Jugendamt: verhandelt wird nicht mehr – aber geredet

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Natürlich ist man beim Kreis enttäuscht. Erst mußte man monatelang warten, bis sich Dr. Kaster-Meurer zu Verhandlungen mit Bettina Dickes zusammensetzte. Schließlich stimmte die Oberbürgermeisterin einem Vergleich zu. Daher wurde der Kreistag mit der Sache befaßt. Und auch der gab mit großér Mehrheit sein Plazet. Am Donnerstagabend vergangener Woche stellte sich dann im Stadtrat heraus, dass von dem Vertrag, den die Oberbürgermeisterin ausgehandelt hatte, die Mehrheit wegen Mehrkosten von über 2 Millionen Euro jährlich nichts wissen wollte (diese Seite berichtete). Wie geht es jetzt weiter?

Was zahlt der Kreis der Stadt?

Ursprünglich war vereinbart worden, dass auch nach Auslaufen des alten Vertrages am 31.12.2019 bis zum Abschluß eines neuen vom Kreis Abschläge auf der nicht mehr rechtsgültigen Basis gezahlt werden. Dies ist für 2020 bereits drei Mal erfolgt. Nach dem Stadtratsbeschluß von letzter Woche ist diese Vereinbarung nicht mehr zu halten. Die Frage ist jetzt: was zahlt der Kreis der Stadt? Am vergangenen Wochenende, als die Verärgerung über das Nein aus der Stadt noch sehr emotional geprägt war, forderten einzelne Kreis-Akteure eine Kürzung der Zahlungen an die Stadt auf das Niveau, mit dem Bettina Dickes in die Verhandlungen gegangen war.

So tun als ob

Also rund 3 Millionen Euro weniger. Anfang der Woche setzte sich dann aber die Einsicht durch, dass das noch ganz andere Nebenkriegsschauplätze im Verhältnis Stadt / Kreis beleben könnte. Und jetzt sieht es so aus, dass der Kreis der Stadt jene Beträge überweist, die sich ergeben würden, wenn die Stadt dem Vertrag zugestimmt hätte. Offen ist lediglich, was mit den “Überzahlungen” geschieht, die in den ersten Quartalen an die Stadtkasse erfolgten. Würden die von der vierten Zahlung abgezogen, entstünde ein weiteres Millionenloch im Stadthaushalt. Eine Situation, auf die Bürgermeister Wolfgang Heinrich durchaus vorbereitet ist.

Heinrich sieht ds Land gefordert

Heinrich sieht die finanzielle Verantwortung für das Desaster um das Jugendamt auch beim Land. “Spätestens seit dem Abgabebeschluß des Stadtrates vom 29.11.2018 ist klar, dass die Stadt unter diesen Bedingungen die Aufgabe nicht mehr wahrnehmen möchte”, erklärt der Kämmerer auf Anfrage dieser Seite. Demzufolge entfalle spätestens ab Ende 2018 die “Interessensquote”, die für den Kreis das Hauptargument war, der Stadt höhere Eigenanteile aufzubürden. Heinrich kann sich nicht vorstellen, dass die Landes-SPD kurz vor der Landtagswahl tatenlos hinnimmt, dass eine Stadt weiter in finanzielle Not gerät, nur weil sie etwas für Kinder und Jugendliche tut.

Gespräch Dickes und Dr. Kaster-Meurer

“Das Land muß den fünf – mehr sind es ja nicht – betroffenen Städten jetzt endlich helfen”. Vom SPD-Landeschef, der ja auch Innenminister ist, erwartet Heinrich, dass dieser die Verzögerungstaktik der Grünen, die nicht die Finanz- sondern die Rechtsfrage der Trägerschaft in den Vordergrund stellen, diese aber erst nach der Landtagswahl klären möchten, verhindert. Einen Weg zu finden, der Landesregierung vorbei am Jugendministerium den Ernst der Lage zu vermitteln, könnte auch eines der Inhalte des Gespräches sein, dass in ein paar Tagen Bettina Dickes und Dr. Kaster-Meurer führen werden. Denn über die Finanzvereinbarung verhandelt wird nicht mehr. Das Thema ist durch.