“Stadt hat durch den kostenlosen Crucenia-Eintritt 2,4 Millionen verschenkt”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Unser Bericht “Skandal im Kurgebiet: Stadt schenkt Kurhaus-Gästen den Crucenia-Eintritt” hat zahlreiche Reaktionen der Leserschaft ausgelöst. Zwischen “unfassbar” bis “Schadenersatz von Kommunalpolitikern fordern” war alles dabei. Auch ein Rechenexempel. Das stammt von einem in Bad Kreuznach nicht unbekannten Mitbürger, dessen Namen wir auf seinen Wunsch nicht nennen. Er hat auf der Basis der von uns angegebenen etwa 20.000 Kurhaus-Gäste, die jährlich kostenlos in der Crucenia-Therme baden, folgende Rechnung angestellt. Aktueller Eintrittspreis: 8,50 Euro.

 

Ohne Mehrwertsteuer und preissteigerungsbereinigt geht er für die vergangenen 20 Jahre von durchschnittlich 6 Euro netto aus. Macht 2,4 Millionen Euro netto Eintrittsgelder, die der BAD GmbH bisher durch den Stadtratsbeschluß von 1995 mindestens entgangen sind. Fest steht, dass die BAD GmbH für 2020 mindestens 170.000 Euro brutto Eintrittsentgelte nicht erhalten wird. Und zusätzlich aus der Stadtkasse 90.000 Euro erhält, die an das Finanzamt abgeführt werden müssen, um den geltwerten Vorteil auszugleichen. Erinnern wir uns: die ganze “Konzern Stadt Bad Kreuznach”-Struktur, mit vielen GmbHs und Geschäftsführern, war ursprünglich geschaffen worden, um weniger Steuern zu zahlen …

Ausschußmitglieder beklagen Widersprüche

Gemeldet haben sich auf unsere Berichterstattung aber auch Ausschußmitglieder. Denen war nach eigenen Worten schon beim Lesen der Beschlußvorlage “unwohl”. Und selbst Kommunalpolitikern, die erst seit dem 1. Juni 2019 den Gremien angehören, also über nur wenig Erfahrung verfügen, sind Widersprüche in den von der Verwaltung vorgelegten Papieren aufgefallen. So lautet der Beschlußvorschlag (Drucksachennummer: 20/435): “der Ausschuss für Grundstücksangelegenheiten empfiehlt dem Stadtrat dem Abschluss einer langfristigen Vereinbarung mit der BAD GmbH zuzustimmen und beschließt die Erhöhung des Ansatzes 569400 im Produkt 11420 von 30.000 € auf 90.000 €”.

2 Wochen Kündigungsfrist – monatliche Verlängerungen

Im Vertrag selber ist dann über unter § 4 “Kündigung” geregelt: “der Vertrag kann mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden”. 14 Tage, so die Einschätzung des Mandatsträgers, kann wohl kaum unter “langfristig” verstanden werden. Verstärkt werden diese Zweifel durch eine andere Bestimmung. In § 3 “Dauer des Vertrages” steht: “der Vertrag wird rückwirkend ab dem 01.01.2020 geschlossen. Er endet zunächst am 31.12.2020, verlängert sich jedoch – sollte bis dahin keine die diesen Vertrag ersetzende Vereinbarung getroffen werden – um jeweils einen Monat”.

Ermäßigungen auch für Dritte

Verärgerte Reaktion des ehrenamtlich Tätigen: “wir erfahren jetzt, nach 25 Jahren, davon. Wie kann da eine einmonatige Kündigungsfrist zielführend sein, wenn man eine “langfristige” Lösung anstrebt?” Reaktionen auf den gestern veröffentlichten Bericht gab auch aus den Reihen von Geschäftspartnern der städtischen Gesellschaften. Die weisen darauf hin, dass nicht nur das Parkhotel-Kurhaus (freier Eintritt) und das Hotel Fürstenhof (von 8,50 Euro auf 4,50 Euro reduzierter Eintritt) von der Stadt bzw ihrer BAD GmbH begünstigt werden. Vielmehr erhalten auch “auswärtige Bettenanbieter und Wiederverkäufer Ermäßigungen auf den Eintrittspreis”.

GlobusCard und NaheCard bringen 10% Rabatt

So steht es in einem Dokument der BAD GmbH, das dieser Seite vorliegt. Aber auch Endverbraucher können sich, das ergibt sich aus diesem Papier, Rabatte verschaffen. “Die Ermäßigung richtet sich nach der Höhe des Betrages auf der Geldwertkarte und kann bis zu 15 % betragen. Auch Gäste, die eine GlobusCard oder eine NaheCard der Stadtwerke haben, sparen 10 % auf den Eintrittspreis”. All diese Bonus- und Vorteilsprogramme werden, so die BAD GmbH, nicht nur für die Crucenia-Therme gewährt. Sondern auch für das Bäderhaus. Dessen Minus ist zwar deutlich geringer, als das der Crucenia-Therme.

Bäderhaus-Verluste auch durch Sanierung bedingt

Beträgt aber auch seit zwei Jahrzehnten je Jahr mehrere hunderttausend Euro. Wobei hierzu festgehalten werden muß, dass diese Verluste zu einem erheblichen Teil daraus resultieren, dass das unter Denkmalschutz stehende (früher im direkten Besitz der Stadt und anschließend in dem der städtischen Rheuma-Heilbad AG) stehende Gebäude Ende der neunziger Jahre tatsächlich durch den aufwändigen Umbau in eine Saunalandschaft saniert wurde. Diese Sanierungskosten, damals in Höhe von rund 4 Millionen Mark geschätzt (in Bauleistungen von heute umgerechnet etwa 8 Millionen Euro), belasten noch heute das Finanzergebnis des Bäderhauses.

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