„Der Nörgler wird sogar im Paradies allerlei Fehler finden“

Zum überparteilichen Neujahrsempfang lud gestern Mittag der Ortsbeirat des Stadtteils in das Kurhaus Bad Münster ein. Gleich am ersten Sonntag des neuen Jahres ist die Veranstaltung ein Stell-Dich-Ein für lokale und überregionale Polit-Prominenz. Das nutzt Ortsvorsteherin Dr. Bettina Mackeprang bereits seit Jahren aus, um den Verantwortlichen die Perspektive des fünften Stadtteils nahezubringen. Weil im “alten” Stadtgebiet die Befindlichkeiten und Sichtweisen des neuen noch nicht hinreichend tief verankert und bekannt sind, geben wir die Ausführungen der Ortsvorsteherin gern im Wortlaut wieder (weiterer Bericht folgt):

Ortsvorsteherin Dr. Bettina Mackeprang und ihr Stellvertreter Michael Dal Magro.

“Liebe Bürger, liebe Gäste, der heutige Empfang gibt uns die Gelegenheit zurückzuschauen und einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Schauen wir zunächst auf das vergangene Jahr. Es war ein Jahr mit vielen Herausforderungen sowohl für unseren Stadtteil als auch für den Ortsbeirat. Wir alle haben Rückschläge hinnehmen müssen, aber auch einige gute Erfolge erzielt. Was waren z.B. größere Rückschläge und Enttäuschungen für unseren Stadtteil 2019?

– da ist zunächst einmal die Tatsache, dass sich auch im vergangenen Jahr zum Thema „Stadtumbau West“ abgesehen vom Abriss des maroden Hallenbewegungsbads und der Saline Ost gar nichts vorwärts bewegt hat; obwohl das Förderprogramm dafür bereits 2023 ausläuft, fehlen bislang sogar konkrete Pläne zur Umgestaltung des ehemaligen Kurgebiets;

– es gibt auch immer noch keine neue Fähre, obwohl diese bereits seit 2016 im Gespräch ist;

– es gibt keine Neuigkeiten zum geplanten Mehrgenerationenspielplatz, auch hier entstand die Idee dafür schon vor längerer Zeit; beides liegt vor allem auch daran, dass die Aufsichtsbehörde – die ADD – bislang keine bzw. keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Erlaubnis für einen vorzeitigen Maßnahmebeginn gegeben hat. Eventuell müsste hier mal entschiedener nachgefragt werden;

– trotz Abriss der ehemaligen Saline Ost steht noch nicht fest, wie hier die von der ADD geforderte Ersatzfreiraumkante aussehen soll. Immerhin wurde der Architektenwettbewerb hierzu durchgeführt und es liegen 2 Alternativvorschläge vor zu der von der Aufsichtsbehörde geforderten durchgängigen Heckenbepflanzung. Nur weiß man noch nicht, ob die ADD diese Alternativen letztlich billigt und die Antwort lässt erfahrungsgemäß länger auf sich warten;

– neben den neuen Premiumwanderwegen gibt es immer noch keine neuen touristischen Strukturen: es fehlt ein Nutzungskonzept für das Kurmittelhaus, der Kurpark macht einen traurigen Eindruck, das Huttental wird zu wenig bespielt, der Goetheplatz und die Kurhausstraße sind unverändert trist und eine aussagekräftige ansprechende touristische Beschilderung fehlt. Für unerfreulich halte ich darüber hinaus:

– die anhaltende Schließung des beliebten Serpentinen-Panorama-Wanderwegs vom Huttental zur Gans;

– den Rückgang der Übernachtungszahlen;

– die Kündigung des Pachtvertrags der Gaststätte auf der Ebernburg zum Jahresende (Hinweis: hier wohl bislang kein neuer Pächter in Sicht)

– und den unnötigen und nicht zielführenden Streit im Vorfeld des Mittelaltermarkts.

Was aber waren auf der anderen Seite die Erfolge für unseren Stadtteil im vergangenen Jahr? Hier sind zunächst zu nennen:

– die Ankündigung (des Kämmerers), dass ab 2021 die Abwassergebühren für unseren Stadtteil an die der Kernstadt und der weiteren Kreuznacher Stadtteile angeglichen werden;

– die vom Stadtrat beschlossene Aufnahme unseres Stadtteils in die Wabe 400 des Busverkehrs ab dem Jahre 2022, wodurch endlich auch gleiche und sozialeTarif-Bedingungen für die Bewohner des Stadtteils BME geschaffen werden;

– die Errichtung der durchgehenden Beleuchtung des Fuß- und Radweges im Salinental;

