Laura Ludwig setzt Pfandringe an Mülleimern als einjähriges Testprojekt durch

Die Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag der CDU-Fraktion liest sich nicht positiv. Das Stadtbauamt weist auf die Erfahrung anderer Kommunen hin, die die Pfandringe bereits getestet haben. Und bewertet deren Verwendung “kritisch”. So nimmt laut Stadtverwaltung nach den Berichten anderer Städte “erfahrungsgemäß die Verschmutzung zu”. In die Pfandringe werde oft anderer Abfall wie Pizzakartons oder kaputte Glasflaschen gestopft. Außerdem verführten in die Halter gesteckte Glasflaschen dazu die Flaschen zu zertrümmern und Scherben zu produzieren. Zudem gebe es ein praktisches Problem:

Die bisherigen Modelle seien nicht kompatibel mit den Bad Kreuznacher Abfalleimern. Vor Ort würden viele unterschiedliche Modelle verwendet. Manche Modelle werden zum Entleeren nach vorne gekippt, was mit dem umgebenden Pfandring nicht funktioniere. Die Stadtverwaltung hat auch ermittelt, wer auf die Idee mit den Pfandringen kam: der Kölner Designer Paul Ketz wollte vor gut sechs Jahren das Flaschensammeln menschenwürdiger machen. Sein Ansatz: Passanten könnten so ganz ungezwungen bedürftigen Mitmenschen ihre Flaschen “spenden”. Ausgerechnet in “seiner” Stadt scheiterte Anfang 2016 der Pfandring nach einer einjährigen Testphase.

Die Flaschensammler in Köln, so die dortigen Abfallbetriebe, griffen trotzdem weiter in die Mülleimer. Außerdem dauerte es 30 Prozent länger, einen Mülleimer mit Pfandring zu leeren als einen ohne – also alles in allem nicht praktikabel. Auch das Beispiel der Stadt Karlsruhe wurde angeführt. Die hatte bereits 2014 das neue System ausprobiert: Am Friedrichsplatz im Stadtzentrum wurden zwei Pfandringe – Stückpreis 350 Euro – montiert. Nach gut einem Jahr stand auch hier fest: Das hatte einfach wenig gebracht, die Ringe wurden kaum mit Pfandflaschen bestückt. Die Stadtverwaltung weiter: ganz unumstritten ist die auf den ersten Blick pfiffige Idee des Kölners Ketz nicht:

Verwaltung: im Vorbeigehen abgreifen

Denn es wäre ja auch denkbar, dass auf einmal ganz andere als die Flaschensammler nach dem Pfandgut greifen – um sozusagen im Vorbeigehen noch ein paar Cent abzugreifen. Aus Nürnberg wurde – ganz im Sinne dieser Befürchtung berichtet, dass sich die Sammler dort vor der neuen Konkurrenz fürchteten. In der Frankenmetropole lehnte der Gemeinderat schließlich die Pfandringe ab, duldete aber private Initiativen. Dieser eher ernüchternden Darstellung stellte Laura Ludwig (CDU) in ihrer Antragsbegründung ihre persönliche Erfahrung gegenüber. Einem Pfandsammler in Berlin habe sie zwei Plastikflaschen geschenkt. Und der habe sich sehr gefreut und erklärt, mit den 50 Cent könne er sich jetzt bei der Tafel ein Abendessen kaufen.

Ludwig: “einsetzen, wo Frequenz ist”

“Der eilige Passant oder Tourist hat keine Gelegeheit, das Pfand einzulösen”, hat Laura Ludwig beobachtet. Mit den Pfandringen möchte sie “das unwürdige Suchen im Müll” beenden. Und die Gefahr, die dadurch für die Sammler durch Glas und andere Gegenstände im Müll ausgehe. Ihr Vorschlag ermögliche zudem “aktive Ressourcenschonung und Umweltschutz”. Die Pfandringe müßten “da eingesetzt werden, wo Frequenz ist, zB am Bahnhof”. Und zwar auch in unterschiedlichen Modellen, um Erfahrungen zu sammeln: “Modelle um den Mülleimer, Modelle um Laternne und auch das Rüttelbrett eines Winzers.” Ihr Fazit: “man muß das ganze testen und dazu so einfach wie möglich gestalten”.

