Linke Nummer

Karl-Heinz Delaveaux (FWG) sprach sichtlich emotional bewegt. Schon bei Punkt 2 der Tagesordnung der Stadtratssitzung meldete er sich zu Wort. Die “Wahl von Ausschussmitgliedern”, einer der Lieblingspunkte der Kommunalpolitiker, stand da an. Diese Aufgabe wird häufiger als alle anderen im Rat der Stadt praktiziert. Erst am 30.8.18 waren alle Ausschussposten neu besetzt worden. Doch schon vier Wochen später, am 27.9., waren drei Umbesetzungen, je eine im Haupt-, Partnerschafts- und Sozialausschuss, erforderlich.

“belogen und betrogen”

Aber nicht diese Veränderungen brachten Delaveaux in Rage. Ihn ärgerte, was nicht in der Beschlussvorlage stand: die Neuwahl der Aufsichtsräte von GuT (Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach) und BGK (Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach) GmbH. “Belogen und betrogen” fühle sich die FWG-Stadtratsfraktion, kochte es aus dem FWG-Fraktionsvorsitzenden heraus. Und weiter: “Absprachen werden nicht eingehalten”. Eine Person breche in schändlicher Weise sein Wort. Die Wahl am 30.8.18 sei daher eine “Scheinausschusswahl” und die FWG trete aufgrund der nicht eingehaltenen Vereinbarung von dem gemeinsamen Wahlvorschlag zurück.

Linke keine Fraktion mehr

Kopfschütteln im Ratsrund. Unverständnis auf den Zuhörerplätzen. Denn Delaveaux hatte vor lauter Betroffenheit versäumt den Verantwortlichen für seine Erregung zu benennen. Was Erich Menger (SPD) zu der Frage nach den Hintergründen veranlasste. Diese erläuterte dann Wolfgang Kleudgen. Der FWG-Stadtrat warf Jürgen Locher (Die Linke) vor, sich nicht an sein gegebenes Wort zu halten. Die Linke, seit dem Austritt Kleudgens keine Fraktion und nur noch mit einer Stimme im 44köpfigen Stadtrat vertreten, verfügt trotzdem noch über je einen Sitz in den beiden vorgenannten Aufsichtsräten.

Jürgen Locher schwieg

Diese hätte sie gemäss einer am 13.8.18 in einer interfraktionellen Vereinbarung an die nunmehr doppelt so starke FWG abtreten sollen. Um zwei FWGler an Stelle der zwei Linken wählen zu können, müssten letztere ihre Aufsichtsratsmandate niederlegen. Das taten sie aber nicht. Und so war am 27.9.18 bei den Aufsichtsräten nichts zu wählen – die FWG schaute in die Röhre. Der, dem Wortbruch in einem besonders unappetitlichen Fall vorgeworfen wurde, Linken-Stadtrat Jürgen Locher, schwieg zu allen Vorwürfen. Wortlos ließ er die FWG-Erklärungen an sich abprallen.

Neuwahl beantragt

Auch von den anderen Fraktionen gab es keine Kommentare, obwohl ja auch diese von der “Linken Nummer”, wie es ein Zuhörer bezeichnete, betroffen sind. Delaveaux jedenfalls beantragte konsequent die Neuwahl aller Ausschüsse. Käme es dazu, würde die FWG wohl einen der zwei Sitze im Finanzausschuss an die CDU verlieren, aber Linke und auch die Ein-Mann-FDP von Jürgen Eitel wären raus aus allen Gremien. Angesichts des dafür erforderlichen Wahl-Marathons reget sich schnell Widerspruch im Ratsrund. “Ist eine erneute Neuwahl denn überhaupt zulässig?” wurde gefragt.

Drei gegen den Rest

Ist sie. “Der Stadtrat kann, wenn er Spass daran hat, jeden Tag die Ausschüsse neu wählen”, stellte Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer klar. Am 27.9.18 zeigte sich das Kommunalparlament wenig spasssüchtig und lehnte der FWG-Antrag ab. Er erhielt nur 3 Ja-Stimmen. Drei Stadträte enthielten sich. Der Rest stimmte dagegen. Danach erfolgte dann die Umbesetzung in den drei Ausschüssen. Einstimmig und ohne jede Diskussion.

