Verkehrsentlastung der Innenstadt durch eine Ost-West-Trasse beabsichtigt

Berichtet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am gestrigen Dienstagabend (5.12.2023) wurden im städtischen Planungsausschuss (PLUV) jene Zahlen veröffentlicht, auf die die Kommunalpolitik seit Jahren wartet. Nämlich die zur innerstädtischen Verkehrsentwicklung für den Fall, dass die Ost-West-Trasse (durchgängig vom Polizeiviadukt längs der Berufsschule auf dem Kohleweg und den ersten rund 500 Metern der Bosenheimer Strasse bis zum Fleischhauer-Kreisel) gebaut wird. Das Strassenprojekt geistert bereits seit vielen Jahrzehnten durch die Planungen der städtischen Verkehrswege.

Die Karte zeigt die wesentlichen Veränderungen des “Planfalles 4” im Vergleich zur aktuellen Lage.

Mal wurde die Idee begeistert gefeiert, mal als antiquiert verworfen. Und in den letzten Jahren mehr verwaltet als gestaltet. Das soll sich nach dem Willen der Stadtverwaltung nun ändern. Auf der Basis verlässlicher Daten und Zahlen. Die wurden in einer wissenschaftlichen Studie erarbeitet, die die Stadt bereits vor Jahren zusammen mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Auftrag gegeben hat. Wieso es so lange dauerte, bis die Ergebnisse vorlagen, wurde von der Stadtverwaltung bisher immer mit dem Hinweis auf Corona erklärt:

Mit rot ist hier die neue Trasse aufgeführt. Die darin angegebenen Zahlen drücken die von dieser neuen Strasse aufgenommenen Verkehrsbewegungen aus. In grün sind die Entlastungen der anderen Strassen markiert.

Die Eingriffe ins Arbeits-, Konsum- und Freizeitverhalten der Menschen durch die Bekämpfungsmethoden der Seuche (Sperrung Gastronomie und Ladengeschäfte, Home Office) hätten realistische Verkehrszählungen verhindert. Friedbert Lohner vom LBM präsentierte den Kommunalpolitiker*Innen gestern Abend eine ergänzende Begründung: gut ein Jahr Zeit wurde allein deshalb verloren, weil die mit einer früheren Verkehrsuntersuchung (IVEK) beauftragten Planer ihre Daten zunächst nicht zur Verfügung stellten. Erst über einen Subunternehmer der damals tätigen Wissenschaftler seien die Daten erlangt worden.

Diese Darstellung gibt die erwartete Verkehrsbelastung nach dem Bau der Ost-West-Trasse an.

Jetzt liegen die Ergebnisse jedenfalls vor. Und wurden gestern von Dr.-Ing- Michael Schenk (T + T Verkehrsmanagement GmbH, Dreieich), Friedbert Lohner (LBM) und dem Leiter des städtischen Tiefbauamtes, Philipp Geib, einmütig wie folgt dargestellt: um die Wilhelmstrasse von vier auf zwei Fahrstreifen für den Individualverkehr verschlanken zu können, die Salinenstrasse verkehrszuberuhigen, den Bahnübergang Rheingrafenstrasse schliessen und die Durchfahrt in der Ringstrasse zum Schutz u.a. des Krankenhauses unterbinden zu können, ist eine effektive Ost-West-Trasse erforderlich.

Dr.-Ing- Michael Schenk (T + T Verkehrsmanagement GmbH, Dreieich) und Friedbert Lohner (LBM, von rechts) trugen die Ergebnisse der Untersuchung vor.

Diese neue Strasse nimmt (alle Angaben für je 24 Stunden) rund 18.120 Fahrzeuge auf und entlastet damit die Salinenstrasse um 9.880 Fahrzeuge, die Ringstrasse um 6.150 Fahrzeuge und die Wilhelmstrasse um 8.940 Fahrzeuge. Der dafür zugrundegelegte “Planfall 4” erfordert neben dem Neubau einer Strasse auf der Südseite längs der Bahnlinie vom Polizeigebäude, vorbei an der Berufsschule, der derzeit in Planung befindlichen neuen Grundschule und dem Kohleweg bis zu dessen Einmündung in die Bosenheimer Strasse auch die “leistungsfähige Neugestaltung” mehrere Knotenpunkte.

Diese Karte zeigt die aktuelle Verkehrsbelastung der angeführten Strassen in der Innenstadt auf.

Zu denen zählt der zweispurige Ausbau des Polizei-Viaduktes Höhe Moltkestrasse, die Anbindung (und der Neubau) der Ochsenbrücke sowie die deutliche Vergrößerung des Fleischhauer-Kreisels. Dort werden bisher in Ost-West-Richtung rund 16.000 Fahrzeuge abgewickelt und in Nord-Süd-Richtung rund 22.000. Mit der Ost-West-Trasse würden diese Zahlen auf fast 25.000 Fahrzeuge (Ost-West) bzw rund 26.000 Fahrzeuge (Nord-Süd) ansteigen. Die Erweiterung dieses Kreisels, der schon heute stundenweise vollkommen überlastet ist, wird schon seit vielen Jahren gefordert.

Dieses Vorhaben scheiterte in der Vergangenheit aufgrund fehlender Verkaufsbereitschaft am notwendigen Grunderwerb. An die Präsentation der fünf untersuchten Planfälle schloss sich eine Aussprache im Ausschuss an (Bericht dazu folgt). Der sitzungsleitende Oberbürgermeister Emanuel Letz kündigte an, die Stadt werde nun auf der Basis des “Planfalles 4” die Untersuchung einer “leistungsfähigen Knotenpunktgestaltung” in Auftrag geben und danach wieder informieren. Dr.-Ing- Michael Schenk bezifferte den Zeitrahmen für die Realisierung der Planung auf “zehn bis fünfzehn Jahre”. Zu einer Beschlussfassung kam es nicht.