Von Claus Jotzo
Am gestrigen Montagnachmittag tagte der Hauptausschuss der Stadt. Tagesordnungspunkt (TOP) eins der öffentlichen Sitzung waren Anträge aus den Ortsbeiräten. Der Ippesheimer Ortsvorsteher Bernd Burghardt war extra aus diesem Grund in den städtischen Sitzungssaal im Brückes gekommen. Und verfolgte erwartungsfroh die Beratung verschiedener Anträge und Vorschläge aus den anderen Ortsbezirken. Gegen 17:45 Uhr rief der Oberbürgermeister den TOP zwei auf. Da war klar: ein die Allgemeinheit betreffendes Problem kam erneut nicht zurt Sprache:
Die Vermüllung rund um den Ippesheimer See, das vom dortigen Ortsbeirat seit vielen Jahren immer wieder thematisiert wurde. Bernd Burghardt mußte die Sitzung unverrichteter Dinge wieder verlassen. Und verfasste nach hause zurückgekehrt ein Mahnschreiben an die Fraktionen im Rat der Stadt. Wegen der Bedeutung der Sache für die Stadtgemeinschaft insgesamt und zur Dokumentation der ehrenamtlichen Anstrengungen vor Ort und den unterlassenen Tätigkeiten der hauptamtlichen Verwaltung veröffentlichen wir diesen Brief nachstehend im Wortlaut.
Der Brief von Bernd Burghardt iom Wortlaut:
“Sehr geehrte Damen und Herren aus den Fraktionen, die frühzeitige und schriftliche Bitte aus Ippesheim ist leider ignoriert worden, heute im HA einen aktuellen Sachstandsbericht zum Beschluss des Ortsbeirates vom 15. Juni 2023 zu erhalten. Auch auf anderem Wege ist diesem Wunsch bislang nicht entsprochen worden. Das Anliegen ist deshalb an die Verwaltung herangetragen worden, weil ein erhebliches öffentliches Interesse an dem Thema gesehen wird. Dieses wird wie folgt begründet:
Das KrWG (Kreislaufwirtschaftsgesetz) verlangt die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfall. Als Abfall werden alle Stoffe und Gegenstände angesehen, deren Zweckbestimmung entfallen ist, ohne dass ein neuer Verwendungszweck in einer zeitnahen Frist verwirklicht werden kann oder beabsichtigt ist. Zuständig für die Durchsetzung des KrWG ist die Kreisverwaltung – die gleiche Behörde, die durch häufige Geschwindigkeitskontrollen dafür sorgt, dass die StVO eingehalten wird. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Abfall auf städtischen oder auf privaten Parzellen liegt.
Rund um den See in Ippesheim haben wir seit über 25 Jahren eine Menge an Abfall. Daher erscheint die Wiederholung der Frage berechtigt, wie die zuständige Behörde nach diesem langen Zeitraum und trotz mehrfacher Hinweise dafür sorgen möchte, dass das KrWG nun endlich eingehalten wird. Das BauGB (Baugesetzbuch) stuft Lagerplätze als bauliche Anlagen ein. Jedoch sind im Außenbereich Bauvorhaben nur dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die Erschließung gesichert ist UND sie einem land – oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen („privilegierte Bauvorhaben“).
Sonstige Vorhaben können lediglich im Einzelfall zugelassen werden, wenn keine Beeinträchtigungen vorliegen, das ist z.B. der Fall wenn
• keine öffentliche Belange beschnitten werden
• Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht missachtet werden
• Belange des Naturschutzes umfänglich berücksichtigt werden
• das Orts- und Landschaftsbild nicht verunstaltet wird.
Zuständig für die Durchsetzung des BauGB ist die Stadtverwaltung – die gleiche Behörde die beispielsweise bei Parkverstößen Knöllchen verteilt, damit die StVO beachtet wird. Rund um den See in Ippesheim haben wir seit über 25 Jahren einige nicht privilegierte Lagerflächen oder sogar nicht genehmigte Lagerhallen. Erst in den letzten Monaten gewinnt man den Eindruck, dass die Stadtverwaltung immerhin auf ihren eigenen Parzellen für Ordnung und Rechtssicherheit sorgen möchte – z.B. durch den geplanten Abriss eines Containers und Verlegung von Strom-/Telefonleitungen.
Auf den privaten, nicht privilegierten Lagerflächen scheint dagegen lediglich überwiegend umgeräumt worden zu sein, um anschließend den freien Blick auf die Lager mit Sichtschutzzäunen oder Containern zu unterbinden. Insofern stellt sich auch hier erneut die Frage, wie die zuständige Behörde dafür sorgen möchte, dass die umfangreichen Vorgaben des BauGB endlich und nun wirklich ZEITNAH erfüllt werden. Dabei ist die aus Verwaltungssicht sicherlich charmante Lösungsvariante absolut nicht gangbar: Alle Lagerplätze im Außenbereich rund um den See sind mangels Privilegierung formell rechtswidrig. Diese können somit definitiv nicht nachträglich genehmigt werden.
Das öffentliche Interesse begründet sich somit aus der Wahrnehmung eines fortdauernd tolerierten Rechtsbruchs – sowohl das KrWG wie auch das BauGB werden ignoriert. Dazu gesellen sich noch die finanziellen Fragen nach der Kostenträgerschaft bei Ersatzvornahmen, insbesondere wenn kein Verursacher mehr zur Rechenschaft gezogen werden kann, sowie nach den bislang angefallenen und den noch erwarteten Ausgaben. Falls nach dieser wirklich nur knappen Sachdarstellung nun eine der Fraktionen im Stadtrat ebenso der Meinung ist, dass die in der Tat schon wiederholt gestellten Fragen berechtigt sind und nach über 25 Jahren ein öffentliches Interesse an den Antworten deshalb besteht, weil genau wie im Straßenverkehr klare rechtliche Vorgaben und Zuständigkeiten bestehen, diese aber im Unterschied in Ippesheim nicht beachtet wurden, dann wäre das vielleicht eine öffentliche Nachfrage in der nächsten Stadtratsitzung wert.
Das müssen Sie freilich intern entscheiden. Vermutlich wird die von mir gerade gewählte Vorgehensweise in Teilbereichen des kommunalpolitischen Spielfeldes harsche Kritik ernten. Aber was soll man tun, wenn man mit seinen sogar schriftlich verfassten Anliegen und in Umsetzung des vor fünf Jahren abgelegten Amtseides immer wieder – so wie heute – ignoriert wird? Zum Schweigen bin ich definitiv nicht gewählt worden – das war auch nie mein Anspruch. Falls Sie da eine bessere Idee haben, so lassen Sie es meinen Nachfolger wissen. Mit freundlichen Grüßen Bernd Burghardt (Ortsvorsteher)”