzausschuss, sollen durch dieser Art Gesprächstherapie geräuscharm vorab vermieden werden. In der Sitzung am 20.9. waren zunächst CDU-Fraktionschef Werner Klopfer und Bürgermeister Heinrich zusammengerasselt (diese Seite berichtete am 21.9.18 unter der Überschrift: “Genöle, Beleidigungen und Sanierungsstau beim BME-Abwasser”).

Vor nichts Angst

Weil im Finanzausschuss der Kämmerer der Chef im Ring ist, das Wort erteilt und das Hausrecht ausübt, konnte der Christdemokrat, der gewohnt ist Entscheidung zu treffen, statt sich unterzuordnen, erkennar nicht emotionsentsprechend reagieren. So ließ er Restbestände der Heinrich-bewirkten Aggression verbal an SPD-Stadtrat Günter Meurer aus. Der Kölsche Jung stellte an Klopfer gerichtet soverän fest: “Ich habe genau gehört, was Sie gesagt haben”, um dann vieldeutig mit entspanntem Gesichtsausdruck fortzufahren: “Sie haben ja vor gar nichts Angst”. Derartige Reibereien erhöhen zwar den Unterhaltungswert für die ZuhörerInnen, sind aber – das erkennen alle Beteiligten an – der Aussprache über Sachfragen nicht unbedingt dienlich.

Streit um Gremien

Themen für die informelle Gesprächsrunde am Montag gibt es zuhauf. So wurde in der Stadtratssitzung am 27.9.18 deutlich, dass die erst vier Wochen zuvor am 30.8.18 per Blockwahl erfolgte Neubesetzung der Ausschüsse (Fachbegriff: gemeinsamer Wahlvorschlag) die rechtlich erforderliche einmütige Basis verloren hat. In der CDU rumort es noch immer, weil die FWG auf einem ihr zustehenden Platz im Finanzausschuss sitzt. Und die FWG kann sich darauf berufen von Jürgen Locher bei der Besetzung der Aufsichtsräte “gelinkt” worden zu sein: der sagte im August zu, im Gegenzug für den Verbleib im Planungs-, Haupt- und Finanzausschuss die beiden Linken-Plätze in den Aufsichtsräten an die FWG abzutreten, tat das aber nicht.

Abrücken reicht nicht

Juristisch weitaus bedeutsamer ist, dass in den Stadtratssitzungen im August und September 2018 in mindestens drei Fällen konkret die Vorschriften des § 22 Gemeindeordnung (GemO) verletzt wurden. Danach dürfen Stadtratsmitglieder, die im rechtlichen Sinne befangen sind oder aufgrund der Umstände sein können, an Beratung und Beschlussfassung nicht mitwirken und müssen das Ratsrund verlassen (einfaches Abrücken, wie es Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer mehrfach vorschlug, reicht ausdrücklich nicht). Bei normalen Abstimmungen führen derartige Verstösse nur drei Monate rückwirkend zu Anfechtbarkeit der jeweiligen Beschlüsse. Wenn es aber um Satzungen geht, dazu zählen auch Bebauungspläne und Haushaltsfragen, dann kann noch bis zu 12 Monate nach der fehlerhaften Abstimmung gerügt werden.

Streit im Stadtvorstand

Dieser Seite liegt eine Aufstellung vor in der für die Stadtratssitzungen seit dem Oktober 2017 mindestens drei Satzungsbeschlüsse wegen Verstössen gegen § 22 GemO kontaminiert sind. Natürlich könnte auch das schon im Nachtrag für 2018 ausgewiesene Millionen-Loch in den Haushalten für 2019, 2020 und 2021 Thema sein, die Streitereien im Stadtvorstand und die Zukunft der Akteure dort oder die Kostensteigerung bei der Sanierung des Casinogebäudes von 2,5 Millionen Euro (2017) über 5,9 Millionen (April 2018) auf nunmehr 6,5 Millionen Euro plus x. Und. Und. Und.

Mantelsonntag: ver.di schweigt

Noch vor wenigen Wochen hatten Gewerkschaften und Kirchenvertreter mit deutlichen Worten gegen den “Herbstmarkt” als verkaufsoffenen Mantelsonntag gewettert. Hinter dem anderen Namen verberge sich die Absicht einen “rechtfertigenden Anlass für die Ladenöffnung zu konstruieren”. Alternativ wurde ein “Mantelsamstag” vorgeschlagen. Und Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer sah sich Ende August gar zu einem Dementi genötigt (diese Seite berichtete am 30.8.18 unter der Überschrift “Kaster-Meurers Rabulistik”).

