Progressive freuen sich über Platz als zweite Stellvertreterin für Jessica Richter

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Bescheidenheit ist eine Zier. So gesehen ist die Freude von Progressives Bad Kreuznach (PBK) über ihren “ersten, ganz unspektakulär verbuchten Erfolg” verständlich. Die kommunalpolitischen Newcomer beziehen sich damit auf die Ausschußbesetzung in der konstituierenden Stadtratssitzung (diese Seite berichtete gestern).

19jährige FFF-Aktive

Auf Vorschlag von PBK stand mit Unterstützung der Fraktion der Linken Jessica Richter als zweite Stellvertreterin für den Ausschuss für Stadtplanung, Umwelt und Verkehr auf der Vorschlags-Liste. Richter (19) ist Schülerin des Lina-Hilger-Gymnasiums und bei Fridays for Future (FFF) in Bad Kreuznach aktiv.

Mehr Gehör

„Damit hat Fridays for Future Bad Kreuznach“ nun direkteren Zugang zur Stadtpolitik“, freut sich PBK-Stadtrat Stefan Butz. Seit Wochen sei man mit dem lokalen Ableger der weltweiten Klimabewegung in Gesprächen, inwiefern PBK ihrem Anliegen in der Stadtpolitik mehr Gehör verschaffen könne.

Einfluss ausüben

Ein Ausschussposten als Mitglied wäre nach Einschätzung der Progressiven “aufgrund des Zuschnitts des Ausschusses schwierig geworden, setzt er doch profundes Fachwissen zum Beispiel im Baurecht voraus”. Butz erläutert den gewählten Weg: „So hoffen wir, einen Modus gefunden zu haben, der es FFF Bad Kreuznach erlaubt, zu Klima- und Umweltthemen Stellung zu nehmen und Einfluss auszuüben.“

Keine Rechte

Leider hat das eine (“Einfluss ausüben”) und das andere (zweite Stellvertreterin in einem Ausschuß) überhaupt nichts miteinander zu tun. Denn ein stellvertretendes Ausschußmitglied darf im Planungsausschuß (PLUV) nichts, was nicht auch jede andere Einwohnerin dürfte. Insbesondere sich nicht zu Wort melden. Und auch keine Anträge stellen.

Kein Vorteil für Stellvertreter*Innen

Seit dem vor rund drei Jahren landesgesetzlich bestimmt wurde, dass Ausschüsse generell öffentlich tagen müssen (was der Planungsausschuß daher auch immer tut) haben alle Einwohner*Innen das Recht an Ausschußsitzungen als Zuhörer*Innen teilzunehmen. Nur bei Ausschüssen, die auch einen nichtöffentlichen Teil haben (zB Finanzausschuß) könnte sich ein Vorteil ergeben.

Alle Einwohner*Innen dürfen

Denn da kann den stellvertretenden Mitgliedern das Recht eingeräumt werden, auch am nichtöffentlichen Teil – natürlich nur als Zuhörer*Innen – teilzunehmen. Demzufolge kann sich jede(r) Einwohner*In im Sinne von PBK einen “Erfolg” verschaffen: in dem diese an den Ausschußsitzungen teilnehmen.

Stadtverwaltung versteckt Informationen

Leider hat die Stadtverwaltung einen Vorschlag dieser Seite, nämlich alle Ausschußtermine fortlaufend aktualisiert in einer Terminübersicht auf der Stadtseite bad-kreuznach.de zu veröffentlichen und damit allen Einwohner*Innen einfach zugänglich zu machen, bisher nicht aufgegriffen.

Vermeidbarer Nachforschungsaufwand

Derzeit müssen sich Bürger*Innen mühsam durch die Stadtseite quälen und dann Ausschuß für Ausschuß nachsehen, ob dieser und wenn ja wann tagt. Da die entsprechenden Termine auf der Stadtseite immer erst wenige Tage vorher eingestellt werden (und zB die im Stadtrat verteilten Halbjahresübersichten dort gar nicht veröffentlicht werden), zwingt die derzeitige Praxis der Stadtverwaltung die interessierten Bürger*Innen zu vermeidbarem Nachforschungsmehraufwand.

Kein Interesse an stärker Beteiligung

Der Grund ist klar: würden wesentlich mehr Bürger*Innen als bisher an den Ausschußsitzungen teilnehmen, würden die Sichtweisen, Verhaltensweisen und Praktiken von hauptamtlicher Verwaltung, ehrenamtlichen Ausschußmitgliedern und lokaler Presse transparent. Und daran hat keiner der Beteiligten ein Interesse.

Chance zum Beweis der Quantentheorie

Die FFF-Schüler*Innen könnten das System also ganz einfach ändern: ergänzend zu den Freitags-Demos ein Mal im Monat alle in den PLUV gehen. Und damit in einem kommunalpolitischen Feldversuch eine der grundlegenden Prämissen der Quantentheorie beweisen. Diese besagt, dass Interferenz nur auftreten kann, wenn keiner zuschaut.

Veränderung durch Beobachtung

So wie Elektronen unter Beobachtung “gezwungen” sind, sich wie Teilchen und nicht wie Wellen zu verhalten, so würden FFF-Schüler*Innen und Einwohner*Innen durch ihre schlichte Anwesenheit den Beratungsprozess in Ausschüssen auf eine ganz andere Ebene transformieren. Auch ohne stellvertretende Mitglieder zu sein oder je zu werden.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

28.06.19 – “Gestern Abend im Stadtrat: Ausschußwahl geglückt”