Hier der Wortlaut der FWG-Erklärung:

“Durch den in der Sommerpause erfolgten Wechsel von Frau Ensminger-Busse (von FDP zur CDU) und von Wolfgang Kleudgen (von CDU zur FWG) wurden gemäß § 45 Abs. 3 GemO Ausschussneuwahlen erforderlich. Deshalb hatte die Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer für den 13. August alle Stadtratsfraktionen und Wahlvorschlagsträger zu Sondierungsgesprächen eingeladen.

Im Rahmen dieser Sondierungsgespräche wurde unter anderem vereinbart, dass die LINKE, die seit April 2017 über keinen Fraktionsstatus mehr verfügt, ihre Aufsichtsratssitze in der BGK und der GUT an die Stadtratsfraktion der FWG abtritt. Im Gegenzug waren alle Stadtratsfraktionen und Wahlvorschlagsträger damit einverstanden, dass die Ausschüsse im Rahmen eines „gemeinsamen Wahlvorschlags aller Fraktionen“ einvernehmlich gewählt werden konnten, mit der Folge, dass auch die nicht mit Fraktionsstatus ausgestatteten Ratsmitglieder J. Locher (LINKE) und J. Eitel (FDP) in einer Vielzahl von Ausschüssen mit Sitzen „für ihre Gefolgsleute“ Berücksichtigung finden.

Nachdem der Stadtrat in der Ratssitzung vom 30.08.18 die Ausschüsse durch einen gemeinsamen Wahlvorschlag gewählt und somit legitimiert hatte, wäre es nunmehr in der Stadtratssitzung am 27.09.18 absprachegemäß erforderlich gewesen, dass Herr Locher (LINKE), wie zuvor zugesagt, die besagten beiden Aufsichtsratsmandate an die FWG hätte abgegeben müssen. Trotz Vermittlungsbemühungen von OB Dr. Kaster-Meurer und insistierender Aufforderung durch die beiden FWG-Stadträte K.H. Delaveaux und W. Kleudgen, weigerte sich Herr Locher seinen Teil der Absprache einzuhalten.

Für die beiden FWG Stadträte Delaveaux und Kleudgen stellt das Verhalten Lochers einen eklatanten Wortbruch dar, welches sowohl die Glaubwürdigkeit von Herrn Locher, als auch der LINKEN als Gesprächs- und Verhandlungspartner massiv in Frage stellt. Besonders enttäuscht über Lochers Verhalten zeigte sich FWG-Stadtrat Kleudgen, da er in der August Stadtratssitzung auf seinen Fraktionskollegen Delaveaux eingewirkt hatte, den im Rahmen der Sondierung durch Vermittlung der Oberbürgermeisterin ausgehandelten Kompromiss mitzutragen, mit der Folge, dass der LINKEN Ausschusssitze zugeteilt wurden, die dieser „Ein-Mann-Gruppierung“ kraft Gemeindeordnung nicht zustehen.

In der Stadtratssitzung am 27.09.18 fand das Festhalten Lochers und der LINKEN an den Aufsichtsratsmandaten kaum Zustimmung, selbst erneute Vermittlungsbemühungen durch die Oberbürgermeisterin konnten Herrn Locher nicht dazu bewegen seinen Teil der Abmachung vom August 2018 einzuhalten. Karl-Heinz Delaveaux, Fraktionsvorsitzender “

Glockengeläut versus Märchen

Ein Mikrophon braucht Erich Menger (SPD) nicht. Er spricht von Haus aus sehr laut. Hinter vorgehaltener Hand ist sein Spitzname “Brüller”. Als er in der Stadtratssitzung am 27.9.18 wortgewaltig und dezibelstark ein “Glockengeläut” ankündigte, zuckten einige in der Runde und auf den ZuhörerInnenbänken trotzdem zusammen. Denn nur wenige Meter von einer solchen Extremschallquelle entfernt wurden Schäden am Trommelfell befürchtet.

Heinrich ein Grimm?

