Honorar-Affäre: Dr. Kaster-Meurer redet sich um Kopf und Kragen

Wie diese Seite gestern exklusiv berichtet hat, führte der Landesrechnungshof (LRH) in den vergangenen Monaten eine Sonderprüfung bei der Oberbürgermeisterin durch. Um zu verhindern, dass ein vom LRH gefertigter Prüfbericht aus 2017 zur Gewobau den Stadtratsmitgliedern im Wortlaut bekannt wird, beauftragte Dr. Kaster-Meurer 2018 eine Rechtsanwaltskanzlei. Und gestand dieser ein Stundenhonorar von 300 Euro zu. In dem Prüfbericht wird auch der Gewobau-Aufsichtsrat und dessen Vorsitzende angesprochen. Letztere ist Dr. Heike Kaster-Meurer. In dem vom LRH-Präsidenten Jörg Berres höchstpersönlich gezeichneten Sonder-Prüfbericht vom 23. Oktober 2019 wird als Konsequenz gefordert:

Es “sind Schadenersatzansprüche gegen die Oberbürgermeisterin zu prüfen. Über das Prüfungser­gebnis ist zu berichten”. Jetzt könnte man die Fakten Punkt für Punkt gegenüberstellen, um die Konsequenzen der Prüfer verständlich zu machen. Oder man liest einfach die Verteidigungsschrift der Oberbürgermeisterin im Original. Denn dann versteht man die umfassende Bedeutung des alten deutschen Sprichwortes “sich um Kopf und Kragen reden”:

Dr. Heike Kaster-Meurer:

“Unterrichtung des Stadtrats nach § 33 Abs. 1 GemO Prüfung Prozessvertretung Stadt Bad Kreuznach Verfahren 1 K 822/18.KO vor dem Verwaltungsgericht Koblenz durch den Rechnungshof Rheinland-Pfalz Rechtliche Grundlage: Gemäß Hauptsatzung der Stadt Bad Kreuznach bin ich als Oberbürgermeisterin befugt, Aufträge für Leistungen nach dem Katalog der VOF bis zu einer Höhe von 50.000 € beauftragen. In einem Kommunalverfassungsstreit gegen mich als Oberbürgermeisterin steht es mir frei, wen ich mit meiner Prozessvertretung beauftrage. In aller Regel beauftrage ich Bedienstete des Rechtsamts der Stadt, es handelte es sich aber vorliegend um einen außergewöhnlichen Fall.

In Verwaltungsrechtstreiten werden nur sehr selten externe Kanzleien beauftragt, wie beispielsweise im Verfahren Abwassersatzung und Tourismusbeitragssatzung durch Bürgermeister Heinrich. Die Kosten, die durch die Beauftragung von Kanzleien durch Ratsmitglieder (unter der Voraussetzung, dass es um organschaftliche Rechte geht) haben wir als Stadt zu tragen, auch wenn die Kläger unterliegen. Die Stadt Bad Kreuznach hatte im Zeitraum von 2015 bis 2019 Kosten in Höhe von € 7.835,24 für Ausgaben von Herrn Zimmerlin zu tragen. Anderen Ratsmitgliedern wurden keine Kosten erstattet. Gründe für Beauftragung: Im vorliegenden Fall habe ich eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt mit besonderem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht und im Gemeinderecht.

Denn es war mir wichtig, zum Schutz unserer wirtschaftlich tätigen Gewobau bestmöglich vertreten zu sein. In der Vergangenheit kam es im Zusammenhang mit ungerechtfertigten Rechtsstreiten des Herrn Zimmerlin zu beträchtlichen Rufschädigungen der Stadtwerke Bad Kreuznach und damit auch der Stadt Bad Kreuznach. Dies wollte ich für die Gewobau nach Möglichkeit vermeiden. Bereits vor Jahren wurde Herr Zimmerlin aus dem Aufsichtsrat der BGK und der Bad GmbH ausgeschlossen, weil er vertrauliche Inhalte aus Unterlagen der Stadtwerke veröffentlicht hatte. Nachdem Herr Zimmerlin deshalb drei erfolglose Verwaltungsrechtsstreite gegen den Stadtrat geführt hatte (Eilverfahren, Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Oberverwaltungsgericht), wurden der Widerruf seiner Bestellungen und die Abberufung von den Ämtern durch die Gesellschaften vollzogen.

Außerdem gab es einen Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht gegen Beschlüsse des Stadtrates gegen die Wahl des Aufsichtsrates der Stadtwerke (ebenfalls ohne Erfolg). Schließlich klagte Herr Zimmerlin gegen ein Ordnungsgeld, welches von mir Herrn Zimmerlin wegen Verschwiegenheitspflichtverletzung nach § 20Abs. 1 GemO im Zusammenhang mit einer nicht-öffentlichen Stadtratssitzung auferlegt worden war. Das Gericht hatte zunächst zur Vermeidung weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen vorgeschlagen, wir sollten unseren Bescheid zurücknehmen und Herr Zimmerlin sollte einen angemessenen Betrag für einen gemeinnützigen Zweck spenden. Schließlich wies der Vorsitzende des Gerichts darauf hin, dass es den Bescheid allein wegen der Höhe des verhängten Ordnungsgeldes von 400 € aufheben würde, weshalb die Vertreterin des Rechtsamts den angefochtenen Bescheid aufgehoben hatte.

