Femizid in der Ellerbachstrasse: 44jährige getötet

Von Claus Jotzo

Am gestrigen Mittwochmorgen (24.4.2024) wurde in der Ellerbachstrasse in Bad Kreuznach von Rettungskräften eine durch mehrere Messerstiche schwer verletzte Frau aufgefunden. Beim Eintreffen der Polizei und des Notarztes war die 44jährige bereits nicht mehr bei Bewusstein. Die Wiederbelebungsversuche scheiterten. Die Frau verstarb noch in der Wohnung. Dem SWR gab die Polizei die Erklärung, dass einer der Söhne des Opfers die Rettungskräfte gegen 9 Uhr alarmiert habe. Dringend tatverdächtig ist der 55jährige Ehemann der Frau.

Dieser befand sich in der Wohnung und wurde vorläufig festgenommen. Auf Verlassung der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach wird der Mann voraussichtlich am heutigen Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Der entscheidet, ob der Mann in Untersuchungshaft genommen wird. In einer bereits etwa eine Stunde nach der Tat veröffentlichten Presseerklärung des Mainzer Polizeipräsidiums stellte dieses erfreulich schnell klar, dass “für die Bevölkerung keine Gefahr besteht”. Und keine Fahndung nach etwaigen (Mit-)Tätern laufe.

Dem SWR erklärte die Polizei, dass ihr die Familie bisher nicht aufgefallen sei. So habe es bisher keine Ermittlungen etwa wegen häuslicher Gewalt gegeben. Die Hintergründe für die Tat und auch der Ablauf seien noch unklar. Die Kriminalpolizei ermittelt. Dieser Eindruck wurde der Redaktion dieser Seite von mehreren Anwohner*Innen bestätigt, die die Familie als “mit Migrationshintergrund” und als “unauffällig” beschreiben. Die Tötung von Frauen durch ihre Partner und / oder Ex-Partner wird als Femizid bezeichnet.

Während die entsprechenden Verbrechen in Deutschland seit dem II. Weltkrieg strafrechtlich konsequent als solche verfolgt werden, gehören Femizide in weiten Teilen der Welt aufgrund des dort nach wie vor verbreiteten Frauenbildes als Menschen zweiter Klasse zum gesellschaftlichen Alltag. In vielen asiatischen und afrikanischen Staaten ermöglicht der sozio-kulturelle Kontext eine Verharmlosung dieser Verbrechen. So werden dort Täter von Gewaltverbrechen an Frauen dort viel seltener zur Verantwortung gezogen und bestraft, als hierzulande.

Statt dessen werden, vielfach auch von gefügigen Mitfrauen, die sich minimale Vorteile von ihrer Unterwerfung unter männliche Machtfantasien versprechen, Entschuldigungen für die Taten gesucht und ausgesprochen. Und die misshandelten oder getöteten Frauen etwa für die an ihnen verübten Verbrechen mit- oder sogar alleinverantwortlich gemacht. In diesen Ländern werden – teils auch staatlich abgesegnet – an Frauen verübte Verbrechen als private Angelegenheit gesehen, die innerfamiliär oder im Klan oder in der Dorfgemeinschaft zu regeln seien.

Statt durch die öffentliche Strafjustiz. Ein grosses Versagen der deutschen Integrationspolitik liegt in der Unterlassung, den nach Deutschland geflüchteten Männern unmissverständlich klarzumachen, dass ihre bisherigen Vorstellungen von “Ehre”, “Familie” und ihr Frauenbild in diesem Land unzulässig sind. Das schlechte Vorbild eines Teils dieser zugewanderten Personen (und auch durch das unterwürfige Verhalten eines Teils der geflüchteten Frauen) hat gesellschaftliche Folgen. Eine Rückentwicklung in überwunden geglaubte Zeiten.

