Wieder eine Panne im Stadthaus

Das seit einem halben Jahr personell aufgerüstete Hauptamt schafft es mittlerweile nicht einmal mehr den Oberbürgermeister bei der Erstellung vollständiger Einladungen zu Stadtratssitzungen erfolgreich zu unterstützen. Am 18. Oktober 2023 hatte die Fraktion Faire Liste / BüFEP den Antrag “Einberufung einer Einwohnerversammlung zum Thema Wiederkehrende Beiträge vor Beschlussfassung” bei Emanuel Letz vorgelegt. Auch die Geschäftsleitung der Stadtverwaltung, Nathalie Herberger, und der kommissarische Leiter des Amtes für Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit, Jürgen Cron, erhielten den Antrag.

Auf die Tagesordnung (TO) der Stadtratssitzung am 30. November 2023 wurde der Antrag gleichwohl nicht aufgenommen. Ein klarer Verstoß gegen die Gemeindeordnung des Landes Rheinland-Pfalz (GemO) und die Geschäftsordnung des Stadtrates. In der bestimmt § 3 “Tagesordnung”: “die Oberbürgermeisterin setzt … die Tagesordnung fest. Dabei sind Angelegenheiten, die zu den Aufgaben des Stadtrates gehören, in die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufzunehmen, wenn dies … von einer Fraktion beantragt wird”. Die juristische Einschränkung, derzufolge diese Verpflichtung nicht besteht, “wenn der Stadtrat den gleichen Gegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits beraten hat”, ist in diesem Fall nicht einschlägig.

Die Tatsache, dass der Antrag es in der Oktober-Sitzung als “Eilantrag” nicht auf die Tagesordnung schaffte, darf nach der Rechtsprechung des Koblenzer Verwaltungsgerichtes nicht als “beraten” verstanden werden. Denn eine “Beratung” kann nicht vor einer Stadtratssitzung stattfinden. Und sich nicht in der Frage erschöpfen, ob die Beratung im Sinne der GemO eilbedürftig ist oder nicht. Wilhelm Zimmerlin, der schon mehrere Rechtsbrüche der Stadtverwaltung als solche hat verwaltungsgerichtlich überführen lassen, hat Oberbürgermeister Letz unverzüglich nach Erhalt der Tagesordnung am Wochenende auf den Fehler aufmerksam gemacht.

“Leider müssen wir feststellen, dass unser Antrag entgegen § 34 Abs. 5 GemO sowie entgegen § 3 Abs. 1 GO des Stadtrats nicht auf der Tagesordnung steht. Damit verletzen Sie wiederholt unsere verbrieften Mitwirkungsrechte. Es liegt an Ihnen, für Abhilfe zu sorgen”, schreibt Zimmerlin. Mit der erneuten Panne hat die Stadthaus-Crew dem OB einen Riesenärger eingehandelt. Denn in der Sache zielt der Antrag darauf ab vor der für den 30.11.2023 vorgesehenen Verabschiedung der städtischen Satzung zu den Wiederkehrenden Beiträgen eine Einwohnerversammlung durchzuführen.

Auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am Donnerstag dieser Woche kann Letz den Antrag nicht mehr aus eigener Machtvollkommenheit setzen. Denn die Einladungsfrist ist längst abgelaufen. Und der Stadtrat dürfte das nur dann machen, wenn eine Eilbedürftigkeit vorliegt. Also nicht die, die die Bad Kreuznacher Kommunalpolitiker*Innen immer mal wieder zu erkennen glauben. Sondern die gemäß der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz. Die ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Stadtverwaltung sich nach der landesgesetzlichen Veränderungen für die Strassenausbaubeiträge ganz entspannt dreieinhalb Jahre Zeit gelassen hat, um die vor Ort nötigen Beratungen durchzuführen.

Demzufolge ist der Verlust des Landeszuschusses in Höhe von rund 250.000 Euro, der der Stadt droht, wenn sie die neue Satzung nicht bis zum 31.12. dieses Jahres beschliesst, selbst verschuldet. Und kann Eilbedürftigkeit nicht begründen. Für OB Letz und die Stadtratsmehrheit ergibt sich so eine Zwickmühle: wird der Antrag wegen angeblicher Eilbedürftigkeit auf die TO aufgenommen, vor dem Punkt “Satzung Strassenausbaubeiträge” behandelt und erwartungsgemäß abgelehnt, würde eine Anfechtung dieser Aufnahme den Satzungsbeschluss anfechtbar machen. Denn wenn die Behandlung des Antrages rechtswidrig erfolgte, spielt das Abstimmungsergebnis keine Rolle mehr.

Dann könnte dieser Formfehler in den bereits angekündigten Normenkontrollverfahren gegen die Satzung, mit der die Wiederkehrenden Beiträge eingeführt werden, zum Problem für die Stadt werden. In jedem Fall steht fest: wenn es um Beförderungen, Verbeamtungen und neue Stellen – also die eigenen Interessen – geht, dann läufts im Stadthaus. Wenn “nur” um die Vorschriften der demokratisch gewählten Volksvertretung betroffen sind, dann passieren in unschöner Regelmäßigkeit Fehler und Pannen.