Spätestens jetzt hellwach gab CDU-Fraktionschef Werner Klopfer in seiner Replik aktuelle Ergebnisse der Ahnenforschung zu Stadtvorstandsmitgliedern bekannt und siedelte den Kämmerer, einen geborenen Heinrich, in die Familie der Gebrüder Grimm um. Heinrichs Darstellung der Abwasser-Missstände in und um Bad Münster am Stein – Ebernburg (BME) seien das “Märchen vom riesigen Sanierungsstau”. Wie schon im Finanzausschuss (diese Seite berichtete am 21.9.18 unter der Überschrift “Genöle, Beleidigungen und Sanierungsstau beim BME-Abwasser”) forderte er den Kämmerer auf “ständige Rückschläge gegen die Leute” im Stadtteil zu lassen und verlangte einen Ausgleich der Millionenbeträge “von der Solidargemeinschaft”.

“früher deutlich günstiger”

Klopfers Hinweis auf die “Vermögenswerte”, die Bad Kreuznach mit BME übernommen habe, führte bei einem Zuhörer zu der Frage, “meint der damit die 13 Millionen Sanierungskosten fürs Kurmittelhaus?”. Diese Frage blieb unbeantwortet. Klopfers Ausführungen aber nicht ohne Widerspruch. Linken-Stadtrat Locher wies auf die jahrelange Misswirtschaft in BME hin und führte als Motiv dafür die Absicht an, sich “lieb Kind bei den Gebührenzahlern zu machen”. Stadtratsmitglied Mirko Kohl (CDU) merkte in einem Zwischenruf an, dass durch die unterlassenen Sanierungen in BME dort die Beiträge jahrelang “früher deutlich günstiger” waren und meinte damit: was dort heute mehr bezahlt werden muss, haben die Betroffenen vor Jahren nicht bzw weniger bezahlt, eine Mehrbelastung fällt über die Jahre gesehen also gar nicht an.

Einmütig dafür

Mengers Hinweis, es werde noch “sieben Jahre” dauern, bis die Abwassertarife in BME und Bad Kreuznach angeglichen werden könnten, ließ Klopfer erstaunt bemerken, dass sein SPD-Ratskollege “dem Bürgermeister die Prognose abnimmt”. Um das postwendend zu erklären: “Bei Parteikollegen wohl möglich”. Bei der Abstimmung gab es dann neben einer Enthaltung nur Jastimmen für den Verwaltungsvorschlag.

Mit DAWI gegen den Tourismusbeitrag

Antonio Valentino konnte nicht dabei sein. Zu viele Vorbestellungen in seiner Trattoria “Ponte Vecchio” machten ihm die Teilnahme an der Stadtratssitzung als Zuhörer unmöglich. Dabei stand, ohne dass es die Verantwortlichen bemerkt hätten, die Zukunft des Tourismusbeitrages auf der Tagesordnung. Und um die zu beenden brauchten die Kommunalpolitiker nicht einmal 2 Minuten. Ohne jede Nachfrage und einstimmig nickte das Ratsrund am 27.9.18 einen laut Beschlussvorlage rund 1,8 Millionen Euro teuren Verwaltungsvorschlag ab.

Der siebenstellige Betrag wurde bereits im Vorjahr aus der Stadtkasse an die städtische GuT GmbH überwiesen. Das ist aber nach europäischem Recht nur möglich, wenn der Zahlung eine “gemeinwirtschaftliche Verpflichtung” zugrunde liegt. Die EU meint damit den Ausgleich eines Defizits, das entstanden ist, weil (in diesem Fall die GuT) nicht kostendeckende Leistungen erbringt, die der Allgemeinheit zugute kommen. In Brüssel werden diese Aufwendungen “DAWI-Leistungen”* genannt. Ausgaben, von denen nur Teile der Bevölkerung profitieren (können), dürfen – so die Vorschriften für alle EU-Staaten – nicht subventioniert werden.

