Der Fall Faust-Haus beweist: Denkmalschutz geht auch unbürokratisch

Von Claus Jotzo

Als der Wiesbadener Gastronom Mohammad Barazandeh 2020 das historische Faust-Haus von Rosemarie Jacob kaufte, warnte ihn sein Architekt. Mit Hinweisen auf den erheblichen Sanierungsaufwand. Und die Tatsache, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Der deutsche Gastronom mit persischen Wurzeln unterschrieb trotzdem beim Notar. Und hat das bis heute nicht bereut. Auch wenn sich vor rund vier Wochen ein Mitarbeiter der städtischen Bauaufsicht bei ihm persönlich vorstellte. Und nach der Genehmigung für die neben dem Haupteingang angebrachte Hinweistafel auf die stadtgeschichtlich bedeutende Nutzung des Hauses fragte.

Die konnte Barazandeh nicht vorweisen. Und wurde daher höflich aber bestimmt an die Kreisverwaltung verwiesen. Dort ist die für Häuser in Bad Kreuznach zuständige Denkmalschutzbehörde ansässig. Der Gastronom schrieb daher an Landrätin Bettina Dickes, die sich 2022 die Zeit genommen hatte, an der Eröffnung des “Shiraz-Faust-Haus” teilzunehmen (t-s-n.de berichtete). Die Verwaltungschefin hielt sich nicht lange mit Höflichkeiten auf, sondern interpretierte das Schreiben als nachträglichen Antrag und leitete diesen an die Fachbehörde und deren Leiter Dirk Reimann weiter. Der übermittelte Barazandeh einige Fragen.

Ausgerechnet die 2022 vom denk-mal Bad Kreuznach e.V. gestaltete Gedenktafel an die von der Stadtverwaltung über Jahrzehnte vernachlässigte Bedeutung des Hauses für die rheinland-pfälzische Landesgeschichte wurde zum Anlass einer bürokratischen Initiative des Stadtbauamtes. Die vom Denkmalschutz der Kreisverwaltung schnell und schmerzlos entschärft wurde.

Und erteilte unter Bezugnahme auf die Antworten vom 27.7. und 31.7.2024 bereits am 7.8.2024 die erforderliche Genehmigung. Deren letzter Satz lautet: “die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei”. Mohammad Barazandeh legt besonderen Wert darauf, dass die Bearbeitung durch die Kreisverwaltung nicht nur sehr schnell erfolgte. Sondern rein an der Ssache orientiert war und keinerlei formalistisch-bürokratischen Eindruck vermittelte: “so sollte eine öffentliche Verwaltung immer sein”. Aus Sicht des Gastronomen ist die von ihm wahrgenommene konstruktive Grundeinstellung der Denkmalschutzbehörde des Kreises eine Garantie für den Erhalt möglichst vieler alter Häuser.

“Wer Denkmalschutz als Selbstzweck formalistisch zelebriert, wird am Ende viel weniger historische Gebäude retten, als derjenige, der Investoren gewisse – sachgerechte – Spielräume gibt.” Wie recht der Wiesbadener Gastronom mit seiner Einschätzung hat, kann in der historischen Neustadt Bad Kreuznachs, also nur wenige Meter vom Faust-Haus entfernt, öffentlich besichtigt werden: in der Poststrasse war es die Stadt selbst, die ein altes Gemäuer abreissen liess. Weil sich über 10 Jahre lang keiner fand, der sich an die Sanierung traute. Und in der Lämmergasse fiel ein stadtbildprägendes Haus aus ähnlichen Gründen Baggern zum Opfer.