Grundstückseigentümer an der Baumgartenstrasse müssen zahlen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Eines kann man der Stadtverwaltung nicht vorwerfen: die Unterschlagung aller relevanter Informationen in dieser Sache. Der kleinen Zahl von Ausschuß- und Stadtratsmitgliedern, die Beschlußvorlagen lesen, hat die Stadtverwaltung einige wichtige Aspekte nicht verschwiegen. U.a. wie lange sie diesen Vorgang verschleppt hat. Natürlich mal wieder Jahre. Ausserhalb öffentlicher Verwaltung wäre das gar nicht möglich. Hier ist es nicht nur möglich, sondern löst nicht einmal Proteste aus. Jedenfalls nicht am vergangenen Mittwoch im Planungsausschuß. Schon Tage vorher war es der Beschlußvorlage mit der Drucksachennummer 19/417 zu entnehmen:

Landesrechnunghof griff ein

“Der Landesrechnungshof hat jedoch im Jahr 2013 (Anmerkung der Redaktion: dies liegt sechs Jahre zurück. Damals war Barack Obama US-Präsident und Donald Trump kannten mehr Glücksspieler und Prostituierte als Einwohner*Innen Bad Kreuznachs) die Stadtverwaltung geprüft und diese Vorgehensweise beanstandet. Mit dem abschließenden Prüfbericht vom 6. November 2014 fordert der Landesrechnungshof: „Für den Ausbau der Straßenoberflächenentwässerung sind künftig Beiträge zu erheben.“ Im Ausschuß wurde es nicht gefragt. Was in all den Jahren aus dieser Detailfrage wurde. Der Beschlußvorlage ist folgender Satz zu entnehmen:

Fünf Jahre lang Schriftverkehr

“Auf Grundlage dieser Rüge und der damit verbundenen Forderung hat die Stadtverwaltung seitdem umfangreichen Schriftverkehr geführt, um keine unwirtschaftlichen Erhebungsverfahren durchführen zu müssen. Für kleinere Maßnahmen waren diese Bemühungen schlussendlich erfolgreich und die Ausbaubeitragssatzung wurde entsprechend angepasst (Beschluss des Stadtrates vom 29.08.2019, Drucksache Nr. 19/134-1). Damit werden geringe Kanalbaumaßnahmen weiterhin nicht abgerechnet. Dies trifft jedoch auf die Baumgartenstraße nicht zu”. Das bedeutet: die Stadtverwaltung Bad Kreuznach hat tatsächlich fünf volle Jahre gebraucht, um auf dem Weg über “Schriftverkehr” eine Lösung für “kleine Maßnahmen” zu finden.

Verjährung droht

Und dann wundern wir uns, warum in Berlin seit 20 Jahren ein Flughafen projektiert, aber nicht fertiggestellt wird. Im Vergleich sind die dort doch schon sehr weit … Warum das Thema diese Woche im Ausschuß und am kommenden Donnerstag im Stadtrat behandelt werden muß, wurde in der Sitzung mündlich erläutert: “Verjährung droht”. Sind den Beitragspflichtigen bis zum 31.12.19 die Bescheide nicht zugestellt, hat die Stadt keinen Anspruch mehr. Wohl gemerkt für eine Baumaßnahme, die vor über vier Jahren abgeschloßen wurde. Bevor Bescheide verschickt werden können, muß es zunächst einmal eine Anspruchsgrundlage geben. In Form eines Stadtratsbeschlusses. Daher heisst es in der Beschlußvorlage:

Stadtratsbeschluß erforderlich

“Damit der Ausbaubeitrag gesondert als Teilbeitrag erhoben werden kann, ist ein Beschluss des Stadtrates erforderlich (§ 8 der Ausbaubeitragssatzung)”. Und eine amtliche Bekanntmachung. Dagegen und gegen die Bescheide sind natürlich Rechtsmittel möglich. Die Stadtverwaltung ahnt, dass es einige Betroffene gibt, die davon Gebrauch machen werden. Denn vor Beginn der Maßnahme hatte die Stadtverwaltung – trotz des Prüfvermerkes des Landesrechnungshofes – den Grundstückseigentümern versichert, der Ausbau werde sie nichts kosten. Aus diesem Grund regten mehrere Ausschußmitglieder sowohl eine umfassende schriftliche Information als auch eine Bürgerversammlung zu dem Thema an.

Gesamtanteil 140.000 Euro

Immerhin geht es um 140.000 Euro. Nach dem Vorschlag der Verwaltung hätte davon der Stadtanteil 45% betragen sollen. Über die von der Verwaltung aufgelisteten, fachlich einwandfreien Argumente, setzten sich die Kommunalpolitiker mehrheitlich hinweg. Gegen zwei Neinstimmen und bei einer Enthaltung beschlossen sie den Stadtanteil auf 55% zu erhöhen. In der Hoffnung für diese Großtat von den Betroffenen positiver gesehen zu werden. Die Interessen der dadurch um 10% mehr belasteten Allgemeinheit wird nach wie vor allein vom Landesrechnungshof vertreten.

Nur Grundstückseigentümer müssen zahlen

Weil es da in anderen Presseorganen fehlerhafte Mitteilungen gab, hier nur kurz die korrekte Darstellung: nicht Mieter oder Anwohner, allein die Grundstückseigentümer müssen die anteiligen Kosten, die sich laut Stadtverwaltung auf 70 Grundstücke mit rund 100 Eigentümern verteilen, tragen. Und weil es sich nicht um eine mietrechtliche Modernisierungsmaßnahme gehandelt hat (und eine solche ja auch nicht angekündigt wurde) ist auch eine Umlage der Kosten auf die Miete unzulässig.