– der Spatenstich für akute Geriatrie Ende Februar 2019. Dem Neubau einer Akutgeriatrie mit 13,7 Mill. Euro Investitionssumme kommt vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ein hoher Stellenwert zu. Positiv bewerte ich auch:

– den Erweiterungsbau der Dreiburgenklinik unserer Reha-Klinik für Kardiologie und Orthopädie, der im Dezember 2019 eingeweiht wurde. Dort stehen nun zusätzliche 36 Patientenzimmer und der neue Therapiebereich für die medizinisch-beruflich orientierte Reha zur Verfügung. Als Erfolge sehe ich ferner an:

– den Baubeginn für das Betreute Wohnen der Franziskanerbrüder auf dem ehemaligen LVA-Gelände;

– die Durchführung des Architektenwettbewerbs für die ehemalige Saline Ost mit Ergebnissen, die demnächst unseren Bürgern vorgestellt werden können;

– die Beschilderung und Ausweisung der wunderschönen Premiumwanderwege 3×3 Salinental (unter tatkräftiger Mithilfe des Verkehrsvereins Rheingrafenstein);

– die Neuverpachtung des Kurhauses ab Februar und der geplante Betriebsbeginn ab April;

– den Abriss des maroden Hallenbewegungsbads;

– die erweiterbare Urnenstehle für den Friedhof Bad Münster;

– die Beleuchtung der Grasbachbrücke;

– den Bau eines großen Insektenhotels auf dem Abenteuerland;

– den Bau eines Pumptrack Fahrradgeschicklichkeitsparcours für die ganze Familie auf dem Sportplatz;

– die Verlängerung des Pachtvertrags zwischen der Stadt und der Schwimmbadgenossenschaft um weitere 5 Jahre sowie deren vielfältige Aktivitäten rund um das Freibad;

– die Verlängerung der Förderzusage des Deutschen Hilfswerks für die Arbeit der Begegnungsstätte Vielfalt bis Februar 2022;

– die erfolgreiche und gewinnbringende Arbeit in der Begegnungsstätte;

– den Erhalt der Kurmusik in BME (durch die Stiftung Rheingrafenstein);

– die Sleepcubes auf der Ebernburg (Designer- Schlafzelte in Würfelform mitgrandiosem Ausblick als außergewöhnliches Schlaferlebnis);

– die Gründung der gemeinnützigen Kultur- u. Tourismus GmbH (als Tochter des Verkehrsvereins Rheingrafenstein);

– den Erhalt des FöV Künstlerbahnhof (mit einem neuem kreativen Vorstandsteam);

– die 50-Jahr-Feier von BME und das Lebenslustfestival an Pfingsten;

– die zahlreichen Veranstaltungen der Vereine, z.B. Fastnachtsveranstaltungender MKG, Osterwiese, Spielefest Kuna Aue und Gau Turnfest des TV Ebernburg, Tag der Offenen Tür und Sommerfest der Feuerwehr, Weinblütenfest; Johannisfeuer Kifrdl. BME, Anglersommerfeste, Tage der Offenen Weinkeller, Sommerfest des Steinskulpturenmuseums, Heimische Zaubergärten der BUND-Kreisgruppe, Oldtimertreffen, Mittelaltermarkt, Bad Münsterer Kerb und der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt im Kurpark; positiv bewerte ich schließlich:

– die regelmäßigen Ausstellungen im Künstlerbahnhof und Steinskulpturenmuseum;

– einige Großveranstaltungen im und rund um das Kurhaus, etwa die Weinprobemit 50 Weinen von den Naheweinrebellen; das Lampion-Weinfest, der Vinella-Kultur-Zyklus, diesmal mit einem Vortrag zum Thema Patriotismus;

– die jährliche Bürgerpreisverleihung (durch die Stiftung Rheingrafenstein);

– das Fest der Kulturen im Kurpark;

– das erste Burgfest auf der Ebernburg;

– zahlreiche Konzerte, wie z.B. die Englischen Schulmusikwochen und die wunderschönen Auftritte des Gesangsvereins sowie der örtlichen Chöre;

– die naturkundlichen Vorträge der Naturstation Lebendige Nahe;

– und unsere Naheweinprinzessin, Nina Schönbein.

Diese lange Liste der Aktivitäten und auch Erfolge zeigt, wieviel wir letztlichgemeinsam bewegt haben in unserem und für unseren Stadtteil, auch wenn dasein oder andere vor allem auf Privatinitiative beruht. Besonders hervorzuheben sind auch die unermüdlichen und kreativen Einsätzeder Menschen unseres Vereins „Schönes BME“, die sich tagtäglich tatkräftig für die Verschönerung unseres Stadtbildes einsetzen. Ein herzliches Dankeschön gilt darüber hinaus besonders denjenigen fleißigen Mitarbeitern des Bauhofs, des Grünflächenamtes und der GmbHs der Stadt, die mit ihren eher bescheidenen Mitteln und Möglichkeiten versucht haben, den Stadtteil BME soweit es geht in Ordnung zu bringen bzw. zu halten.

