Stadt: “Rodungsarbeiten ausschließlich aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht notwendig”

Zusammengefasst und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Zu kaum einem anderen kommunalpolitischen Thema hat es in den vergangenen Jahren so viele Leserreaktionen gegeben, wie zu den Fällarbeiten im Salinental und auf der Schanze an der historischen Stadtmauer (diese Seite berichtete). Beim anhand der Rückmeldungen vergleichbaren Fall war das von der Stadtverwaltung angesprochene Handwerkszeug keine Kettensäge. Sondern ein Hammer. Die damalige Oberbürgermeisterin wollte mit einem Eisbahn-Verbot dem Bad Kreuznacher Veranstaltungs-Entwickler Andreas Schnorrenberger zeigen wo der hängt. Das war der Anfang vom Ende ihrer Amtszeit, die 2022 mit einer Abwahl im ersten Wahlgang endete.

Nicht nur Bäume und Büsche, auf der Schanze wurde teilweise sogar die Grasnarbe entfernt. Laut Stadtverwaltung war das wegen der Verkehrssicherungspflicht erforderlich. Die vom schweren Gerät in Form von Fahrspuren hinterlassenen Stolpferfallen fallen offenbar nicht unter eine Verkehrssicherungspflicht.

Dr. Heike Kaster-Meurer rettete auch nicht, dass sie nach sechs Wochen dem öffentlichen Druck nachgab. Und die Bahn (ohne jede technische Veränderung) öffnen lies. Die Einwohner*Innen hatten aus der Vorgeschichte die richtigen Schlüsse gezogen. Ihr Nachfolger Emanuel Letz müsste daher gewarnt sein. Auch damals war das Stadtbauamt in der Sache federführend. Und das Rechtsamt winkte alles durch. Aktuell setzt die Stadtverwaltung nicht auf einen Hammereinsatz. Sondern auf Kettensägen. Ausgerechnet wenige Monate, nachdem die Stadt endlich eine Baumschutzsatzung für Privatgrundstücke bekam, wird auf öffentlichen Grund und Boden abgeholzt wie nie zuvor.

Erst über 40 Bäume im Salinental. Dazu massenhaft Buschwerk. Und dann der Kahlschlag auf der mittelalterlichen Wehranlage “Schanze” an der historischen Stadtmauer zwischen Casinogarten und Parkplatz Hochstrasse. Während das Projekt im Salinental vor Jahren wenigstens im Ausschuss für Stadtplanung vorgestellt wurde (wenn auch nicht der Umfang der Baumfällungen), wurde der Kahlschlag auf dem stadtgeschichtlich bedeutenden Areal weder beschlossen noch auch nur angekündigt. Es gibt nicht einmal konkrete Pläne. Aber die Bäume und das Strauchwerk sind erst mal weg. Tatsachen wurden geschaffen. Ohne jede Behandlung in den städtischen Gremien.

Das stört die Mehrheit der Kommunalpolitiker*Innen offenbar gar nicht. Seit der Veröffentlichung dieser Seite gab es sogar einen wohlwollenden Kommentar der grünen Stadtratsfraktion (siehe gesonderten Bericht in der heutigen Ausgabe), weil aus dem Wäldchen ein Garten werden könnte. Allein die Fraktion Faire Liste / BüFEP reichte bei der Stadtverwaltung ihren Protest ein. Samt einer umfangreichen Anfrage an die Stadtverwaltung, die bis heute nicht beantwortet ist. In der Zwischenzeit schimpfen die Menschen, dass die Stadtverwaltung Bäume auf Privatgrundstücken per Satzung schützt und zeitgleich mit der Kettensäge quer durch die Stadt holzt.

Wie gross die Erklärungsnot der Stadtverwaltung ist wird auch daran deutlich, dass diese vier Tage brauchte, um auf die Presseanfrage der Redaktion dieser Seite zu antworten. Natürlich nicht substanziell und der Frage angemessen. Die Antwort dürfte von den Einwohner*Innen als Provokation und typische Verwaltungsarroganz verstanden werden. Denn wortwörtlich hält die Verwaltung an ihrer Linie fest: “Die Baumfällungen bzw. Rodungsarbeiten auf der Schanze („Schmerz’scher Garten“) und im Böschungsbereich waren ausschließlich aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht notwendig”. Mit der selben Begründung könnten auch 1.000 Hektar Stadtwald sofort gefällt werden.

