Unverantwortlich

Kommentar von
Claus Jotzo

Es ist unverantwortlich, dass in einem der wenigen noch tatsächlich freien Länder der Welt Zeitgenossen, die genau von dieser Freiheit Tag für Tag profitieren, den Eindruck erwecken, als würden wir alle in einem Unrechtsstaat leben.

Jedem freiheitsliebenden Menschen, der auch nur über ein bißchen Empathie verfügt und daher mitleidet, wenn Menschen, die nichts anders machen, als die Samstags-Spaziergänger auf dem Kornmarkt, in vielen anderen Ländern mißhandelt, verhaftet und in anderer Weise menschenrechtswidrig bestraft werden, müßte der Hals schwellen, wenn auf Demonstrationen gegen die Coronaschutzmaßnahmen Bundeskanzlerin Merkel als Diktatorin und Ministerpräsidentin Dreyer als deren willfährige Spießgesellin hingestellt werden.

Wir Demokraten ertragen all das, weil wir wissen, dass es besser ist, wenn jeder seine Wahnvorstellungen frei heraus sagen darf und man sich dann offen bürgerschaftlich damit auseinandersetzen kann. Und so feststellt, wo sich hinter aggressiver und / oder naiver Rhetorik echte Probleme und reale Sorgen verbergen. Unverantwortlich ist aber auch das Total-Versagen einiger Staatsorgane. Im Fall “Warnung vor Querdenkern auf dem Schulweg” ist hier die entsprechende Abteilung bei der ADD gemeint.

Die in ihren klimatisierten Büros (Hausanschrift: Kurfürstliches Palais, mehr muß man dazu nicht sagen) vor dem rauen Herbstwind gut geschützten Schlafmützen dort, hätte man am Donnerstag besser durcharbeiten lassen. Und nicht zum Mittagessen wecken sollen. Statt einfach mal mit einem Aufwand von 21 Minuten (so lange haben wir gebraucht, um die entsprechenden Quellen im Netz zu finden und zu sichern) die Sachlage zu überprüfen, wird eine landesweite Verunsicherung ausgelöst.

Wie clever (Ironieschild hochgestreckt) die zuständigen ADD-Mitarbeitenden sind, kann man daran erkennen, dass die jeweiligen Schulträger, etwa die Kreisverwaltung Bad Kreuznach, gar nicht informiert wurden. Man muß sich das mal vorstellen: da warnt eine Aufsichtsbehörde vor unerfreulichen lokalen Aktivitäten – und informiert die dort zuständigen Behörden nicht.

Der Kreis mußte von dem Aufreger auf anderem Weg erfahren. Und machte vor, wie öffentliche Verwaltung den Einwohner*Innen tatsächlich dienlich ist: für den Fall der Fälle, auch um verunsicherten Lehrern und Eltern Auskunft geben zu können, wurden Polizei, Ordnungsamt und andere betroffene Dienststellen informiert. Und auf eine öffentlichkeitswirksame Showaktion verzichtet.