Seit September macht Pro City nun aktiv Werbung für den Mantelsonntag. Aber weder von der Stadtverwaltung noch von ver.di gibt es einen Kommentar. Im September 2017 hatte sich die zuständige ver.di-Mitarbeiterin Monika di Silvestre öffentlich klar gegen Sonntagsarbeit ausgesprochen und wörtlich angekündigt: “Ver.di wird auch in Zukunft gegen solche Sonntage vorgehen”. Lediglich im Fall des Mantelsonntages 2017 habe die Gewerkschaft “auf Grund der Verkettung von Umständen” davon abgesehen. Diese Stellungnahme ist auch heute noch auf rps.verdi.de nachzulesen.

Allerdings: zum Mantelsonntag 2018, der ja schon in weniger als drei Wochen ansteht, hat ver.di bis zur Stunde nichts erklärt. Eine schriftliche Anfrage dieser Seite vom Tage wurde von Monika di Silvestre ebensowenig beantwortet, wie eine fernmündliche Rückrufbitte. Rechtsanwalt Dr. Friedrich Kühn (Leipzig), der laut ver.di im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einen Schriftsatz einreichte, befindet sich laut Auskunft seiner Kanzlei im Erholungsurlaub und konnte daher für eine Stellungnahme nicht erreicht werden.

“von ver.di mehr erhofft”

“Ich muss am 28. Oktober arbeiten, obwohl ich das nicht will”, erklärt dieser Seite dazu eine Verkäuferin. Die 52jährige will aus Sorge vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht namentlich genannt werden. “Von der Gewerkschaft hätte ich mir mehr erhofft”, zeigt sie sich enttäuscht. “Wieso haben die noch vor ein paar Wochen gegen den verkaufsoffenen Sonntag gewettert, wenn sie jetzt nichts tun?” ärgert sie sich. Diese Seite hätte die Frage gern an ver.di weitergegeben. Aber auch Dennis Dacke, Bereichsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des ver.di-Landesbezirks Rheinland-Pfalz-Saarland, reagierte weder auf eine schriftliche noch auf eine fernmündliche Anfrage.

“30 km/h von da unne bis da obbe”

Wenn alle die Örtlichkeit aus eigener Anschauung kennen, können Streckenabschnittsbeschreibungen ganz unkompliziert ausfallen. So am Montagabend im Planiger Ortsbeirat. Die dortige SPD hatte beantragt in der Mainzer Strasse durchgängig 30-Stundenkilometer vorzuschreiben. Also auch östlich ab Automobile Kleinz Richtung Ippesheim und westlich ab der Nahetalhalle, falls möglich als 30-km/h-Zone. Klare Worte fand dazu Beirats-Veteran Alfred Schneider (Liste Faires Bad Kreuznach – LFBK).

Erst wollte er wissen, ob die SPDler wirklich vorhaben, die erlaubte Geschwindigkeit “von da unne bis da obbe” zu reduzieren. Um nach deren Bestätigung Klartext zu sprechen: “ich find das Kacke, machen wir doch gleich eine Fussgängerzone daraus”. Auch Stadtratsmitglied Peter Steinbrecher (LFBK) wandte sich, in wohlgesetzten Worten, gegen die Pläne zu Geschwindigkeitsregulierung. Er argumentierte, in Nebenstrassen und “dort, wo es eng und unübersichtlich ist”, sei Tempo 30 ja sinnvoll. Aber auf Hauptverkehrsachsen nicht. Ortsvorsteher Dirk Gaul-Roßkopf (parteilos), der gewohnt sachlich durch die Sitzung führte, sprach sich für die Regulierung aus. Nach kurzem Hin- und Her kam es dann zur einzigen Kampfabstimmung des Abends: mit 6 Jastimmen setzten sich die Befürworter für langsameres Fahren gegen 3 Neinstimmen bei einer Enthaltung durch.

Viele Themen im Planiger Ortsbeirat

Wenn sich am Montag den 8. Oktober 2018 um 19 Uhr der Ortsbeirat im Sitzungszimmer des Rathauses trifft, hat der trotz Herbstferien eine umfangreiche Tagesordnung zu bewältigen. Von der Rettung der Gemeindearbeiter vor einem “Arbeitskräfte-Pool”, über die Statik des Gewölbekellers im Feuerwehrhaus hin zu einer Vielzahl von Anträgen.