Dank sage ich auch ausdrücklich denjenigen Mitarbeitern und Verantwortungsträgern der städtischen Verwaltung, die sich 2019 für unseren Stadtteil eingesetzt haben. Doch nun genug der Worte zum vergangenen Jahr. Immerhin sind wir schon am 5.Tag des neuen Jahres angekommen und es wird Zeit, Altes hinter uns zulassen und Neues hoffnungsfroh zu erwarten. Ich denke dabei an Albert Einstein, der einmal sinngemäß gesagt hat: “Mehr als mit der Vergangenheit halte ich es mit der Zukunft, denn ich gedenke, in ihr zu leben”. Vergangenes lässt sich nicht mehr ändern, die Zukunft aber können wir gestalten. Packen wir daher neue Herausforderungen zuversichtlich an. Was die Herausforderungen sind, ist an der einen oder anderen Stelle schon angeklungen. Konkret für unseren Stadtteil sind es immer noch:

– einheitliche Bustarife noch vor 2022 darzustellen;

– den WLAN-Anschluss, d.h. ein drahtloses Internet, in jedem Klassenzimmer für unsere Grundschule einzurichten;

– die Attraktivität des Stadtteils gerade auch für Touristen zu erhöhen, denn sie sind unser einziges wirtschaftliches Pfund. D.h. in einem ersten Zug: Umsetzungvon Maßnahmen aus dem Programm Stadtumbau West, etwa der Mehrgenerationenspielplatz und der Ersatz unserer einzigartigen Fähre, aber auch konkrete Pläne zum Kurpark, Kurmittelhaus, Goetheplatz und Kurhausstraße;

– auch gehört dazu: eine verständliche und zielführende touristische Beschilderung zu erstellen, damit der Gast auch findet, was er sucht. All das geht nicht ohne finanzielle Mittel. Nur durch sinnvolle Investitionen in tourismusrelevante Bereiche kann letztlich die Zukunftsfähigkeit unseres Stadtteils gesichert werden; ist doch der Tourismus unser einziges wirtschaftliches Standbein. Auch der Wirtschaftsweise Prof. Achim Truger hat sich vor kurzem dafür ausgesprochen, dass man investieren solle, so lange Geld quasi nichts kostet. Aktuell fordert auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass die Kommunen mehr investieren sollten. Allerdings ist das für Bad Kreuznach gerade nicht geplant.

Sehr verehrte Anwesende, wie Sie sicher den Tageszeitungen entnommen haben, gibt es momentan Probleme bei der Aufstellung des städtischen Haushaltes 2020, da die Kosten in einigen Bereichen, wie z.B. der Personalbewirtschaftung und der freiwilligen Leistungen, aus dem Ruder zu laufen drohen. Dem soll nun auch dadurch begegnet werden, dass 2020i nvestive Maßnahmen zurückgestellt werden. Das halte ich für den falschen Weg; brauchen wir doch auch rein wirtschaftlich gesehen dringend Zukunftsinvestitionen zur Weiterentwicklung unseres Stadtteils. Wenn hier staatlich geförderte Maßnahmen für Verbesserungen der Infrastruktur im Bereich des „sogenannten Kurviertels“ von BME 2020 zurückgestellt werden, müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen. Die Frage ist dann nämlich, ob wir die hierfür versprochene Fördersumme von 5 Millionen Euro überhaupt noch bekommen können, läuft doch das Förderprogramm dafür 2023 bereits aus.

Und der Prozess von der Planung bis zur Umsetzung kostet in der Regel viel Zeit. Daher droht mit dem Zurückstellen von Maßnahmen im Haushaltsjahr 2020 eine akute Gefährdung des gesamten Förderprojekts. Wie schnell etwas zu spät sein kann, zeigte sich kürzlich erst beim Förderprogramm „Tourismus für alle“. Hier wurde Bad Kreuznach neben weiteren 9 Gemeinden ausgewählt an einer Fördersumme von insgesamt 10 Mill. Euro zu partizipieren, und zwar für die Schaffung eines barrierefreien Tourismus. Voraussetzung dafür wäre gewesen, rechtzeitig, d.h. bis 2021, einen barrierefreien Einstieg in das Salinental darzustellen, was im Ergebnis nicht gelungen ist. Daher appelliere ich an alle Entscheidungsträger, das Jahr 2020 für die Planung und erste Umsetzung des Stadtumbaus West zu nutzen und den notwendigen Eigenanteil in Höhe von 20 % dafür auch in den Haushalt einzustellen

