“Technik schaltet ab, weil sie sich überlastet fühlt”

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Rainer Gerlach ist mehr die gute Seele des städtischen Abwasserbetriebes, als dessen Leiter. Natürlich kennt er jedes Detail der Anlage, für die er nicht nur verantwortlich ist, sondern sich erkennbar verantwortlich fühlt. Anders als andere Amtsleiter drängt sich Gerlach in seinem zuständigen Fach-, dem Finanzausschuss, mit seinem Spezialwissen nicht auf. Hausieren geht er damit schon gar nicht. Natürlich wird jede Frage der Ausschussmitglieder beantwortet. Allerdings eher lakonisch. Auf den tatsächlich relevanten Inhalt reduziert.

Lothar Bastian dankte als “Ausschussältester” den Mitarbeiter*Innen der Stadtkämmerei für die gute Zusammenarbeit mit dem Gremium im Haushaltsjahr 2023.

Mitunter wählt Gerlach Formulierungen, die technische Sachverhalte bildhaft beschreiben. In der Sitzung des Finanzausschusses am gestrigen Mittwochabend (6.12.2023) wollte Holger Grumbach (SPD) wissen, warum im Wirtschaftsjahr 2020 die Kosten für Überstunden auf 28.000 Euro gestiegen waren. Gerlach erinnerte an die von ihm bereits mehrfach angeführten unbesetzten Stellen. Der Abteilungsleiter erläuterte, dass jedes größere Regenereignis Mehraufwand bedeute. Und stellte dann zur Beschreibung der Probleme vor Ort trocken fest:

“Die Technik schaltet ab, weil sie sich überlastet fühlt”. Immerhin sei das Abwasserwerk mit 75 Schaltschränken ausgestattet, die von wenigen Personen zu betreuen seien. Den weiteren uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dornbach GmbH (Koblenz) für eine tadellose Betriebsführung und das damit verbundene Lob nahm Gerlach regungslos hin. Mit einem gewissen Erstaunen verfolgte er dann die weitere Diskussion. Denn statt um die durch die Prüfer festgestellten ausgesprochen positiven Zahlen uneingeschränkt zu loben, wurde von mehreren Ausschussmitgliedern vor allem an der hohen Eigenkapitalquote herumgemäkelt.

Die stieg um 0,6% auf 90,9%. Und wäre noch höher, wenn die Stadt im Rahmen der Städtefusion mit Bad Münster von dort neben, wie sich der sitzungsleitende Beigeordnete Markus Schlosser auszudrücken beliebte, “schlechten Kanalisation” nicht auch noch Millionenkredite hätte übernehmen müssen. Denn die wenigen rein Bad Kreuznacher Altlasten beziehen sich auf Verbindlichkeiten durch Förderdarlehen und sind im Jahr 2025 getilgt. Schlossers Antwort war eine Replik auf einen Wortbeitrag Norbert Welschbachs (CDU), der früher für das Abwasser in der Verbandsgemeinde Bad Münster verantwortlich zeichnete. Welschbach beschrieb die hohe Eigenkapitalquote als Problem, insbesondere wenn diese 100% erreiche.

Zuvor hatte schon Lothar Bastian (Grüne) auf die vielen Steuer- und Abgabenerhöhungen hingewiesen, die der Stadtrat den Einwohner*Innen zugemutet hatte. Um dann eine Gebührensenkung beim Abwasser anzuregen, die von den Menschen als “ermunterndes Signal” verstanden würde. Es benötigte dann die gemeinsame Argumentationskraft von Sachbearbeiter Walter Kuhn, Kämmereiamtsleiter Thomas May und Beigeordnetem Schlosser, um die Vorteile der hohen Eigenkapitalquote für die Einwohner*Innen und die Nachteile eines höheren Fremdkapitalanteiles (“Zinsen”) zu verdeutlichen.