Die Appelbach-CDU hat erkannt, was Passanten und BuskundInnen Tag für Tag sehen: den “äusserst desolaten Zustand” der Wetterschutzhäuschen. Das soll sich ändern. Nur noch an manchen Stellen, dazu unterschiedlich hoch und im Dunkeln gerade für ältere MitbürgerInnen schwer zu erkennen: die Reste früherer Gehwegabtrennungen auf dem Friedhof. Die Planiger CDU beantragt deren Entfernung, um dadurch mehr Sicherheit zu erreichen.

Von der Weinstrasse führt ein unbefestigter Weg zum Sportplatz. Radfahren ist hier ausdrücklich erlaubt. Wegen des Schotterbelages aber nicht unbedingt zu empfehlen. Daher hat die örtliche SPD beantragt den Wöllsteiner Weg zu asphaltieren.

Pro City: am 28.10. ist Mantelsonntag

Trotz der Proteste von Kirchen und Gewerkschaften: am 28. Oktober präsentiert Pro City den Mantelsonntag 2018. Aus rechtlichen Gründen wird die Veranstaltung offiziell “Herbstmarkt” genannt. Aber die jahrzehntelang vertraute Bezeichnung taucht in der Unterzeile wieder auf: “verkaufsoffener Mantelsonntag”. Auch an den Öffnungszeiten (von 13 Uhr bis 18 Uhr) hat sich nichts geändert. Seit dem 24. September läuft die Werbung für den “ersten Herbstmarkt mit traditionsreichem Mantelsonntag” auf Facebook und bei pro-city-kh.com/news/.

Da lagen die Kollegen der Lokalpresse, die die lobenden Worte der Oberbürgermeisterin über Pro City im Allgemeinen und den Mantelsonntag im Besonderen beim Jahrmarktsfrühschoppen als Vorentscheidung bewerteten, also doch richtig. Um den Schein einer inhaltlich noch nicht getroffenen Entscheidung zu wahren, hatte sich Dr. Kaster-Meurer Ende August per Presseerklärung und auf der Stadtseite dagegen verwahrt, “dass mir ständig etwas in den Mund gelegt wird, was ich so nicht gesagt habe” (diese Seite berichtete am 30.8.18 unter der Überschrift “Kaster-Meurers Rabulistik”).

Reden-Mitschnitte von wem?

Und sie stellte ungefragt fest: “Ich bin froh, dass auch diese Rede aufgezeichnet wurde”. Die ihr schriftlich vorgelegten Fragen dieser Seite, wer in wessen Auftrag ihre Frühschoppen-Plauderei aufgezeichnet hat und welche weiteren Reden mitgeschnitten wurden, hat die Oberbürgermeisterin bis heute nicht beantwortet. Ob die Gegner des verkaufsoffenen Sonntags wie 2017 klein beigeben und auf rechtliche Schritte verzichten, steht mangels verbindlicher Erklärung bisher nicht fest. Noch Anfang September 2018 hatten sich die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung und ver.di gegen den 28.10.18 ausgesprochen.

Gute Vorbilder – und die anderen

Andrea Manz und Carsten Pörsken erledigen viel mit dem Rad. Nicht nur die Fahrt zur Stadtratssitzung. Daher kann man der Grünen vertrauen, wenn Sie für mehr Zweiradnutzung im Stadtgebiet wirbt: sie predigt nicht anderen Wasser und trinkt selbst Wein. Und dem sozialdemokratischen Urgestein Glauben schenken, wenn er nicht jede Radfahrerforderung mitträgt – denn er ist bestimmt kein eingetragenes Mitglied der Autofahrerlobby, sondern Realist, der für das wenigstens zeitweise Umsteigen von vier oder zwei Räder lieber durch positives Vorbild wirbt, als durch Vorschriften.

An solchem Bewusstein und Überzeugung mangelt allerdings einigen anderen Mitgliedern im Rat der Stadt. Obwohl ein Parkverbotschild die Fläche vor dem Kreishaus in der Salinenstrasse eindeutig als autofreie Zone ausweist, stellen sich einige Damen und Herren dort immer wieder ungerührt hin. Ob die glauben sie wären etwas Besseres? Regeln gelten nur für andere? Zu faul sind ihr Auto 50 Meter weiter im Parkhaus Badeallee abzustellen? Oder ihnen die 3 Euro Parkgebühr zu viel sind?