“DAWI oder Beitrag”

Und hier kommt jetzt der Tourismusbeitrag ins Spiel. Um den zu begründen hat die Stadt exakt die selben von der GuT erbrachten Leistungen und verursachten Defizite, die sie nunmehr per Beschluss als “gemeinwirtschaftlich” einordnet, als beitragsfähigen Aufwand in ihre sogenannte Kalkulation aufgenommen. Und das ist schlicht verboten. Valentinos Steuerberater Martin Reiber hatte das schon im Frühjahr 2018 dem Verwaltungsgericht dargelegt (“DAWI oder Beitrag – beides gleichzeitig geht nicht”). Denn per Beitragsbescheid dürfen nur dann Gelder bei Betroffenen abkassiert werden, wenn die Stadt eine individuelle Gegenleistung erbingt.

Arbeitsverweigerung

Geschieht das Tätigwerden der Stadt zum Nutzen aller EinwohnerInnen, ist ein mögliches Defizit nicht beitragsfähig und muss aus allgemeinen Steuermitteln abgedeckt werden. Dem Verwaltungsgericht hatte die Stadt, sei es aus Desinteresse sei es wegen der Aussichtslosigkeit ihrer Position, auf dieses Argument Valentinos nicht einmal eine Stellungnahme vorgelegt. Das Gericht hatte diese Arbeitsverweigerung der Stadt in seinem für Valentino postivem Beschluss auch ausdrücklich kritisiert, was fachkundige Beobachter als “ausgewöhnlich” bezeichnet haben.

“Ohne Minus kein Beitrag”

In der haushaltsrechtlichen Logik zwischen DAWI-Leistungen und Beitragsfähigkeit stellt der Stadtratsbeschluss vom Donnerstag daher in den Augen von Valentinos Steuerberater Martin Reiber “einen ganz entscheidenden Punkt” dar. “Die Stadt hat sich jetzt auf DAWI auch für 2017 festgelegt, davon kommt sie nicht mehr weg”. Und daher seien die vom Beschluss erfassten rund 1,8 Millionen Euro aus der Tourismusbeitrags-“Rechnung” der Stadt zu entfernen, so Reiber. Dann aber gebe nicht einmal mehr auf dem Papier ein Minus. Und ohne das darf kein Beitrag erhoben werden.

Valentino freut sich

Daher zauberte die Entscheidung im Rat der Stadt gestern Abend ein breites Lächeln auf das Gesicht Antonio Valentinos, der seit Ende 2017 gegen die aus seiner Sicht “ungerechte Zwangsabgabe” kämpft. Und der sich nun um so mehr auf den Termin am 30. Oktober vor dem Oberverwaltungsgericht freut. “Natürlich fällt dort keine entgültige Entscheidung, da es sich nur um eine Art Anhörung handelt”, dämpft der Gastronom die Erwartungen. “Aber wer da hört, was die Richter fragen und sagen, der weiss natürlich, in welche Richtung es läuft”.

* (DAWI = Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse)

Taxi soll teurer werden

Wenn sich heute der Rat der Stadt zur öffentlichen Sitzung trifft, geht es um 17.30 Uhr in der Kreisverwaltung nicht um den Tourismusbeitrag. Aber er spielt eine Rolle. Denn die Taxiunternehmer begründen ihren Antrag auf Tariferhöhung u.a. mit der “Kostenbelastung mit dem Fremdenverkehrsbeitrag”. Die “Auto-Droschken-Zentrale e.V. (Taxi-Verein)” nennt die Preiserhöhung um 4% eine “Anpassung”.

Preistreiber Eich-Vorschriften

Als Gründe dafür trägt der Verein vor, der seit Jahrzehnten am Europaplatz seine Zentrale hat und die Rufummer (0671) 2333 nutzt, dass sich die Kosten in den zwei vergangenen Jahren weiter erhöht hätten. Wörtlich heisst es im Antrag: “Der Verbraucherpreisindex für Lebenshaltungskosten stieg von 02-2016 (106,5) (Tariferhöhung) zu 01-2018 (109,8) um 3% und der Verbraucherpreisindex Verkehr erhöhte sich von 02-2016 (102,5 ) bis 01-2018 (108,7) um 5,5 %. Die Eich-Vorschriften wurden geändert und insbesondere die Konformitätsprüfung für neue Taxifahrzeuge führt zu einer zusätzlich gravierenden Kostensteigerung.”

