Stadtratssplitter vom 21. März 2024

Beobachtet und dokumentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Der Besuch von Sitzungen des Bad Kreuznacher Stadtrates lohnt immer. Schon allein wegen der Bedeutung der Themen, die dort behandelt werden. Ob Streupflicht im Winter, die Baumschutzsatzung oder Steuererhöhungen: die im Rat der Stadt getroffenen Entscheidungen wirken sich konkret in das Leben der Einwohner*Innen aus. Die Sitzungen sind, mit Ausnahme von Personal- und Grundstücksentscheidungen, auch fast alle öffentlich. Die bürgerfeindliche Unhöflichkeit, den nichtöffentlichen vor dem öffentlichen Teil anzusetzen, leisten sich Stadtrat und Stadtverwaltung nur selten. Und in der Stadt beginnen Stadtratssitzungen fast immer um 17:30 Uhr.

Also zu einem Zeitpunkt, der zumindest für den grösseren Teil der arbeitenden Bevölkerung auch wahrnehmbar ist. Das ist nicht selbstverständlich. So tagt etwa der Kreistag fast immer bereits ab 14 Uhr. Auch diese Sitzungen sind formal öffentlich. Aber berufstätige Menschen müßten um diese Uhrzeit Urlaub nehmen, um ihr demokratisches Teilhaberecht wahrnehmen zu können. Ein anderes Problem sind die wenigen zur Verfügung stehenden Sitzplätze. Dem Gesetz nach haben alle Einwohner*Innen der Stadt, das sind aktuell rund 53.000, das Recht an den Sitzungen teilzunehmen. Aber nur für zwei oder drei Dutzend sind Sitzplätze vorhanden.

Das ist ein klares Signal: mehr Bürger*Innen wollen wir gar nicht sehen, sagen damit Rat und Verwaltung. In die selbe Richtung geht die nach wie vor schlechte Ausschilderung der bürgeröffentlichen Sitzungen in den städtischen Sitzungsräumen. Am Donnerstag dieser Woche (21.3.2024) lag das Schild mit dem Hinweis auf die Sitzung gegen 17:10 Uhr beim Eintreffen unseres Fotografen am Eingang auf dem Boden. Ob das symbolisch gemeint war? Jedenfalls sind solche Umstände kein Beitrag gegen die “Schwellenangst”, die Ortsfremde überwinden müssen, um sich einem neuen Sitzungsraum in für sie unbekannter Umgebung zu nähern.

Die Wirtschaft gibt jährlich Milliardenbeträge aus, um potentielle KundInnen in ihre Geschäftsstellen, Läden und an die Schalter zu locken. Weil mit den Menschen dort Geld verdient wird. Bei den Gremiensitzungen der Stadt geht es ja “nur” um Demokratie. Und daran, wie schlecht für die Mitwirkung der Bevölkerung geworben wird, mag man erkennen, wie wenig wichtig den Verantwortlichen und aktuellen MandatsträgerInnen das Thema tatsächlich ist. Das wird auch an einem anderen Fehlverhalten deutlich. Der fortgesetzten Missachtung der Gesetze, Verwaltungsvorschriften und sogar der eigenen, selbst bestimmten Geschäftsordnung des Stadtrates.

Genau so, wie Alfons Sassenroth, es am Donnerstag gemacht hat, sollen Geschäftsordnungsanträge angezeigt werden. Nicht nur, damit diese von der Sitzungsleitung nicht übersehen, sondern auch damit diese von den Zuschauer*Innen wahrgenommen werden können.

Die schreibt etwa in § 23 “Beschlussfassung” Absatz (4) vor: “die Vorsitzende stellt die Zahl der Stimmen fest, die dem Antrag zustimmen, den Antrag ablehnen oder sich der Stimme enthalten”. Das geschieht regelmässig nicht. Nicht nur ein klarer Rechtsbruch und eine Behinderung der Arbeit der Presse. Sondern auch ein klares Zeichen dafür, wie bedeutungslos die Sitzungsleitung Minderheiten einschätzt. Auch mit der Nichtfunktion und Nichtbenutzung der Mikrophonanlage wird die Öffentlichkeit bei der Wahrnehmung von Sitzungen behindert. Aber es gibt natürlich auch Lichtblicke. Wie die vorbildlich regelkonforme Meldung eines Geschäftsordnungsantrages durch Stadtratsmitglied Alfons Sassenroth.