Die Betroffenen erklären dies nicht von sich aus. Fest steht nur: vor Strafverfolgung sind sie sicher. Denn die Kreisverwaltung beschäftigt keine eigenen Kontrollkräfte. Und einen Dienstleistungsvertrag mit der Stadt oder einem dazu berechtigten privaten Unternehmen hat der Landkreis auch nicht. Und so geschieht weiter Monat für Monat folgendes: in den Stadtrat gewählte MandatsträgerInnen treffen Entscheidungen, an die sich alle Bürgerinnen und Bürger halten müssen. Und bestraft werden, wenn sie es nicht tun.

Und ein Teil derer, die diese Entscheidungen treffen und die Regeln aufstellen, stellt sich im wahrsten Sinne des Wortes während der Beratung und Beschlussfassung dieser Regeln einfach über das Gesetz. Ohne schlechtes Gewissen. Wiederholt. Das Foto unten entstand während der Stadtratssitzung vom 14.6.18.

Bosenheim: das kann sich sehen lassen …

Die Untertreibung der Woche kommt aus Bosenheim. Im Stadtteil, der mit der Weinlage “Kreuznacher Paradies” und seit der Stadtratssitzung am 27.9.18 auch ganz offiziell mit einer Strasse namens “Paradiesblick” ausgezeichnet ist (diese Seite berichtete bereits am 5.9.18), führt am östlichen Ortseingang ein neues Schild. Es zeigt die Shilouette mit dem ortsbildprägenden Kirchturm und wirkt trotz des Materials Metall leicht und transparent. Und doch “ist es nur ein Entwurf”, wie Ortsvorsteher Dr. Volker Härtel auf Anfrage dieser Seite mitteilte.

Wohl dem Stadtteil, der schon für Entwürfe einen solchen Aufwand betreiben kann. Die überarbeitete Version des neuen Schildes, das vom Ortsverschönerungsverein in Auftrag gegeben wurde, sieht eine andere Schrift für “Weindorf Bosenheim”, eine leicht geänderte Shilouette und einen etwas breiteren Bogen vor. “Das Schild wird in Cor-Ten-Stahl ausgeführt, der die charakteristische Rost-Patina ansetzt”, freut sich der Ortsvorsteher. Wann die Schilder fertig sind, hängt von den freien Kapazitäten der Firma MZL (Lauermann) ab. Denn die setzen den endgültigen Entwurf in Metall um.

Offene Moschee

Koran-Zitate in arabischen Schriftzeichen. Türkisches Dekor. Schrifttafeln in deutscher Sprache. Wer am Tag der deutschen Einheit die Einladung zur Besichtigung der Moschee in der Mühlenstrasse annahm, hatte einiges zu entdecken. Natürlich die sprichwörtliche Gastfreundschaft. Nicht nur weil es Tee und Gebäck gab. Sondern weil die Freude auf Fremde, die sich für das islamische Gotteshaus interessieren, nicht nur bei den Funktionsträgern, sondern auch bei den normalen Gemeindemitgliedern erkenn- und spürbar war.

Und tatsächlich nutzten einige Nichtmuslime und Nichtmigrationsdeutsche den bundesweiten Besuchstag. Wer von diesen das Glück hatte die Führung durch das Gebäude mit Cihan Sen, dem Vorsitzenden des Trägervereines zu machen, bekam nicht nur wertvolle Informationen zur Gemeinde vor Ort und islamischen Riten und Gebräuchen. Sondern auch aktuelle Informationen und Sichtweisen zu den Moschee-Neubauplänen.

Diese hat der Vereinsvorstand per Beschluss zunächst auf Eis gelegt. “Wir wollen nicht mit der Brechstange arbeiten” erklärt Sen diese Vorgehensweise, mit der die Gemeinde vorläufig auf das ihr bereits zustehendes Baurecht verzichtet. Die Kritik an den Neubau-Plänen hat Spuren hinterlassen. Als Zuhörer einer Stadtratssitzung haben einige Gemeindemitglieder erlebt, dass man in Bad Kreuznach von der Erkenntnis des früheren Bundespräsidenten Wulf, auch der Islam gehöre mittlerweile zu Deutschland, vor Ort noch weit entfernt ist. Aufgrund der aktuellen weltpolitischen Grosswetterlage mit dem Konflikt zwischen der Erdogan-Türkei und Deutschland hat Sen Verständnis für die Kritik, die seine Ditib-Gemeinde aufgrund der Nähe zum Staat am Bosporus einstecken muss, auch wenn er diese nicht teilt.

