Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo
Kreis und Stadt stecken mitten in einer veritablen Finanzkrise. Die ADD hat beiden kommunalen Gebietskörperschaften die Etatgenehmigung verweigert. Vollkommen zu recht. Denn beide Haushalte für 2023 sind leicht erkennbar rechtswidrig. In diesem Jahr erbrachte Leistungen werden auf Pump finanziert. Nachfolgenden Generationen wird so der Handlungsspielraum beschnitten. Ursache der Misere: weil unsere Kommunalpolitiker*Innen nicht nein sagen können. Und weil es an Fachkompetenz und einem klaren Blick auf die Lebensrealität fehlt.
Natürlich trifft zu, dass das Land und der Bund den Kommunen Aufgaben abverlangen, ohne die dafür nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Richtig ist aber auch: sowohl im Kreis als auch in der Stadt werden Millionenbeträge verplempert. Beispiel ÖPNV. Obwohl vom Land noch heute keine belastbare Zusage für Zuschüsse vorliegt, haben sich Kreis und Stadt bereits vor zwei Jahren hemmungslos in das Abenteuer Kommunalisierung des Busverkehrs gestürzt. Und dabei – ohne einen Cent in der Tasche – die ganz große Lösung realisiert.
Die Folge: seit Monaten fahren leere Busse durch Stadt und Kreis. Und ein Millionendefizit ein. Hier hätte allein die Stadt von Anfang Millionen Euro im Jahr sparen können. Mehr als die Hälfte des aktuellen Haushaltsdefizites. Beim Jugendamt ist zwar das Land für das Desaster verantwortlich. Aber: warum hat die Stadt nicht längst gegen die krass ungerechte Regelung geklagt? Warum wurden Landtagsbeschlüsse, die ein Ausbluten der Stadtfinanzen bewirken, nicht längst massiv politisch angegriffen?
Und juristisch? Der vorgestern veröffentlichte Brandbrief an Malu Dreyer ist ein Offenbarungseid von Landrätin und OB. Die an die Ministerpräsidentin gerichtete Aufforderung, die Defizithaushalte durchzuwinken, ist nichts anderes als der öffentliche Aufruf zum Rechtsbruch. Das macht deutlich: auch Bettina Dickes und Emanuel Letz wollen sich immer noch nicht der Realität stellen. Diese ist: ein wesentlicher Teil der finanziellen Probleme – zumindest der Stadt – sind hausgemacht.
Das Gesetz schreibt den Haushaltsausgleich nicht einfach nur so als Selbstzweck vor. Sondern es schützt damit die Interessen der nachfolgenden Generationen. Unserer Kinder und Enkelkinder. Die können sich, etwa wegen fehlenden Stimmrechts bei Wahlen, gegen Fehlentscheidungen heute zu Lasten ihrer Zukunft nicht wehren. Damit ist die Pflicht zu ausgeglichenen Kommunalhaushalten genau so wichtig, wie nachhaltiger Klimaschutz. Leider hat ein Teil der Klimaschützer das bisher nicht verstanden:
Wenn wir jetzt (Achtung: Übertreibung) alles kaputtmachen, das Land deindustrialisieren und die Schulden in die Höhe treiben, dann gibt es in der in 50 Jahren so geretteten Umwelt keine Gesellschaft mehr, die demokratischen und modernen Ansprüchen genügt. Gefunden werden muss ein Weg, auf dem Gesellschaft und Umwelt gleichzeitig gerettet werden.