Inkompetenz behindert die Ratsarbeit

Recherchiert und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Der verstorbene frühere Stadt-Beigeordnete Horst Pfeifer (“Fliegen-Pfeifer”) hat den Satz in seiner kommunalpolitischen Karriere wohl tausendfach ausgesprochen: “der Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung”. Ganz so leicht ist es natürlich nicht. Aber der Rat Pfeifers half in dutzenden von Fällen bei der Konfliktlösung. Wer Woche für Woche das Affentheater über Abstimmungsmodi in den städtischen Gremien miterleben muss, wünscht sich Horst Pfeifer und seinen Weckruf dringlich zurück. Besonders peinlich ist, dass über längst und eindeutig geklärte Verfahrensfragen immer wieder aufs neue gestritten wird.

Während erste Abstimmungen bereits durchgeführt waren und die Ratsmitglieder mitten in einem weiteren Abstimmungsverfahren sich befinden, werden an einige Ratsmitglieder gelbe Abstimmungskarten erst ausgegeben. Gerhard Merkelbach und Wilhelm Zimmerlin (rechts) schauen erstaunt zu.

Es waren der OB und die 44 anderen Stadtratsmitglieder, die sich eine Geschäftsordnung gegeben haben. Gelesen hat die aber wohl kaum eine(r). Denn Sitzung für Sitzung wird gegen die darin festgelegten Regeln verstoßen. Da herrscht in der Affenanlage des Frankfurter Zoos mehr Ordnung. Bei den Etatberatungen Anfang November wurde sogar mehrfach die Abstimmung über Anträge verweigert mit der Begründung, der jeweilige Verwaltungsvorschlag sei weitergehend. Eine “Begründung”, bei der es Geschmackssache ist, ob man diese eher wegen ihrer Arroganz oder wegen ihrer Rechtswidrigkeit zurückweisen muss.

Denn wie zu verfahren ist, steht klipp und klar in § 24, Absatz 3: “über Abänderungsanträge ist vor den Hauptanträgen abzustimmen”. Um es für einfach Strukturierte und / oder Desinteressierte zu übersetzen: liegt ein Änderungsantrag vor, ist über den IMMER abzustimmen. Und NIE ist der in Form einer Beschlußvorlage vorgelegte Verwaltungsvorschlag gegenüber einem Änderungsantrag weitergehend, weil “weitergehend” nur ein Abgrenzungskriterium entweder unter Geschäftsordnung- oder unter mehreren Änderungsanträgen zur selben Sache ist.

In der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag (24.11.2022) wurde wertvolle Sitzungszeit einmal mehr mit Dummgelaber vertan. Leider waren es hochbezahlte Verwaltungsmitarbeitende, die sich daran beteiligten und das Elend verlängert und vertieft haben. Schon im Vorfeld der Sitzung wurden schwerwiegende Rechtsfehler gemacht. Die sich im ersten öffentlichen Sitzungsteil in höchst unerfreulicher Weise noch steigerten. Das begann schon mit simplen handwerklichen Fehlern. So wurden Abstimmungen durchgeführt zu einem Zeitpunkt, als die gelben Stimmkarten noch gar nicht alle verteilt waren. Das geschah erst während einer weiteren Abstimmung (Bild oben).

Entgegen der wörtlichen Vorschrift in § 35 der Gemeindeordnung, dernach alle Entscheidungen darüber, ob ein Tagesordnungspunkt vom nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil überführt wird, nichtöffentlich zu fallen haben, wurde das am 24.11.2022 in öffentlicher Sitzung entschieden. Interessant wird auch die Antwort auf die Frage, ob es zulässig war, dass die Stadt zu einer öffentlich eröffneten und über 20 Minuten lang entsprechend geführten Sitzung mit dem ausdrücklichen Hinweis “nichtöffentlich” eingeladen hat.

Ein großer Dank ist in diesem Zusammenhang an Marc Bremmer (“Gässjer FM”, “kreuznachgehoert.de”) zu richten. Aufgrund seines Engagements für die Sache befand er sich – trotz der entgegenstehenden irreführenden Einladung durch die Stadtverwaltung – am 24.11.2022 bereits um 17:30 Uhr im Sitzungssaal der Kreisverwaltung und daher in der Lage, auch den ersten öffentlichen Teil für die Einwohner*Innen zu dokumentieren. Er hat damit relevante Fakten, die in verschiedenen Rechtsverfahren noch große Bedeutung erlangen werden, für die Öffentlichkeit gesichert.

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24.11.22 – “Peinlich: Stadt erklärt “öffentlich” eingestufte Vorlage zur Geheimsache”