“Wir treten dem mit Offenheit entgegen”, erklärte Sen dazu. “Jede und jeder kann jederzeit zu unseren Öffnungszeiten zu uns kommen und sich ein eigenes Bild machen, nicht nur an dem offiziellen Besichtigungstag”. Wer dieses Angebot nutzt wird Interessantes erfahren. Zum Beispiel, dass die besonders strittigen Minarette kein Pflichtbaubestandteil von Moscheen sind. Und dass die elektronischen Zahlentafeln nicht der Überwachung von Börsengeschäften dienen, sondern der exakten Anzeige der fünf täglichen Gebetszeiten, die ein Moslem einhalten kann – aber nicht muss.

Pick und Schlosser waren da

Einer der Besucher, die schon seit Jahren gute Kontakte zur Mühlenstrassen-Moschee pflegen und deren Entwicklung aus erster Hand kennt, ist Ausländerpfarrer Siegfried Pick. Trotz anderer Verpflichtungen ließ er es sich auch 2018 nicht nehmen mit guten Beispiel voran zu gehen und die Ditib-Gemeinde zu besuchen. Erstmals am Tag der deutschen Einheit in einer Moschee: Beigeordneter Markus Schlosser (CDU). Er wollte sich vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen und fand in den Erklärungen Cihan Sens eine gute Basis für weitere Gespräche. Von den Besuchten wurde aufmerksam registriert, dass sich Schlosser viel Zeit nahm und seinen Besuch nicht wie einen lästigen Pflichtermin abwickelte.

Schlecht informiert

Über das seinerzeitige Erstaunen der Stadtspitze (damals noch ohne Schlosser), die nach eigenem Bekunden nicht gewusst haben will, dass bei Ditib-Gemeinden nicht der örtliche Verein, sondern der Bundesdachverband als Käufer auftritt, zeigten sich Sen und Pick verwundert: “Da muss man nur unter Ditib googlen und hat nach 2 Minuten das Ergebnis, das hätte man leicht wissen können”.

Baustopp beim Casinogebäude?

“So kann es nicht weitergehen”, noch Tage nach der Stadtratssitzung in der vergangenen Woche drückt einer, der die Verwaltung ausgebremst hat, seine Verärgerung unmissverständlich aus. Mit 16 Ja- gegen 16-Nein-Stimmen scheiterte die Beschlussvorlage, die ermöglichen sollte, einen Betrag von 300.000 Euro “überplanmässig” zu Lasten des Haushaltes für 2019 schon im Herbst diesen Jahres für die Sanierung des Casinogebäudes auszugeben. Zwar ist die entsprechende Summe bereits im Nachtragsetat für 2018 enthalten. Aber zu dessen Lasten darf die Stadtkasse erst überweisen, wenn der von der Aufsichtsbehörde genehmigt ist.

Und das kann bis zu zwei Monate dauern, wie Bürgermeister Heinrich erklärte. Den Zahlungsverweigerern geht es nicht darum, korrekt erbrachte Handwerkerarbeit nicht oder erst später zu vergüten. Ihr “Nein” begründet sich in der Vorgehensweise der Stadtverwaltung, die 2015 2,5 Millionen Sanierungskosten schätzte, im September 2017 einen Kostenstand in gleicher Höhe beschliessen ließ, um dann nur sieben Monate später, am 12.4.18, den Planungsausschuss “auf Basis der aktuellen Entwicklung” mit Gesamtkosten von 5,9 Millionen Euro zu konfrontieren – und nur weitere fünf Monate später offiziell schon mit 6,5 Millionen Euro zu rechnen. Und bei einer “6” vor dem Komma kann es nur dann bleiben, wenn lediglich eingeschränkte Brandschutzarbeiten durchgeführt werden.

Dann aber ist die Nutzung des Hauses als Stadtratssitzungs- und Veranstaltungssaal inklusive Ratskeller in der Vor-Sanierungs-Nutzung fraglich. Die Stadt hätte so mit etwa einem Fünftel des Aufwandes, den ein komplett neues Rathaus gekostet hätte, lediglich acht oder zehn Büroräume saniert bzw neu geschaffen. Elbphilharmonie und Stuttgart21 lassen grüssen. Die Kritiker vermissen ein transparentes Gesamtkonzept für die Sanierung. Sie fühlen sich mit ihren Fragen und Bedenken nicht ernst genommen. Die durch Patt abgelehnte Beschlussvorlage hat daran nichts geändert. Ohne jede Erklärung und Begründung wird darin lakonisch festgestellt, “die Gesamtkosten der Massnahme betragten inklusive Baunebenkosten voraussichtlich rund 6,5 Millionen Euro”.

