Corona-Witwer wirft “Spaziergänger*Innen” Hochmut vor

Gastbeitrag von
Stefan Butz

Den Fokus auf die durch Covid 19 in aller Schärfe deutlich gewordenen Probleme im medizinischen Bereich legen, wollen die Initiator:innen der wöchentlichen Corona-Mahnwache auf dem Kornmarkt, die unter dem Motto „Klar denken statt quer spazieren“ steht. Der Aufruf der Vorwoche, dass Pfleger:innen und Ärzt:innen ihre Berichte und Erfahrungen vortragen sollten, trug Früchte. Dr. Anja von Buch, Vorsitzende der Kreisärzteschaft, berichtete von ihren Erfahrungen als Hausärztin.

Dr. Anja von Buch

„Wir haben miteinander gearbeitet, um die Pandemie so gut es ging im Zaum zu halten“, lobte sie den kollegialen Zusammenhalt der Ärzt:innen im Landkreis. Sie berichtete auch von den vielen schwierigen, teils belastenden Gesprächen, die Hausärzt:innen in den vergangenen Pandemie-Jahren führen mussten. Judith Schneider, Krankenhausseelsorgerin des Diakonie-Krankenhauses, sandte vorab, wie auch zwei weitere Mitarbeiter:innen der Diakonie, einen Bericht an PBK, das auf dem Kornmarkt verlesen wurde:

Linus Otto

„Wir von der Seelsorge waren bei den isolierten Patienten. Sie kämpften mit der Luft, waren verzweifelt. Die Sehnsucht nach Zuwendung war riesengroß in dieser Zeit der Ungewissheit.“ Ebenfalls verlesen wurde der Bericht einer Stationsleiterin des Diakoniekrankenhauses. Sie berichtete von vielen coronabedingten „Verlegungen auf die Intensivstation in nie zuvor erlebter Häufigkeit – und aufgrund von Kapazitätsmangel auch auf Intensivstationen in 50, 60, 70 Kilometern Entfernung – und am Ende mit der Vorahnung, dass der Patient es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überlebt.“

Weitere Einsichten in den Krankenhausalltag bot der verlesene Bericht einer Krankenschwester der Diakonie: „Man selbst ist alles für den Patienten: die Schwester, die Stütze, das Ventil, das Sprachrohr zur Außenwelt.“ Zudem hieß es: „Noch nie habe ich selbst so viele Menschen gesehen, die sich in kürzester Zeit so rapide verschlechtert haben und auch gestorben sind.“ Spontan berichtete ein älterer Herr vom Verlust seiner Ehefrau, die sich wie die Krankenschwester aus dem zuvor verlesenen Bericht, bei der Arbeit in der Diakonie mit Corona infizierte.

Stefan Butz

Eine 56-jährige Ehe wurde so abrupt beendet. „Was geht in diesen Leuten vor?“ fragte er rhetorisch die Corona-Leugner:innen und Spaziergänger:innen und warf ihnen Hochmut vor. Einen politischen Blick auf die Pandemie warfen Linus Otto von der Linksjugend Solid und Klima-Aktivist Fabian Zimmermann. Otto fand es „unfassbar, wie ignorant diese Spaziergänger:innen sind“. Zimmermann verwies auf eine historische Perspektive und zog einen Vergleich zur Klimakatastrophe: In bestimmten Millieus führten Ohnmachtsgefühle nicht zu Zusammenhalt, sondern zu „autoritären Denkmustern“.

Stefan Butz arbeit ehrenamtlich im Rat der Stadt Bad Kreuznach mit (Wählervereinigung Progressives Bad Kreuznach e.V.) und ist Initiator der Montags-Mahnwache auf dem Kornmarkt

Ein Teilnehmer der Mahnwache nahm während der Veranstaltung medizinische Hilfe in Anspruch.