Jährliche Anpassungen

Und weiter schreiben Michhael Scholle (Kassierer/Schriftführer) und Frank Ebertz (Vorsitzender): “Zusätzliche, hier noch nicht berücksichtigte, zukünftige Kostensteigerungen sind der Mindestlohn ab 01-2019, die angestrebte Gleichverteilung der Sozialkosten 50:50 auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ähnliches. Um unseren Fahrgästen keine sprunghaft ansteigenden Fahrpreise zuzumuten, die sich durch Preiserhöhungen alle 4-6 Jahre ergeben, möchten wir uns jährlich an den Verbraucherpreisindex für Verkehr und Lebenshaltungskosten orientieren, wie übrigens auch die anderen Verkehrsbetriebe, die jährliche Anpassungen an ihre Fahrpreise vornehmen.”

Tariferhöhung kommt

Es war wie fast immer, wenn es im Stadtrat um Geld geht: Millionenbeträge wurden auch in der Sitzung am 27.9.18 in Sekunden durchgewunken. Wenn es dann um Centbeträge ging, ergaben sich tiefgründige, wortreiche und sachkundige Diskussionen. So bei der Anhörung des Rates zu einer Erhöhung der Taxitarife. Zu der wird es auf jeden Fall kommen. Das machte der zuständige Beigeordnete Markus Schlosser deutlich. Ob diese 4% beträgt, wie die Taxiunternehmer behaupten, oder höher ausfällt, wie die FWG-Fraktion vorrechnete, spielte nur eine Randrolle. Diskutiert wurden die von der Verwaltung präsentierten Vergleichszahlen aus anderen Städten.

Keine Abstimmung

Und das Vertrauen, dass SPD und CDU in seltener Einmütigkeit in die “unternehmerische Verantwortung” der Taxenbetreiber haben. Unbeantwortet blieb die Frage des Stadtratsmitglieds Wilhelm Zimmerlin, der wissen wollte, ob die Bad Kreuznacher Diesel-Taxis eher Dreckschleudern sind oder tatsächlich abgasreduzierte Modelle. Zu einer formellen Abstimmung kam es nicht (laut Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer nur eine “Option”). Durch die zahlreichen Wortbeiträge pro Tariferhöhung sah sich die Verwaltung aber in ihrer Haltung bestätigt. Und der einzige, der letztlich zu entscheiden hat, der Beigeordnete Schlosser, hatte sich seine Meinung ja schon gebildet. So war es dann wie oft: viele konnten Dampf ablassen, es gab einige beabsichtigte und auch unbeabsichtigte Lacher und die Entscheidung stand schon vorher fest.
 

Heiraten fürs Museum

Professor Dr. Heinrich Rüddel hielt sich nicht lange mit theoretischen Konzepten auf. “Viel mehr Hochzeiten” forderte er ganz konkret für das Schlossparkmuseum. Denn wer dort und nicht im städtischen Standesamt heiratet, zahlt für das gediegene Ambiente und den romantischen Fotohintergrund namens Schlosspark vor der Tür extra. Und auf diese Mehreinnahmen hat es das SPD-Stadtratsmitglied abgesehen. Dr. Rüddel ist Mitglied der Arbeitsgruppe (AG) Haushaltausgleich.

Die hatte in ihrer vorletzten Sitzung am 12. Juli 2018 nichtöffentlich schwerpunktmässig die “freiwilligen Aufwendungen” der Stadt unter die Lupe genommen und dazu konkrete Vorschläge gemacht. Am 20.9.18 wurden diese öffentlich im Finanzausschuss vorgestellt. Dabei kam die in Sonntagsreden der Kommunalpolitikler immer mit viel Eigenlob bedachte “museale Einheit” von Schossparkmuseum, Römerhalle, dem Museum für Puppentheaterkultur (PuK) und dem städtischen Kunstraum Install nicht gut weg. Lothar Bastian merkte an, dass die Präsentation der Einrichtungen “nicht den modernen Verwaltungsgesetzen von Kultur entsprechen” und forderte eine “neue Konzeption, die mehr zahlendes Publikum ins Areal bringt”.

