Beratungsstillstand: Stadtrat sagt gestern Abend seinen nichtöffentlichen Teil ab

Bewertung von
Claus Jotzo

Eine zielführende Sitzungsleitung ist einfach nicht die Stärke der Bad Kreuznacher Oberbürgermeisterin. Durch ihre Rechthaberei und fehlende Flexiblität beim Erkennen schwieriger Gesprächssituationen scheitert sie auch nach rund zehn Jahren im Amt immer wieder auch an kleineren Herausforderungen. Zum Beispiel der Leitung einer Stadtratssitzung während einer Pandemie in unter drei Stunden. Und so entscheiden am Ende Zufallsmehrheiten darüber, ob von der OBin selbst als wichtig bezeichnete Themen behandelt werden. Oder eben nicht.

Der leere Blick, nachdem Lukas Wirz vom Hauptamt das Abstimmungsergebnis bekanntgegeben hat: der Stadtrat lehnte gestern um 21:08 Uhr die Behandlung des nichtöffentlichen Teils der Stadtratssitzung ab. Dr. Kaster-Meurer hatte sich einmal mehr selbst ausgetrickst.

Gestern waren es Änderungen der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung, die die Oberbürgermeisterin, koste es was es wolle, durchsetzen wollte. Statt auf breiten Dialog und eine umfassende Aussprache im Vorfeld zu setzen, fand allein eine kurze Vorberatung im Hauptausschuss statt. In dem sind allerdings die meisten der wenigen kritischen Köpfe im Rat der Stadt nicht vertreten. Und so kam es, wie es absehbar kommen mußte: die Generalaussprache zu den Änderungen fand im Stadtratsrund statt. Natürlich sind und waren die Fragestellungen dies wert.

Und natürlich war es nicht Selbstbeschäftigung des Rates, die gestern Abend stattfand. Sondern ein Demokratiediskurs auf hohem Niveau. Aber derartige Diskussionen kosten eben Zeit. Die dann für Sachfragen nicht mehr zur Verfügung steht. Das wurde Dr. Kaster-Meurer allerdings erst gegen 21:08 Uhr klar, als sie nach fast vierstündiger Sitzungszeit, die schon vor Corona als belastend empfunden wurde und in der Durchführungsvariante “Videokonferenz” schlicht eine Zumutung ist, zur Abstimmung aufrief. Nämlich über die Frage, ob nach dem Ende des öffentlichen Teils nichtöffentlich weitergearbeitet werden solle.

Knapp aber wenig überraschend fiel das Votum der gerade noch 39 von eigentlich 45 Stimmberechtigten aus: 20 freuten sich auf das sofortige Ende. Nur 19 wollten weitermachen. Und da waren jene, denen die 218 Minuten schon zu lange andauerten, bereits gegangen. Bzw hatten sich aus der Liveübertragung abgemeldet. Konsterniert stellte Dr. Kaster-Meurer die Frage, wie der aus ihrer Sicht eilbedürftige nichtöffentliche Sachverhalt nunmehr vor der nächsten Stadtratssitzung am 24. Juni beraten werden könne. Und schloss in diesem Zusammenhang wegen der Pfingst-Ferien eine Sondersitzung aus.

Inhaltlich geht es um das Problem der Grundstückserschliessung im Neubaugebiet auf dem Galgenberg. Das Thema ist nicht neu. Es datiert aus dem vergangenen Jahr. Eigentlich besteht es sogar länger. Der von der Oberbürgermeisterin ins Auge gefaßte Lösungsweg (Neuwahl des Gewobau-Aufsichtsrates, ihre Wiederwahl als Aufsichtsratsvorsitzende, ausgestattet mit Doppelstimme im Patt-Fall; dadurch Option das Thema nichtöffentlich in ihrem Sinne durchzusetzen) scheiterte. Denn wegen der Präsenzsitzungsverweigerung der OBin ist die Entscheidung über den Aufsichtsratsvorsitz noch immer nicht gefallen.

U.a. der über Monate weitergelaufene Erschließungsfortschritt erfordert aber nun mal eine Entscheidung darüber, wie mit den Zahlungsverweigerern umgegangen wird. Dr. Kaster-Meurer hat der Stadt diese Suppe eingebrockt. Auslöffeln müssen sie der Stadtrat. Und möglicherweise die Steuerzahler*Innen. Daher wird das Thema in nichtöffentlichen Sitzungen versteckt. Die dazu verteilten Beschlußvorlagen sind zwar individualisiert mit den Namen der jeweiligen Stadtratsmitglieder versehen. Aber es gibt bestimmt den einen oder die andere vertrauenswürdige Pressevertreter*In, die Einsicht erhält. Und so die Öffentlichkeit von der von einigen Wenigen erschlossenen Goldgrube auf dem Galgenberg informiert.