Grüne Stadtratsfraktion distanziert sich von Thiergarten-Aussagen

Die Reaktion kam schnell. Und unmißverständlich in der Wortwahl. Die beiden Sprecher der grünen Stadtratsfraktion, Andrea Manz und Hermann Bläsius, stellten gestern um 17.03 Uhr per Pressemitteilung klar, dass sie den Aussagen, die ihre Fraktionskollegin Annette Thiergarten am Mittwoch in einer Radiosendung des Deutschlandfunkes machte (siehe untenstehender Bericht “Annette Thiergarten im Deutschlandfunk: “alternative Faschisten im Stadtrat”) nicht zustimmen. Die klare Distanzierung stellt kurz und hinreichend deutlich klar: “Ihre Aussage entspricht so nicht unserer Wortwahl und der Haltung der grünen Ratsfraktion”.

Die Erklärung im Wortlaut:

“Sehr geehrte Damen und Herren, zu den Aussagen von Annette Thiergarten im DLF am 30.09.2020 nehmen wir wie folgt Stellung: Wir, Andrea Manz und Hermann Bläsius, Fraktionssprecher*in von Bündnis 90/Die GRÜNEN im Stadtrat Bad Kreuznach, distanzieren uns in aller Deutlichkeit von den gestern von Annette Thiergarten im Deutschlandfunk in der Sendung “Länderzeit” getätigten Äußerungen. Ihre Aussage entspricht so nicht unserer Wortwahl und der Haltung der GRÜNEN Ratsfraktion. Im Namen der Fraktion Andrea Manz und Hermann Bläsius”

Annette Thiergarten im Deutschlandfunk: “alternative Faschisten im Stadtrat”

Gäbe es im Bad Kreuznacher Stadtrat wie bei dem in Mainz einen Ältestenrat, dann hätte der jetzt einen Anlaß, um sich zusammenzusetzen. Den Grund dafür lieferte gestern das Stadtratsmitglied Annette Thiergarten (Grüne). Sie nutzte eine Diskussionssendung des bundesweit ausgestrahlten Deutschlandradios (30.9.2020, 10:08 Uhr: “Länderzeit – Fehlende Steuereinnahmen – die schwierige Finanzsituation der Kommunen”), um als anrufende Hörerin Dampf abzulasssen. Zunächst wies sie im Zusammenhang mit dem Eigenanteil von Kommunen an vielen Förderprogrammen von Land und Bund sachorientiert darauf hin, dass davon gerade die besonders defizitären Städte und Gemeinden wenig Nutzen hätten:

“Androhungen von unserem Kämmerer”

Weil sie wegen der Finanzschwäche oft den von ihnen aufzubringenden Betrag nicht bezahlen könnten. Auf die Frage, wie sich die Coronakrise bemerkbar macht, wurde sie sehr deutlich: Thiergarten sprach von “Androhungen von unserem Kämmerer”, freiwillige Ausgaben für Kultur und Jugendliche zu kürzen. Und stellte dann in einem Atemzug fest: “die konservativen Kräfte möchten zumindest bei uns das Jugendamt an den Kreis abgeben”, obwohl Sozialwissenschaftler davon abgeraten haben. “Ich sehe das als Gefahr für die Demokratie, weil die konservativen Kräfte, bzw ich nenne sie nur noch alternative Faschisten Deutschlands, die auch bei uns im Parlament sitzen, die benutzen das natürlich, um damit Politik zu machen und darzustellen wie unfähig der Staat ist und die Privaten können das angeblich alles viel besser”.

Ohne Einschränkung alle in einen Topf

Auch im weiteren Verlauf differenzierte Annette Thiergarten ihre Aussagen nicht. Insbesondere schränkte sie ihre Aussage, dernach im Stadtrat eine Mehrheit “alternativer Faschisten” sitzt, in keiner Weise ein. Damit erklärte das grüne Stadtratsmitglied, die auch für den Landtag kandidiert, expressis verbis alle politischen Parteien im Rat der Stadt, die für die Abgabe des Jugendamtes eintreten (dies sind CDU, AfD, FDP, Faire Liste, FWG, Freie Wähler und BüFEP) sowie jene, die der privatwirtschaftlichen Organisation gesellschaftlicher Aufgaben mal mehr mal weniger den Vorzug geben (dies sind CDU, AfD und FDP) zu “alternativen Faschisten”.

Kann Trump von Thiergarten lernen?

Auch die Frage, ob es der politischen Auseinandersetzung vor Ort und der Aussendarstellung Bad Kreuznachs dient, in einer Radiosendung, die ihre Hörer*Innen zu 99,999999% ausserhalb des Stadtgebietes hat, kommunale Probleme im Detail zu kommentieren, würde in einem Ältestenrat sicherlich zur Sprache kommen. Am Rande der Sitzung des Planungsausschusses gestern Abend machten Mitschnitte der Radiosendung die Runde. In Anspielung auf die Fernsehdiskussion im US-Präsidentschaftswahlkampf kommentierte einer der Zuhörer: “von Frau Thiergarten kann sogar der Trump noch was lernen”.

Der Thiergarten-Beitrag zum Nachhören

Die für Gesprächsstoff sorgenden Äusserungen Annette Thiergartens sind dokumentiert in der Mediathek des Deutschlandradios. Sendetag war der 30.9.2020, Sendeungsstart um 10:08 Uhr: “Länderzeit – Fehlende Steuereinnahmen – die schwierige Finanzsituation der Kommunen”:

https://srv.deutschlandradio.de/themes/dradio/script/aod/index.html?audioMode=2&audioID=4