Sein Fazit: “wir müssen moderner werden in diesem Bereich”. Und Dr. Rüddel brachte die Kritik der Hauhaltskonsolidierer auf den Punkt: “Da schwingt Kritik an van Bel mit”. Marco van Bel ist der Leiter des Schlossparkmuseums. Verantwortliche Dezernentin für den Museumsbereich ist Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer (SPD). 50.000 Euro Mehreinnahmen fordert die AG für das Jahr 2019, 5.000 Euro noch für 2018. Dazu eine “Neukonzeptionierung der kompletten Museumslandschaft”. Auch an den Ausstellungsraum “Install” wollen die Haushaltssanierer ran.

Install und VHS im Visier

Das Kämmereiamt soll die Aufwendungen für die Jahre 2010 bis 2018 in einer Übersicht zusammenstellen. Aber auch bei anderen Einrichtungen wird jetzt näher hingeschaut. Für das Haus der Stadtgeschichte fordert die AG eine “Investitions- und Folgekostenberechnung”. Ein Einsparpotential sieht man weiterhin bei der Volkshochschule (VHS) der Stadt. Hier werden Minderausgaben oder wahlweise Mehreinnahmen von 50.000 Euro erwartet. Dazu die klare Ansage: Die AG empfiehlt das komplette Kursprogramm auf den Prüfstand zu stellen. Programmpunkte, die in Konkurrenz zu Dritten stehen (z.B. Städtereisen), dürfen kein Defizit erzielen.

Die Stadtbibliothek wird aufgefordert, “organisatorisch alles zu tun, um die Kosten zu reduzieren. Es ist zu prüfen, ob für auswärtige Nutzer höhere Gebühren verlangt werden können”. Hart bleibt die AG auch beim Thema Städtepartnerschaften. Hier lautet die Forderung: “Der Zuschussbedarf ist ab
dem Haushaltsjahr 2019 um 10.000 Euro zu verbessern”. Die selbe Formulierung gilt für die “Park- und Grünanlagen”. Nicht ganz so billig kommt die Kommunale Wirtschaftsförderung davon. Deren “Zuschussbedarf” sei 2019 um mindestens 30.000 zu verbessern.

Beratung in den Fraktionen

Beigeordneter Markus Schlosser, in dessen Verantwortungsbereich die Wirtschaftsförderung fällt, nahm an der Sitzung des Finanzausschusses zwar teil, kommentierte diesen Punkt aber nicht. Es wurde auch kein formaler Beschluss gefasst. Da einzelne Punkte durchaus kommunalpolitische Sprengkraft bergen, verständigte sich der Finanzausschuss einmütig darauf, das Papier der AG zunächst in den Fraktionen beraten zu lassen. Auch Andreas Henschel schwieg. Der SPD-Fraktionschef hatte am 9.4.18 im Ausschuss für Städtepartnerschaften noch angekündigt, sich für die Rücknahme der 10.000-Euro-Kürzung in diesem Bereich einzusetzen. Die erneute Sparaufforderung der AG zu genau diesem Punkt griff er nicht auf. Aber am 20.9.18 wurde ja auch nichts entschieden. So dürfen die ehrenamtlichen Unterstützer der Städtepartnerschaften und die BürgerInnen noch hoffen, dass Henschel Wort hält.

26.9. um 20.30 Uhr: Mainz gegen Wolfsburg

Seit 7 Spielen ist der FSV daheim gegen die Wölfe ungeschlagen. Die unnötige Niederlage in Leverkusen hat die Mannschaft, so der Trainer, eher angestachelt als frustriert. Sandro Schwarz erwartet eine sehr selbstbewusste Wolfsburger Mannschaft, trotz deren Nullinger gegen Freiburg: “Wir müssen die Sturheitbehalten, in unseren Prinzipien zu bleiben”. Einer der beiden Rekord-Torschützen der Mainzer, Yunus Malli, läuft allerdings am Mittwoch für den VfL auf. Wer Interesse an einer Fahrgemeinschaft aus Bad Kreuznach zum Abendspiel (und wieder zurück^^) hat, meldet sich bitte bei carlmees-stroh@web.de.