Fechner: “es ist total entwürdigend”

Auch Jörg Fechner (AfD) bewertete das Suchen nach Flaschen im Müll als “unwürdig”. Zog daraus aber eine ganz andere Konsequenz. Er lehnte den Vorschlag “total ab” und bezeichnete ihn als “einfach unbegreiflich für mich”. Der Ansatz sei schon in vielen Gemeinden getestet worden. Und gescheitert. “Wieso hier erneut testen, um es erneut scheitern zu sehen?”. Fechner warf die Frage auf, “wieso müssen so viele Menschen in unseren Land im Müll wühlen. Es ist total entwürdigend, dass die Menschen überhaupt im Müll wühlen müssen.” Und am Ende holten sich die Flaschen nicht die Bedürftigen, sondern die Falschen. Damit handelte sich Jörg Fechner heftigen Widerspruch von Günter Meurer (SPD) ein.

Meurer: “hervorragende Idee”

Der war voll des Lobes für die “hervorragende Idee” und sah “da ein paar schicke Sachen, die das Stadtbild vielleicht auch ergänzen”. Seiner Begeisterung verlieh Meurer in mehreren Wiederholungsschleifen Ausdruck, von der wir nur die letzte zitieren: “finde ich einen ganz geschickten, intelligenten Ansatz. Warum soll es denn nicht hier in Bad Kreuznach klappen? Wenn man das mit dem Ansatz, dass man das etwas geschickter darstellt einfach in unserer Gesellschaft besser platziert und insofern glaube ich schon das ein Jahr man das ruhig und gerne ausprobieren könnte. Weil in anderen Ländern gibts halt son Pfandsystem nicht und ich denke schon in diesem Land kann man dieses Pfandsystem auch so nutzen, dass man es besser nutzt, damit diese Dinge auch in diesen Kreislauf wieder eingespeist werden und ich denke schon, das wir dieses System einfach mal für ein Jahr mit dieser guten Idee unterstützend das besser in die Menschen zu platzien einfach mal auszuprobieren. Insofern kann ich den Ansatz nur unterstützen”.

Kämpf: “wir brauchen Gerechtigkeit”

Robert Kämpf (Die Linke) überzeugte Meurer damit nicht. Kämpf schloß sich Fechner an: “ein System, dass gescheitert ist, brauch man nicht zu diskutieren. Wir brauchen Gerechtigkeit. Wir brauchen guten Lohn für gute Arbeit. Dann ist das Problem weg”. Juliane Rohrbacher bezog sich auif ihre Erfahrungen auch aus der Kneipenszene. Daher weiß sie, dass Flaschen als Hilfsmaßnahme für Sammler auch manchmal unter den Mülleimer gestellt werden. “Ich unterstütze den Antrag voll und ganz”. Die sitzungsleitende Oberbürgermeisterin gab der Verwaltungsstellungnahme dann eine ganz andere Richtung.

“Gagliani kann so was”

Sie kündigte an, dass Stadtplaner Bettino-Hans Gagliani (“der kann so was”) einen Entwurf macht, der dann in den Lebenshilfewerkstätten oder denen der kreuznacher diakonie gelasert werde. In der Vorlage stünde etwas von 350 Euro – “dafür bekommen wir ein paar Pfandringe finanziert”. Schlußredner Hermann Holste (Grüne) wies Robert Kämpf und Jörg Fechner darauf hin, dass “wir das tun müssen, was wir vor Ort tun können”, lobte den “guten Vorschlag” und kündigte seine Jastimme an. Dem folgte der Planungsausschuß am Dienstagabend mit großer Mehrheit.