Rüdesheim wurde am 7.6.1969 nach Bad Kreuznach eingemeindet

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Claus Jotzo

In der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag (29.2.2024) gabs bei dieser Aussage Zwischenrufe und Gemurmel im Auditorium: “zum 7.6.1969 wurde Bosenheim nach Bad Kreuznach zwangseingemeindet, gemeinsam mit Planig, Ippesheim, Winzenheim und Rüdesheim”. Rüdesheim nach Bad Kreuznach eingemeindet? Dort sitzt doch die Verwaltung einer eigenen Verbandsgemeinde gleichen Namens dachten viele. Richtig. Aber erst seit 1970. In der Chronik der Ortsgemeinde Rüdesheim / Nahe wird die Episode als Bad Kreuznacher Stadtteil und deren jähes Ende wie folgt beschrieben: “am 7.6.1969 wird Rüdesheim im Zuge der Verwaltungsreform nach Bad Kreuznach eingemeindet.

Unsere Nachbargemeinde will ihr Industriegebiet vergrößern, doch wir wehren uns! Rüdesheim führt nun einen Prozess gegen das Land Rheinland-Pfalz. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet am 17.12.1969 für Rüdesheim. Die Eingemeindung wird wieder aufgehoben. 1970 wird aus der Amtsbürgermeisterei die Verbandsgemeinde Rüdesheim”. Die Kurzfristigkeit der Zwangseingemeindung wurde im Stadtrat nicht erwähnt. Auch nicht der für die Stadt nachteilige Ausgang des Gerichtsverfahrens. In Bosenheim wird dieser Fall sicherlich für Aufmerksamkeit sorgen. Denn in der damals erfolgreichen Rüdesheimer Argumentation und der seinerzeitigen Stellungnahme der Stadt dürften sich Angaben finden, die die Bosenheimer Position stützen.

Stichwort Industriegebiet. Es ist das Bosenheimer Gewerbegebiet, das der Stadt seit Jahren die Kasse füllt. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rüdesheim, Markus Lüttger, hat auf Anfrage bestätigt, dass es in Rüdesheim – wie in Bosenheim – eine Bürgerbefragung gab: “mit 92 % Ablehnungsquote”. Sowohl die Amts- als auch die Ortsgemeinde Rüdesheim zogen 1969 vor den Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz. Dessen Urteil ist ein 100%iger Erfolg für die Rüdesheimer: “§ 11 des 5. Landesgesetzes über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 14.2.1969 widerspricht -soweit die Gemeinde Rüdesheim betroffen wird – der Landesverfassung …,“ wurde laut Markus Lüttger geurteilt.

Der Verbandsbürgermeister zitiert auch ein Detail aus der Begründung. Demnach hätte die Ausgliederung Rüdesheims aus der Amtsgemeinde einen empfindlichen Eingriff in deren gebietskörperschaftliche Struktur dargestellt, die zur Gefährdung deren Weiterexistenz geführt hätte. Weil Markus Lüttger die Begehrlichkeiten aus der Stadt kennt, schließt der Verbandsbürgermeister seine Auskunft mit einer deutlichen, für die Zukunft klarstellenden “Anmerkung”: “Urteile des Verfassungsgerichtes sind absolut rechtsverbindlich!” Es sagt viel aus über die Sichtweise des Umlandes auf die Stadt, wenn ein VG-Bürgermeister eine solche deutliche Ansage für erforderlich hält.

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