 

Ortsbeirat Planig tagt am 8. Oktober

 Es geht doch: man kann Tagesordnungen samt Anlagen und Beschlussvorlagen so rechtzeitig vor Sitzungen veröffentlichen, dass Bürgerinnen und Bürger noch ausreichend Zeit haben, um mit ihren Volksvertretern vor Entscheidungen zu sprechen. Ein gutes Beispiel liefert der Ortsbeirat (OBR) Planig. Die Sitzung findet erst am 8.10. um 19 Uhr im Sitzungszimmer des Rathauses statt. Doch die Einladung mit allem drum und dran erreichte diese Seite schon heute mit der Bitte um Veröffentlichung.

Ortsvorsteher Gaul-Roßkopf, der in den vergangenen Monaten oft an Haupt- und Planungsausschusssitzungen teilnahm, um die Interessen seines Stadtbezirkes zu vertreten, hat eine ganze Reihe von Punkten zur Beratung und Beschlussfassung vorgesehen. Einer von vielen wichtigen Punkten ist die unter Tagesordnungspunkt 2 vorgesehene Resolution. Mit ihr möchten die 4 Ortsbeiräte Planig, Ippesheim, Bosenheim und Winzenheim das Institut der “Gemeindearbeiter” retten.

“Kein Arbeitskräftepool”

Dies ist die Resolution im Wortlaut: “Der Ortsbeirat spricht sich klar und unmissverständlich dafür aus, dass das bewährte Konzept mit persönlich zuständigen Stadtteil- Gemeindearbeitern erhalten wird und nicht zu einem unpersönlichen, bürokratischen und unflexiblen Arbeitskräftepool umorganisiert wird. Das alte Konzept hat sich durch persönliche Zuständigkeit, hohe Motivation und Flexibilität der Gemeindearbeiter vor Ort bestens bewährt. Die Ortsvorsteher von Bosenheim, Ippesheim, Winzenheim und Planig haben einstimmig dem Vorschlag zur Änderung eine Absage erteilt. Das vorgeschlagene Konzept führt zu einer Bürokratisierung von internen Abläufen und trägt definitiv nicht zu einer Kostensenkung bei. Bestenfalls wird der Bauhof damit in die Lage versetzt, seine Umsätze – allerdings nur innerhalb der bilanzneutralen internen Verrechnungen – zu optimieren. Die Gemeindearbeiter vor Ort tragen hervorragend zu einem positiven Image einer bürgernahen Verwaltung bei!”

Tagesordnung:

a) Öffentliche Sitzung
1. Einwohner-/ Einwohnerinnenfragestunde
2. Resolution
3. Überprüfung des Tragwerks des Gewölbes im Feuerwehrhaus
4. Ergänzung zum Antrag Bushaltestellen Witterungshäuschen (Antrag der CDU Planig)
5. Gehwegabtrennung auf dem Friedhof (Antrag der CDU Planig)
6. Kabel- und Schlauchrinne (Schwerlast) auf dem Kerbegelände (Antrag der CDU Planig)
7. Straßenbäume bzw. –sträucher (Antrag der CDU Planig)
8. Fahrrad-Landwirtschaftsweg zw. Weinstraße und Sportplatz (Antrag der SPD Planig)
9. Erweiterung des Tempolimits 30 km/h bzw. Zone 30 in der Mainzer Straße (Antrag der SPD Planig)
10. Verwendung des Stadtteilbudgets 2018 (u. a. Antrag der SPD Planig)
11. Mitteilungen/Anfragen
12. Verschiedenes
– Volkstrauertag
– Adventsfenster

b) Nichtöffentliche Sitzung
13. Mitteilungen/Anfragen
14. Verschiedenes

PDF der Einladung mit den Beschlussvorlagen und Anträgen

Fabienne wütet im Stadtgebiet

Die Werkstatt-Schilder am Hela sind jetzt selbst ein Fall für eine Reparatur. Mit über 100 km/h fegte der Sturm Fabienne über das Stadtgebiet. Und die Werbeanlage hielt dem nicht Stand.

