“So kann es nicht weitergehen”, noch Tage nach der Stadtratssitzung in der vergangenen Woche drückt einer, der die Verwaltung ausgebremst hat, seine Verärgerung unmissverständlich aus. Mit 16 Ja- gegen 16-Nein-Stimmen scheiterte die Beschlussvorlage, die ermöglichen sollte, einen Betrag von 300.000 Euro “überplanmässig” zu Lasten des Haushaltes für 2019 schon im Herbst diesen Jahres für die Sanierung des Casinogebäudes auszugeben. Zwar ist die entsprechende Summe bereits im Nachtragsetat für 2018 enthalten. Aber zu dessen Lasten darf die Stadtkasse erst überweisen, wenn der von der Aufsichtsbehörde genehmigt ist.
Und das kann bis zu zwei Monate dauern, wie Bürgermeister Heinrich erklärte. Den Zahlungsverweigerern geht es nicht darum, korrekt erbrachte Handwerkerarbeit nicht oder erst später zu vergüten. Ihr “Nein” begründet sich in der Vorgehensweise der Stadtverwaltung, die 2015 2,5 Millionen Sanierungskosten schätzte, im September 2017 einen Kostenstand in gleicher Höhe beschliessen ließ, um dann nur sieben Monate später, am 12.4.18, den Planungsausschuss “auf Basis der aktuellen Entwicklung” mit Gesamtkosten von 5,9 Millionen Euro zu konfrontieren – und nur weitere fünf Monate später offiziell schon mit 6,5 Millionen Euro zu rechnen. Und bei einer “6” vor dem Komma kann es nur dann bleiben, wenn lediglich eingeschränkte Brandschutzarbeiten durchgeführt werden.
Dann aber ist die Nutzung des Hauses als Stadtratssitzungs- und Veranstaltungssaal inklusive Ratskeller in der Vor-Sanierungs-Nutzung fraglich. Die Stadt hätte so mit etwa einem Fünftel des Aufwandes, den ein komplett neues Rathaus gekostet hätte, lediglich acht oder zehn Büroräume saniert bzw neu geschaffen. Elbphilharmonie und Stuttgart21 lassen grüssen. Die Kritiker vermissen ein transparentes Gesamtkonzept für die Sanierung. Sie fühlen sich mit ihren Fragen und Bedenken nicht ernst genommen. Die durch Patt abgelehnte Beschlussvorlage hat daran nichts geändert. Ohne jede Erklärung und Begründung wird darin lakonisch festgestellt, “die Gesamtkosten der Massnahme betragten inklusive Baunebenkosten voraussichtlich rund 6,5 Millionen Euro”.
Kein Wort dazu, was im der Verwaltung seit Wochen vorliegenden Brandschutzgutachten konkret steht. Kein Buchstabe der Erklärung, wie in drei Jahren aus 2,5 nun 6,5 Millionen Euro werden konnten. Statt dessen umfangreiche Ausführungen dazu, warum es aus “sachlichen und zeitlichen Gründen notwendig” ist, Geld sofort bereitzustellen. Dabei stellt die Verwaltung neben einem “wirtschaftlichen Schaden” auch einen “Imageschaden” als “Nachteil für die Gemeinde” heraus. Diese Schäden sind jetzt nicht mehr zu verhindern. Aber nicht nur “inkompetentes Sanierungsmanagement” wird von den Kritikern beklagt. Auch fehlendes Fingerspitzengefühl.
“Eigentum verpflichtet”
Denn dass sich aus unbeantworteten Fragen, unterlassener Information und Millionen-Mehrkosten im Untergrund des kommunalpolitischen Bewusstseins eine gefährliche Drucksituation aufbaute, deren Entladung schwerwiegende Verwerfungen zur Folge haben würde, hatte Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer offensichtlich nicht mitbekommen. Dabei gingen dem kommunalpolitischen Erdbeben in Form der Zustimmungsverweigerung am 27.9.18 gegen 19.18 Uhr unübersehbare Vorbeben voraus. Zunächst am 12.4.18 gegen 18.46 Uhr im Planungsausschuss, als mehrere Diskussionsteilnehmer Teil der Sanierungsmassnahmen und – ziele in Frage stellten. Die Oberbürgermeiserin bügelte damals alle Redebeiträge in diese Richtung mit dem Hinweis ab, “Eigentum verpflichtet” und man könne von den Gebäude-Besitzern in der Neustadt nicht einerseits Sanierungen fordern, aber am eigenen Haus nichts tun.
Keine Sondersitzung
Ein zweites, noch stärkeres Vorbeben schüttelte dann am 13.9.18 gegen 19.41 Uhr erneut den Planungsausschuss durch. Dabei stand das Casinogebäude gar nicht auf der Tagesordnung. Stadtrat Manfred Rapp musste über zwei Stunden auf den Punkt “Anfragen” warten, um Fragmente relevanter Sachinformationen zu erhalten (diese Seite berichtete am 14.9.18 unter “Casinogebäude: trotz Sanierung für Millionen ist Nutzung offen”). Trotzdem gab es seitens der Verwaltung bis zur Stadtratssitzung am 27.9.18 keinerlei schriftliche Information, kein Brandschutzgutachten, geschweige denn eine Sondersitzung samt Besichtigung der Örtlichkeit. Für Erklärungen zur Sache oder einen zusätzlichen Termin reicht eine Kostensteigerung von 4 Millionen Euro also nicht aus. Dazu kommt es nur bei wirklich wichtigen Punkten. Etwa der Neuwahl von Ausschussposten.