Das Gericht hatte die Höhe des Ordnungsgeldes als ermessensfehlerhaft betrachtet; dabei war offenbar nicht gesehen worden, dass Herr Zimmerlinin der Vergangenheit bereits wegen Verletzung der Vertraulichkeit aus Aufsichtsräten ausgeschlossen worden war. Schließlich erhob Herr Zimmerlin auch gegen Beschlüsse des Stadtrates gegen die Wahl des Aufsichtsrates der Stadtwerke Klage (ebenso erfolglos). Hinzu kommt, dass sich Herr Zimmerlin bei dem hier in Rede stehenden Fall im Vorwahlkampf befand, der Hintergrund des Verfahrens war rein politischer Natur. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung möchte ich betonen, dass ich als Vorsitzende des Aufsichtsrates absehbaren Schaden von der Gesellschaft und als Oberbürgermeisterin von der Stadt, die als Hauptgesellschafterin ein hohes Interesse am Ruf der Gewobau hat, abzuwenden habe.

Die Tatsache, dass Herr Zimmerlin aus dem Aufsichtsrat der Gewobau ausgetreten ist (bei dem Verschwiegenheitspflichtverletzungen weit gravierendere Folgen haben als solche eines Ratsmitglieds), haben meine Befürchtungen bestärkt, dass Herr Zimmerlin sensible Daten aus dem Prüfbericht vor der Wahl zur Veröffentlichung nutzen würde, unbeschadet seiner Verschwiegenheitspflicht nach § 20 Abs. 1 GemO. Denn er hatte seinen Antrag wenige Tage nach Austritt aus dem Aufsichtsrat gestellt. Dass meine Befürchtungen berechtigt waren, ist unter anderem durch die Homepage der BüFEP belegt, dessen Vorsitzender Herr Zimmerlin ist. Ich verweise insoweit auf die Bekanntmachung einer Pressemitteilung der BüFEP vom 8.4.2019 und vom 17.4.2019.

Es ist auf der Homepage seit 17.4.2019 ein Vergleich der geschwärzten (gefertigt von der Gewobau) und geweißten Version des Prüfberichts (gefertigt von unserer Datenschutzbeauftragten) veröffentlicht. Durch einfaches Kopieren dieser Veröffentlichung in eine Word-Datei ist der komplette Text für Jedermann lesbar. Auf der Homepage ist außerdem der Antrag der BüFEP vom 8.4.2019 an den Stadtrat (Sitzung vom 18.4.2019) lesbar, der Details aus dem Bericht des Rechnungshofes nennt und vertrauliche, nicht zur Veröffentlichung bestimmte Daten enthält. Wirtschaftlichkeitsgebot: Von vornherein war die Rechtslage nicht klar, ob sich § 33 Abs. 1 S. 2 GemO auch auf eine überörtliche Prüfung eines Beteiligungsunternehmens bezieht, welches dem Landesrechnungshof lediglich satzungsgemäß ein Prüfungsrecht eingeräumt hat.

Leider war die mündliche Verhandlung so außergewöhnlich kurz (12 Minuten), dass nicht die Möglichkeit bestand, diese Rechtsfrage näher zu erörtern. Die Kanzlei war sicherlich nicht für das Ergebnis des Rechtsstreits verantwortlich, auch wenn ich im Interesse der Stadt und im Interesse unserer kommunalen Gesellschaft ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Selbstverständlich habe ich im Vorfeld eine ausreichende Erwägung zu alternativen Mandatierungsmöglichkeiten gegen gesetzliche Vergütung angestellt, auch wenn die Aktenlage keinen schriftlichen Vermerk über unsere Rücksprache am 16.08.2019 um 10 Uhr in meinem Büro enthält. Im Gespräch mit der Leiterin des Rechtsamt wurden alle vorgenannten Aspekte von mir abgewogen.

Neben den bereitsgenannten Überlegungen, war es mir wichtig, eine Kanzlei zu beauftragen, die neben Kompetenzen im öffentlichen Recht auch über Kompetenzen im Gesellschaftsrecht verfügt. Die beauftragte Kanzlei hat aufgrund unserer Hinweise auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit den Vergütungssatz um 25% reduziert; vereinbart wurden dann Stundensätze von € 300 bzw. 230-270 € für angestellte Anwälte. Andernfalls beträgt der Stundensatz € 400. Hinsichtlich eines Schadens: Nach alledem wehre ich mich gegen die Behauptung, eine Pflichtverletzung begangen zu haben. Es hat sich um einen außergewöhnlichen Fall gehandelt, bei dem ich nach Abwägung aller Umstände nicht zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Stellen Sie sich vor, ich hätte das Rechtsamt beauftragt, hätte mir genauso vorgeworfen werden können, ich hätte zum Schutz der Gewobau und zur Schadensabwendung einen Fachanwalt beauftragen müssen (wie es unsere Beteiligungsgesellschaften auch tun dürfen).

Mir hätte zwar nicht die personelle Ausstattung des Rechtsamts vorgeworfen werden können, aber doch, dass das Rechtsamt seit Mai letzten Jahres nicht vollbesetzt war, weil sich eine Juristin in Elternzeit befand, und weil Frau Häußermann zugleich noch das Ordnungsamt leitet. Mit Blick auf die Dimension einer befürchteten Schädigung der Gewobau und deren Existenz sowie deren Bedeutung für unsere Stadt war es für mich gerechtfertigt, eine Mandatierungsvereinbarung abzuschließen, denn der Streitwert spiegelte die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit nicht wider”.

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29.11.19 – “Dr. Kaster-Meurer läßt aus der Stadtkasse 10.000 Euro zahlen, um Transparenz zu verhindern”