Zugang zum Stadtratssitzungssaal gestern Abend versperrt

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Seit 2016 tagen die städtischen Gremien nicht mehr im Casinogebäude. Das hat sich in vielerlei Weise negativ ausgewirkt. Nicht nur durch den dadurch bewirkten weitgehenden Wegfall der Gesprächsmöglichkeiten, die insbesondere nach Stadtratssitzungen der Ratskeller bot. Sondern auch hinsichtlich der gesetzlich vorgeschriebenen Transparenz. Es ist ohnehin nur ein sehr sehr kleiner Teil der Einwohner*Innen, der sich die Mühe macht an den öffentlichen Sitzungen teilzunehmen. Wechselnde Sitzungssäle (der Stadtrat tagte mal im Großen Kursaal, in der Kreisverwaltung, im Verwaltungsgebäude Brückes und seit Anfang 2023 im neuen Rathaus) sind da mehr als hinderlich.

U.a. im Einzelhandel ist das Phänomen als “Schwellenangst” lange bekannt. Während der Sitzungsdienst für die Ausschüsse im Else-Liebler-Haus – abgesehen von den räumlich sehr beengten Verhältnissen – hinsichtlich des Zuganges für die Öffentlichkeit noch einigermaßen funktionierte, gab 2019 es nach dem Umzug in die frühere Telekom-Kantine im Gebäude Brückes 2 – 8 erhebliche Mängel. Während den Mandatsträger*Innen und der Presse der dortige Sitzungssaal bekannt war, wurde der Öffentlichkeit der Zugang mehrfach verweigert. Mal durch Absperrung des Haupteinganges ohne jeden Hinweis auf den Nebeneingang. Mal durch das Verschliessen aller Eingänge. Häufig durch das Unterlassen jedwelcher Beschilderung.

Am gestrigen Donnerstagabend (14.12.2023) wurde erneut deutlich, dass sich an diesen Verhältnissen auch im neuen Rathaus leider nichts ändert. Schon bei früheren Sitzungen war dort die bisher einzige Eingangstür am Seiteneingang von der Rossstrasse aus nach Sitzungsbeginn immer mal wieder verschlossen. Gestern traf es (mindestens) das Stadtratsmitglied Dr. Herbert Drumm. Der sitzt für die Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag und kam wegen einer Plenarsitzung in Mainz über eine Stunde später zum neuen Rathaus am Kornmarkt. Dort fand er die Eingangstür verschlossen vor. Er versuchte fernmündlich einen Sitzungsteilnehmer zu erreichen. Es gelang ihm Mirko Helmut Kohl (CDU) zu sprechen.

Der lief dann während der Sitzung die drei Stockwerke nach unten und öffnete seinem Ratskollegen den Eingang. Der war noch immer verschlossen, als der öffentlich Teil gegen 19:49 Uhr endete. Noch um 17:15 Uhr war Jürgen Cron, der kommissarische Amtsleiter des Amt für Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit mit einem Haustechniker am Eingang und ließ sich die Schließautomatik und deren Steuerung erklären. Wie es trotzdem zu der Zugangssperre während der öffentlichen Sitzung kommen konnte, könnten die Ratsmitglieder aufklären. Mal sehen, ob es ein oder mehrere gibt, die am freien Zugang für Einwohner*Innen Interesse haben. Und an der Rechtmäßigkeit von Stadtratsbeschlüssen.

Denn die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeit ist tatsächlich ja nicht gegeben, wenn der einzige Zugang zum Gebäude, in dem die Sitzung stattfindet, verschlossen ist. Bisher hat es keinen Kläger gegeben, der sich bei der Anfechtung eines Stadtratsbeschlusses darauf berufen hat. Und wo kein Kläger – da kein Richter. Aber das kann sich bei entsprechender Interessenslage und / oder Betroffenheit ja ändern. Normale Stadtratsbeschlüsse können mit diesem Argument drei Monate lang angefochten werden. Satzungsbeschlüsse (auch Bebauungspläne) sogar ein Jahr lang nach der amtlichen Bekanntmachung. Es könnte also irgendwann ein böses Erwachen in dieser Frage geben. In Wochen oder Monaten. Wenn niemand mehr daran denkt.