Dieses Verkehrsexperiment der Stadt ist geglückt

Von Claus Jotzo

Auch im Strassenverkehr kann nicht alles mit wissenschaftlicher Präzision vorhergesagt werden. Daher gehören Experimente zu seriöser kommunaler Verkehrspolitik. Wenn Sie entsprechend gut vorbereitet und durchdacht sind. Und nicht allein oder überwiegend geheim gehaltenen und / oder politisch motivierten Zielen dienen. Mit Varianten derartiger Willkür-Experimente mit lebenden Menschen haben die Einwohner*Innen Bad Kreuznachs in den vergangenen Jahren vielfach schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Beispiel hierfür ist die vor Jahren verfügte Sperrung der Einfahrt von der Panzer- in die Rheingrafenstrasse und die versuchte Umleitung dieses Verkehrs über die Alzeyer Strasse.

Die Absicht, ein Luxuswohnviertel für wenige hundert Menschen zu Lasten von tausenden Einwohner*Innen in den Gewobau-Wohnblöcken längs der ohnehin schon stark be- bzw überlasteten Alzeyer Strasse vom Durchgangsverkehr zu entlasten, mußte von der Stadtverwaltung wegen massiver Proteste nach kurzer Zeit wieder fallengelassen werden. Länger, nämlich ein Jahr und ein paar Wochen, wurden die sich in Bad Kreuznach automobil bewegenden Menschen mit der Ursprungsvariante der sogenannten Pop-Up-Radwege in der Gensinger Strasse gequält.

Obwohl diese Seite die Folge der willkürlichen und erfahrungswidrigen Zusammenlegung der Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur mehrfach ins Bild gesetzt hat, erfolgte vorsätzlich lange Zeit keine Veränderung. Bis dann endlich bei der Vorstellung der aktuell ausgeschilderten Verkehrsführung die Linksabbieger und Geradeausfahrer zusamnmengelegt wurden. Und die stark frequentierte Rechtsabbiegerspur wieder gesondert eingerichtet wurde. Bis heute gibt es dazu kein Wort der Erklärung. Oder gar Entschuldigung von jenen, die von den Einwohner*Innen für gute Lösungen und nicht für ideologische Erziehungsexperimente bezahlt werden.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen habe ich die Abschaltung der Ampelanlage an der Einmündung der Querspange von der Planiger in die Gensinger Strasse kritisch gesehen. Das Rechtsabbiegen dort stadtauswärts war nie ein Problem. Aber wer Richtung Innenstadt wollte, hatte bei zwei zu überquerenden und einer Einfädelspur zu bestimmten Tageszeiten Probleme. Die haben sich durch die Reduzierung auf eine Fahrspur und die Einrichtung des Radweges nicht verringert. Und die nach wie vor beampelte Doppel-Kreuzung von Wöllsteiner, Planiger und Gensuinger Strasse war noch nie eine Alternative.

Wer schon mal zur Hauptverkehrszeit von der Wöllsteiner Strasse Richtung Innenstadt einfahren wollte, weiss: diese Alternativstrecke bedeutet minutenlanges Staustehen. Aber offenbar haben jene Fahrzeugführer, die bisher zum Start der Ampelabschaltung die Querung von der Planiger zur Gensinger Strasse nutzten (etwa über die Lämmerbrücke) eine nicht mehr Fahrzeit in Anspruch nehmende Alternativstrecke gefunden. Jedenfalls habe ich selbst bei unzähligen Fahrten über diese Kreuzung keine einzige Stauung erlebt. Und auch keine diesbezüglichen Erlebnisberichte erhalten (anders als zu anderen Problemstellen).

Angesichts der Betriebs- und Unterhaltungskosten einer grossen Ampelanlage darf dieses Experiment also als geglückt bezeichnet werden. Der einzige Kritikpunkt in diesem Fall: die ausdrücklich als Experiment angekündigte Ampelabschaltung läuft jetzt seit fast zwei Jahren. Noch immer ist die Ampelanlage nur abgehängt. Und nicht abgebaut. Einen amtlichen Erfahrungs- und Sachstandsbericht gabs bisher weder im Stadtrat noch im zuständigen Ausschuss für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr (PLUV). Leider trifft das für viele andere Themen auch zu.