Kein Wort dazu, was im der Verwaltung seit Wochen vorliegenden Brandschutzgutachten konkret steht. Kein Buchstabe der Erklärung, wie in drei Jahren aus 2,5 nun 6,5 Millionen Euro werden konnten. Statt dessen umfangreiche Ausführungen dazu, warum es aus “sachlichen und zeitlichen Gründen notwendig” ist, Geld sofort bereitzustellen. Dabei stellt die Verwaltung neben einem “wirtschaftlichen Schaden” auch einen “Imageschaden” als “Nachteil für die Gemeinde” heraus. Diese Schäden sind jetzt nicht mehr zu verhindern. Aber nicht nur “inkompetentes Sanierungsmanagement” wird von den Kritikern beklagt. Auch fehlendes Fingerspitzengefühl.

“Eigentum verpflichtet”

Denn dass sich aus unbeantworteten Fragen, unterlassener Information und Millionen-Mehrkosten im Untergrund des kommunalpolitischen Bewusstseins eine gefährliche Drucksituation aufbaute, deren Entladung schwerwiegende Verwerfungen zur Folge haben würde, hatte Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer offensichtlich nicht mitbekommen. Dabei gingen dem kommunalpolitischen Erdbeben in Form der Zustimmungsverweigerung am 27.9.18 gegen 19.18 Uhr unübersehbare Vorbeben voraus. Zunächst am 12.4.18 gegen 18.46 Uhr im Planungsausschuss, als mehrere Diskussionsteilnehmer Teil der Sanierungsmassnahmen und – ziele in Frage stellten. Die Oberbürgermeiserin bügelte damals alle Redebeiträge in diese Richtung mit dem Hinweis ab, “Eigentum verpflichtet” und man könne von den Gebäude-Besitzern in der Neustadt nicht einerseits Sanierungen fordern, aber am eigenen Haus nichts tun.

Keine Sondersitzung

Ein zweites, noch stärkeres Vorbeben schüttelte dann am 13.9.18 gegen 19.41 Uhr erneut den Planungsausschuss durch. Dabei stand das Casinogebäude gar nicht auf der Tagesordnung. Stadtrat Manfred Rapp musste über zwei Stunden auf den Punkt “Anfragen” warten, um Fragmente relevanter Sachinformationen zu erhalten (diese Seite berichtete am 14.9.18 unter “Casinogebäude: trotz Sanierung für Millionen ist Nutzung offen”). Trotzdem gab es seitens der Verwaltung bis zur Stadtratssitzung am 27.9.18 keinerlei schriftliche Information, kein Brandschutzgutachten, geschweige denn eine Sondersitzung samt Besichtigung der Örtlichkeit. Für Erklärungen zur Sache oder einen zusätzlichen Termin reicht eine Kostensteigerung von 4 Millionen Euro also nicht aus. Dazu kommt es nur bei wirklich wichtigen Punkten. Etwa der Neuwahl von Ausschussposten.

Haus Engelmayer baufällig?

Für eine grosse Zahl von Bad KreuznacherInnen ist das Haus Ecke Mühlenstrasse 2 / Mannheimer Strasse 77 eine Institution. Weil es mit seinem Fachwerk und der imposanten Baustruktur einen willkommenen optischen Kontrapunkt setzt zum Zweckbau der Sparkasse am Kornmarkt. Und wegen der gestalterischen Verbindung, die es zu den Brückenhäusern schafft. Aber auch weil ganze Generationen von EinwohnerInnen aus Stadt und Land dort Kunden waren. Im Schallplattengeschäft Engelmayer.

Nachdem ein Auto das Gebäude rammte soll es jetzt seine Standsicherheit eingebüsst haben. Daher wurden die Bauarbeiten rund um das Haus gestoppt und Gutachten in Auftrag gegeben. Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer informierte am Ende des öffentlichen Teils der Stadtratssitzung am 27.9.2018 über den Vorgang. Ob Stützmassnahmen ergriffen werden müssen und wie lange der Fertigbau des Kornmarktes dadurch verzögert wird, steht noch nicht fest.