Roßstrassen-Schließfächer als Drogenumschlagplätze genutzt?

Die Idee war einleuchtend und überzeugend: die Fahrradstation in der Roßstrasse neben der Treppe zum Mühlenteich sollte nicht nur ein Dach, sondern auch eine Schließfachanlage erhalten. Alle Entscheidungsträger in Verwaltung und Gremien dachten diese betreffend unausgesprochen an eine stundenweise Nutzung. Etwa um Schutzkleidungsstücke, Einkäufe oder andere kleine Lasten vor dem Stadtspaziergang unterbringen zu können. Aufgestellt wurde dann allerdings eine Variante die die Schließfächer zeitlich unbefristet zur Verfügung stellt. Dazu noch kostenlos. Es kam wie es kommen mußte: nach kurzer Zeit waren alle Fächer dauerhaft abgeschlossen und so für den eigentlich gedachten Zweck nicht mehr nutzbar.

Und wie schon bei der sachfremden Nutzung der Fahrradabstellplätze durch Motorradfahrende kann man den asozialen Subjekten, die eine für viele gedachte öffentliche Einrichtung egoistisch für sich allein blockieren, rechtlich nicht einmal einen Vorwurf machen: denn die Verwaltung hatte schlicht nicht daran gedacht die Nutzungsbedingungen auszuhängen und Dauerbelegungen so zu verbieten. Natürlich ist ärgerlich, dass eine gute Idee gleich am Anfang mit zwei Fehlleistungen diskreditiert wird: zum einen mit der Auswahl der falschen Schließfachvariante (die im Bahnhof eingebaute wäre vom Ansatz her die bessere und ermöglicht technisch auch eine kostenlose Nutzung für zB 12 Stunden, Bild ganz unten).

Zum anderen durch das Unterlassen einer zielführenden Beschilderung. Vor rund zwei Wochen sah die Verwaltung ihren Fehler dann ein und begann mit einer Korrekturmaßnahme: auf alle Fächer wurde ein Aufkleber geklebt, der zur Räumung der Fächer aufforderte. Ergebnis null. Allein diese Maßnahme hat viel Zeit und Geld gekostet. Wie man das Problem kostengünstig und schnell löst, hat diese Seite bereits am 24. September bewiesen. Auf dem Weg zur Stadtratssitzung (natürlich zu Fuß) wurde unser Fotograf auf einen jungen Mann aufmerksam, der an einem der Fächer nestelte. Er drehte sich dann herum und stellte eine Shisha ab. Im Fach waren die einschlägigen Materialien zu deren Gebrauch und andere – sagen wir mal – Unterhaltungsutensilien gut zu erkennen.

Der Shishafreund erhielt unter Bezugnahme auf die städtische Räumungsankündigung die Aufforderung das Fach sofort zu leeren. Was einen zweiten um seine “Unterhaltungsutensilien” besorgten Mann auf den Plan rief, der sich allein mit der Ankündigung einer andernfalls fälligen Fotoaufnahme dazu bewegen ließ, “sein” Fach zu öffnen und zu räumen. Der dabei vorgezeigte Presseausweis wirkte auf die geistig offenbar Minderbemittelten wie ein Kreuz bei einem Exorzismus. Nach nicht einmal 5 Minuten waren zwei Fächer geräumt. Auf dem Heimweg kontrollierte unser Fotograf die Nachhaltigkeit seiner Maßnahme. Und siehe da: beide Fächer waren da immer noch frei (Fotos oben).

Zwischenzeitlich ist die Schließfachanlage wieder schutzlos den Menschen ausgeliefert. Alle Fächer sind wieder blockiert. Nachdenklichere Zeitgenossen fragen sich angesichts solcher Fakten natürlich, wieso wir hunderttausende von Euro Steuergeld Jahr für Jahr für den städtischen Vollzug verplempern, wenn der mit zwölf Kräften nicht schafft, was ein Fotograf in 5 Minuten erledigt. Eine Antwort auf diese Frage wird um so drängender, als Innenstadtanwohner*Innen die Redaktion dieser Seite darauf angesprochen haben, dass nach ihren Beobachtungen die Schließfachanlage ganz offensichtlich zum Drogenhandel genutzt wird.

Die Schließfachanlage im Bahnhof ermöglicht eine Zeitsteuerung und verhindert so eine Totalblockade.

Dies soll in der Weise geschehen, dass die Dealer den Stoff in dem Schließfach deponieren und den Schlüssel verkaufen. Gestern Nachmittag schauten wir wieder einmal bei der Schließfachanlage vorbei. Und eine Gruppe uns persönlich nicht bekannter Passantinnen erklärte von sich aus unaufgefordert genau diese Vorgehensweise als Ihnen geläufige Praxis des Drogenhandels in Bad Kreuznach. Den Fahrradfahrer- und Passant*Innen hilft die Schließfachanlage in dieser Form also nicht. Aber die Kriminalität wird gefördert. So kommts, wenn eine Maßnahme vor ihrer Umsetzung nicht durchdacht wird.