– Für eine Ankurbelung unserer touristischen Entwicklung brauchen wir selbstverständlich auch dringend ein Hotel im „Vier-Sterne-Bereich“ mit Wellnessangeboten vor Ort; denn danach wird im Internet gesucht und nicht unbedingt nach der Region mit der schönsten Natur. Dies könnten Investitionen in das ehemalige Kurgebiet bereits nach sich ziehen. Denn jeder investierte Eueo an staatlichen Fördermitteln löst in der Folge meist auch zusätzliche nicht unerhebliche private Investitionen aus. Jedenfalls sind hier alle gefordert, die über entsprechende Kontakte verfügen.

– Darüber hinaus gilt es, unser Stadtbild auch im Kleinen attraktiver zu gestalten. Hierfür kann auch jeder selbst etwas tun. Hier wie bei vielen anderen Dingen gilt nämlich die Devise „Anpacken statt nörgeln“. Leider gibt es auch bei uns es immer wieder Nörgler und Besserwisser. Ihr Verhalten bringt uns kaum weiter, vielmehr führt es zum Teil sogar dazu, dass ureigene Interessen des Stadtteils beschädigt werden. Solchen Menschen kann man nie etwas recht machen, denn wie sagte es jemand malsinngemäß so schön „Der Nörgler wird sogar im Paradies allerlei Fehler finden.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Gesellschaft, unsere Kommune ist auf Menschen angewiesen, die sich für ihr Umfeld verantwortlich fühlen und aktiv werden.

Politik und Verwaltung einer Stadt brauchen das Engagement der in ihr lebenden und wirkenden Bürger und Unternehmen. Mir ist bewusst, dass es in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich ist, dass sich Bürger für ihren Stadtteil einbringen. Ich bin daher sehr froh, dass es gerade in BME so viel Bürgerengagement gibt. Vieles von dem, was zur Lebensqualität unserer Kommune gehört, basiert auf Initiativen und dem Engagement der hier lebenden Menschen. Nicht vergessen möchte ich die Ereignisse, die 2019 den Zusammenhalt in unserem Stadtteil in einer wohl einmaligen Weise dokumentiert haben, und zwar die 50-Jahr-Feier quasi die „Goldene Hochzeit“ von Bad Münster am Stein und Ebernburg im Rahmen des Lebenslustfestivals; das Fest der Kulturen im Kurpark und der tolle Empfang unserer Naheweinprinzessin Nina Schönbein.

Die Stadtrats- und Ortsbeiratsmitglieder Manfred Rapp (links) und Norbert Welschbach folgten den zahlreichen Grussworten gut gelaunt.

Hier haben sich zahlreiche Bürger mit Herz und Können eingebracht. Die Vielfalt und das einzigartige Potential unseres Stadtteils wurden bei diesen Veranstaltungen deutlich sichtbar. Vor allem aber zeigten sie eines: das Zusammengehörigkeitsgefühl im Stadtteil! Das war einfach großartig! Mit dem Neujahrsempfang möchte ich heute allen von ganzem Herzen danken, die ihre Tatkraft, ihre Ideen und ihre Energie in karitativen Organisationen oder Vereinen, in der Nachbarschaftshilfe oder im kulturellen und sportlichen Bereich für unsere Kommune einbringen. Sie alle tragen damit zu einem guten Zusammenleben bei. Meine sehr verehrten Damen und Herren, schöpfen wir aus unserem vielfältigen Gemeinschafts- und Vereinsleben heraus die Kraft und die Leidenschaft, gemeinsam unseren Stadtteil liebens- und lebenswert zu erhalten und weiter zugestalten.

Jeder Einzelne kann auf seine Weise einen Beitrag dazu leisten. Im Ergebnis jedenfalls sehen wir; BME ist ein Stadtteil, in dem sich viel bewegt, nicht zuletzt durch die positiven Initiativen unserer Bürger. Und so können wir mit Zuversicht nach vorn blicken, stolz auf gemeinsam Erreichtes sein, auf unsere Leistungskraft bauen und auch ein wenig auf unser Glück vertrauen, auf das Glück des Tüchtigen. Ich wünsche Ihnen und uns allen für das Neue Jahr Gesundheit, Glück, Erfolg sowie die Fähigkeit, die Welt mit positiven Augen zu sehen und sich auch an den kleinen Dingen des Lebens zu freuen, denn das macht vieles leichter. Persönlich freue ich mich, gemeinsam mit Ihnen voller Elan ins Jahr 2020 zu starten, ganz im Sinne von Gandhi, der es einmal so sagte: „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.”