Auch Grüne jetzt mit Verständnis für den Protest der Winzer und Landwirte

In der Bundesregierung haben SPD-, FDP- und Grüne-Politiker*Innen für die Abschaffung der Agrardieselrückvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung gestimmt. Bis heute gibt es von keiner der Regierungsparteien auf Bundesebene verbindliche Rücknahmepläne. Ganz anders auf kommunaler Ebene. Da versuchen die roten, gelben und grünen Basisgruppen sich als Opposition zur den jeweiligen eigenen Parteiführungen zu profilieren. So traten gleich mehrere SPD- und FDP-Politiker vor Weihnachten auf der Kundgebung nach der Traktor-Demonstration auf.

Um sich wortreich bei hunderten protestierenden Winzern und Landwirten anzubiedern. Den Nachweis, sich auch innerparteilich mit allen Möglichkeiten für eine Änderung der Regierungspläne einzusetzen, hat kein einziger dieser SPD- und FDP-Politiker bisher erbracht. Grüne Politiker*Innen haben der Öffentlichkeit und den Betroffenen den politisch unglaubwürdigen Kundgebungs-Auftritt immerhin erspart. Die grüne Stadtratsfraktion beschränkt sich auf die Abgabe einer Presseerklärung, die am gestrigen Mittwoch (3.1.2024) bei der Redaktion eingegangen ist.

Diese ist von Hermann Holste unterzeichnet. Darin erklären die Grünen, dass sie “eine übermäßige Belastung der Landwirtschaft ablehnen”. Und eine Kurskorrektur für notwendig halten. Interessant ist das Argument, mit der diese Einsicht begründet wird: “dem selbsternannten Ziel der Ampel-Koalition, bis zum Jahr 2030 den Anteil an Ökolandbau auf 30% auszubauen, läuft der aktuelle Haushaltsentwurf komplett entgegen”. Dieser Hinweis war weder von den lokalen SPD- noch von den örtlichen FDP-Politiker*Innen gegeben worden.

Die Presseerklärung von Hermann Holste für die Grünen im Wortlaut:

“Bündnis 90/ Die Grünen sind gegen die Einsparungen im Bereich der Landwirtschaft: Die Abschaffung der Agrardieselrückvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung hat zu einer erheblichen Verärgerung in der Landwirtschaft geführt. Die Landwirtschaft fühlt sich ungerecht behandelt und unverhältnismäßig belastet. Auch wenn wir den Tonfall und die Wortwahl im Einzelnen in Veranstaltungen gegen unsere Partei, für unangemessen halten, sehen auch wir hier eine Schräglage zu Ungunsten der Bäuerinnen und Bauern, die sachlich nicht gerechtfertigt ist, vor allem das Gerechtigkeitsempfinden massiv stört.

Eine ausgewogene und gleichmäßige Kürzung bei umweltschädlichen Subventionen und Steuererleichterungen über alle Bereiche hinweg wäre der wesentlich sinnvollere Schritt gewesen. Noch besser wäre es, dabei auch zu prüfen, welche tatsächlichen Handlungsalternativen es gibt und wie die jeweiligen Belastungen sich sozial auswirken. Denn es macht nach unserer Sicht einen erheblichen Unterschied, ob Inlandsflüge verteuert werden, die durch eine Bahnfahrt zu ersetzen sind, oder der sich für die mechanische Entfernung von Unkräutern benötigte Agrardiesel verteuert.

Die Verteuerung könnte nämlich dazu führen, dass die mechanische Bearbeitung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Einsatz von Glyphosat ersetzt würde. Innerhalb der Landwirtschaft wären Bio-Bauern durch die Haushaltsbeschlüsse besonders betroffen, da sie die Unkräuter überwiegend mechanisch beseitigen. Ein Rückgang der Biobetriebe und zunehmender Einsatz der chemischen Keule wäre womöglich die Folge. Dem selbsternannten Ziel der Ampel-Koalition, bis zum Jahr 2030 den Anteil an Ökolandbau auf 30% auszubauen, läuft der aktuelle Haushaltsentwurf komplett entgegen. Daher lehnen wir eine übermäßige Belastung der Landwirtschaft ab und halten eine Kurskorrektur für notwendig”.

Aktualisierung am 4.1.2024 um 23:45 Uhr:

Mit Email vom 4.1.2024 um 12:24 Uhr hat Hermann Holste “zur Vermeidung von Irritationen” mitgeteilt, “dass der Text in der Presseerklärung ausschließlich die Meinung unserer Stadtfraktion wiedergibt”.