Dort ist – nicht nur auf den Wegen, sondern im Wald – an einem Wochenende mehr Publikumsverkehr, als in den letzten zehn Jahren auf der Schanze zusammen. Damit ist klar: die “Verkehrssicherungspflicht” konnte nur für die Bäume am Rand der Schanze gelten. Nicht für die und das Buschwerk auf der rund 1.800 Quadratmeter großen Plateaufläche und den Zuwegungen. Allein der Umstand mit einer solch platten Lüge die Einwohner*Innen täuschen zu wollen, macht deutlich, welches Bild die Verantwortlichen dieser Stadtverwaltung von den Menschen, die hier leben und alles bezahlen, haben.

Der Antwort der Stadtverwaltung auf die untenstehend Anfrage im Wortlaut:

“Die Baumfällungen bzw. Rodungsarbeiten auf der Schanze („Schmerz’scher Garten“) und im Böschungsbereich waren ausschließlich aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht notwendig. Die Bäume befanden sich teils in einem sehr schlechten Zustand. Dazu war vorab ein Gutachten erstellt worden. Für die Zukunft kann sich die Stadt Bad Kreuznach vorstellen, dass der Bereich städtebaulich aufgewertet wird.

Dies wird auch ausdrücklich von Herrn Oberbürgermeister Letz unterstützt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befinden wir uns noch in der Ideenfindung. Die verschiedenen Akteure, die sich für die Aufwertung der Schanze einsetzen, werden wir selbstverständlich beteiligen und an einem Tisch holen. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden die städtischen Gremien informiert und beteiligt”.

Der Antwort der Stadtverwaltung liegt folgende Anfrage zugrunde:

“Anfrage Baumfällungen und Gebüschentfernung auf der Schanze und rund um den Casinogartenparkplatz

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ich kommentiere heute den Kahlschlag auf der Schanze an der historischen Stadtmauer wie folgt:

Bezogen auf diese Maßnahmen bitte ich um Beantwortung nachstehender Fragen:
1. Wieviele Bäume und wieviele Büsche bzw Sträucher wurden in diesem Bereich insgesamt gefällt / entnommen?
2. Wann hat welches Gremium der Stadt diesen massiven Eingriff beschlossen? Wo kann ich das entsprechende Beschlussprotokoll einsehen?
3. Wie hoch sind die Kosten der dort durchgeführten Eingriffe / Fällarbeiten? Wann wurden diese Arbeiten in Auftrag gegeben? Welcher Haushaltsstelle welchen Haushaltsjahres werden diese Kosten belastet?
4. Wann wurde das Projekt “Stadtbalkon” in welchem Gremium der Stadt vorgestellt? Wo sind im Jahr 2024 welche Haushaltsmittel für dieses Projekt eingestellt? Da allein die Treppenanlage und die Gestaltung der Fläche deutlich über 50.000 Euro kosten wird, hätte diesbezüglich eine eigene Haushaltsstelle angelegt werden müssen (auch für Folgejahre). Wieso ist das nicht geschehen?
5. Fand eine Abstimmung der Stadt mit der Denkmalpflege wegen der Entfernung des Bewuchses auf der Schanze statt?
6. Aus welchem Grund wurden auch an den Hängen zum Verwaltungsparkplatz Casinogarten dutzende Bäume und Sträucher / Gehölze entfernt?
Gern nehme ich jede weitergehende Information entgegen. Gruss Claus Jotzo”

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

16.03.2024 – “Fraktion Faire Liste/BüFEP stellt Fragen zum Kahlschlag auf der Schanze”
26.02.2024 – “Verkehrssicherungspflicht a la Stadt: Bäume fällen ja – Treppen reparieren nein”
23.02.2024 – “Stadt hat Kahlschlag auf der Schanze als “Verkehrssicherungsmaßnahme” getarnt”
20.02.2024 – “Kahlschlag auch auf der Schanze an der historischen Stadtmauer”
18.02.2024 – “Kahlschlag im Salinental”