Denn dem einfach strukturierten und / oder ohnehin gewalttätigen Teil der männlichen Bevölkerung ohne sozio-kulturellen Migrationshintergrund wurde so das Ausleben entsprechender Wahnvorstellungen erleichtert (“wenn die das dürfen …”). Auch weil jene, die sich explizit für Geflüchtete einsetzen, bis heute die Tatsache, dass Femizide überdurchschnittlich von Männern mit Migrationshintergrund verübt werden, leider verschweigen. Und damit eine offene gesellschaftliche Diskussion über dieses Thema und seine Hintergründe verhindern.

Leider leistet auch die amtliche Statistik dieser Wirklichkeits- und Faktenverdrängung Vorschub. Denn dort wird zwar zwischen deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen unterschieden. Aber bei den deutschen Tatverdächtigen wird ein eventueller Migrationshintergrund nicht angegeben. So sind es allein die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft, die jeweils nur regional und aus persönlicher Kenntnis konkreter Fälle über dieses Wissen verfügen. Was dazu führt, dass das Thema gesamtgesellschaftlich unfassbar niedrig gehängt wird. Um das zu verdeutlichen:

Im langjährigen Durchschnitt werden in Deutschland deutlich weniger als drei Kinder im Jahr entführt, sexuell missbraucht und zur Verdeckung der Tat getötet. Jedes einzelne dieser Schicksale ist natürlich grausam und zuviel. In jedem dieser Fälle gibt es einen bundesweiten Medienzirkus. Eine grosse Aufmerksamkeit. Eine gesellschaftliche Ächtung der Täter, was auch zu einer täterabschreckenden Wirkung beträgt. Ebenfalls seit Jahren werden in Deutschland JÄHRLICH über 100 Frauen durch die Hand ihrer Partner oder Ex-Partner getötet.

In fast allen Fällen ohne jedes bundesweite Aufsehen. Ohne einen gesellschaftlichen Aufschrei. Ohne eine gesamtgesellschaftliche Ächtung der Täter. Ein Indiz für die falsche Einschätzung des Problems liefert die amtliche Statistik. Erst seit dem Jahr 2015 wertet das Bundeskriminalamt (BKA) die Gewalt in Partnerschaften in Deutschland statistisch aus. Für Vergehen wie Ladendiebstahl gibt es bereits seit Jahrzehnten amtliche Daten … Weil Ladendiebstahl eben ein Thema ist, das viele interessiert.

Mord und Totschlag an Frauen offenbar nicht. 135 getötet in 2015, 155 in 2016, 147 in 2017, 122 in 2018, 117 in 2019, 139 in 2020 und 113 in 2021. Gestern kam für die Statistik ein Fall in Bad Kreuznach hinzu. Wann wird das endlich Konsequenzen haben? Vielleicht nehmen die Landtagsabgeodneten im Wahlkreis das gestrige Verbrechen zum Anlass, endlich eine Landesinitiative zur transparenten Erfassung von Gewalt in Partnerschaften zu starten. Immerhin gibt es für akute “Gewalt gegen Frauen”-Fälle ein bundesweites Hilfetelefon: (0800) 01 16 016 (24 Stunden am Tag besetzt).

AKTUALISIERUNG am Freitag, 26.4.2024, 1:25 Uhr:

Das Landgericht Mainz hat am gestrigen Donnerstag (25.4.2024) einen 54 Jahre alten Mann wegen der Tötung seiner Frau zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht ging nach eigenen Angaben in seinem Urteil von Mord aus. Als Mordmerkmal wurden “niedrige Beweggründe” angenommen. Angeklagt von der Staatsanwaltschaft war ein Totschlag. Der Verurteilte ist ein gebürtiger Iraker. Nach den Feststellungen des Gerichtes hat der Mann seine Frau im August 2023 während eines heftigen Streits in der ehelichen Wohnung mit einer Mullbinde stranguliert. Das Opfer verstarb Wochen später in einmer Klinik. Aktenkundig ist, dass der Mann in der Vergangenheit wegen gefährlicher Körperverletzung zu Lasten seiner Frau zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden war.