Auch die Baustellen-Absperrungen rund um den Kornmarkt konnten dem Wind nicht standhalten und stürzten um. So bekamen Passanten einen unverstellten Blick über den Platz, der fast fertig ausgebaut ist und schon wegen seiner Ebenerdigkeit grösser wirkt als früher.

Knapp 20 Minuten Starkregen flutete die Unterführung am Media Markt. Das hinderte aber nur eine Minderheit der Autofahrer am Durchfahren.

Bauaufsicht verhindert Schlimmeres

Die schönen massiven Holzbalken täuschen über die Dramatik der Situation hinweg. Das Haus Mannheimer Str. 52 steht nur deshalb noch sicher, weil die Bauaufsicht eingriff. Um die Mieter zu schützen wurde schon im Juli 2018 eine Nutzungsuntersagung für die oberen Geschosses ausgesprochen. Das damals in Auftrag gegebene Standsicherheitsgutachten liegt seit letzter Woche vor und führte zur sofortigen Nutzungssperre auch für das Erdgeschoss.

Für die Wohnungsmieter wurden neue Quatiere schnell gefunden. Das Gebäude muss durch zusätzliche Stützen zwischen Erdgeschoss und Ellerbach abgefangen werden. Grund für die Bauschäden sind “äussert unfachmännisch” verbaute Stahlträger, wie die Stadtverwaltung feststellt. Der Abgang des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes drohte. Der Laden im Erdgeschoss, die Ellerbachperle, ist noch auf der Suche nach einer anderen Verkaufsstelle.

Viktoriastrasse: ungewohnt belebt

Tempo 30 gilt noch immer nicht in der Viktoriastrasse. Aber zum ersten Mal haben sich fast alle Autofahrer daran gehalten. Zwar war sogar Tempo 20 ausgeschildert. Aber das hat kaum einer gesehen. Langsam gefahren sind die meisten ganz freiwillig. Denn es gab eine Premiere: etwas zu schauen in dem Innenstadt-Zubringer, der sonst nur zum Durchrasen genutzt wird. Auf einem Teilabschnitt von 300 Metern war am Samstag 22.9.18 zwischen 10 und 14 Uhr nur eine Spur für die Autos frei.

Auf dem zweiten Streifen und den Parkplätzen pulsierte das Stadtleben: viele Kinder spielten, Erwachsene tranken Kaffeen oder aßen. Viele Gespräche wurden geführt. Gewusel und Geschäftigkeit in bisher unbekannter Intensität. Und alles sehr bunt. Mit Musik. Belohnt wurde die Aktion des Verkehrsclub Deutschland, Greenpeace, der Verkehrsclub Deutschland VCD, AJK Alternative Jugendkultur, GässjerFM, Liebenzeller Gemeinde, Anwohner des Pariser Viertels und anderen von der Natur mit strahlendem Sonnenschein und spätsommerlicher Wärme.

Auch Antonio Valentino, der Inhaber vom “Ponte Vecchio” in der Viktoriastr. 26, liess es sich nicht nehmen seine Leckereien ausnahmsweise mal auf der Strasse in der Einfahrt zu seiner Trattoria anzubieten.

Politiker-Luftblasen gabs am Samstag 22.9.18 keine. Statt dessen Denkanstösse und gute Gespräche. Die Aktion fand im Rahmen der 17. Europäischen Woche der Mobilität unter dem sperrigen Namen “Parking Day” statt.

Mit viel Liebe zum Detail wurden für Kinder Spielmöglichkeiten geschaffen. Und die nutzten das mit grossem Spass.

Natürlich gab es auch Kritik. Für jene, die auch in der Steinzeit jeden Fortschritt und alles neue abgelehnt hätten und daher noch heute mit Keule und in Fellen gekleidet durch die Landschaften zögen, sind immer halbvolle Gläser halbleer. Und deren Fixierung auf Auto-Mobilität hat schon etwas krankhaftes. Aber soll man Menschen mit begrenzter Vorstellungskraft und einstirnigen Denkfähigkeiten die Zukunft überlassen? Veranstalter und Teilnehmer der “lebendigen Viktoriastrasse” meinen: NEIN!