Kreis verschiebt Entscheidung über das Containerdorf in der Riegelgrube

Von Adrian Rahmani
und Claus Jotzo

Eigentlich sollte der Kreistag am gestrigen Montagnachmittag (6.11.2023) einen Beschluss zur “Temporären Wohnanlage für Geflüchtete” fassen. In einer Vorlage von Landrätin Bettina Dickes (CDU) und Erstem Kreisbeigeordneten Oliver Kohl (SPD) wird beantragt, den Kreistagsbeschluss vom 7.11.2022, eine Flüchtlingsunterkunft in der Bad Kreuznacher Riegelgrube zu errichten, aufzuheben. Doch dazu kam es nicht. Denn rund zwei Stunden nach Sitzungsbeginn, als der Punkt an der Reihe war, begannen sich die Reihen im Gremium zu lichten. Da an der Diskussion über dieses politisch wichtige Thema möglichst viele der Verantwortungsträger*Innen beteiligt sein wollten, wurde der Punkt kurzerhand per Zwischenabstimmung in die Kreistagssitzung am 4. Dezember vertagt. 

Beim Tagesordnungspunkt KRN Busgesellschaft waren noch viele Kreistagsmitglieder anwesend. Danach lichteten sich die Reihen.

Tatsächlich musste die Sitzung kaum eine halbe Stunde später abgebrochen werden, weil aufgrund einiger “Abgänge” die Beschlußfähigkeit nicht mehr gegeben war. Aufmerksame Beobachter möchten trotzdem eine kommunalpolitische Inszenierung nicht ausschließen. Denn nicht nur die Art und Weise, wie die hauptamtliche Kreisspitze den ehrenamtlichen Kreistagsmitgliedern den krassen Kurswechsel mitgeteilt hat (per Presseerklärung) hat für Diskussionsstoff gesorgt.

Die Landrätin und der Erste Kreisbeigeordnete steckten nicht nur in der Kreistagssitzung die Köpfe zusammen. Und unternahmen einen Vorstoss zum Ausstieg aus den Containerdorf-Plänen.

Auch die schriftlich vorgelegte Begründung stößt auf Widerstand. Zunächst referieren Dickes und Kohl die vor rund zwei Jahren gegebene Lage: “Anfang des Jahres 2022 war aufgrund einer sich andeutenden steigenden Zuweisung von Geflüchteten und eines angespannten Wohnungsmarktes im gesamten Landkreis Bad Kreuznach zu erwarteten, dass für eine große Zahl Geflüchteter keine adäquaten Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden könnten. Aus diesem Grund wurde das Bauamt gemeinsam mit dem Sozialamt beauftragt, ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen, um Angebote für geeignete Grundstücke zu erhalten, auf denen Wohnanlagen in Containerbauweise für Geflüchtete errichtet werden könnten.

Der Bundesgesetzgeber hat mit dem § 246 BauGB Sonderregelungen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften, die die Errichtung solcher Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen auch im Außenbereich oder Gewerbegebieten ermöglichen, erlassen. In seiner Sitzung am 07.11.2022 (Vorlage – 006/2022-01-01-03) entschied sich der Kreistag für ein Grundstück in der Bad Kreuznacher Riegelgrube und beauftragte die Verwaltung, einen Grundstückmietvertrag mit dem Eigentümer abzuschließen. Gleichzeitig sollte eine Planung für den Standort erstellt werden, um bis zu 200 Personen unterzubringen”. So weit, so unstrittig. Aber der dann folgenden Feststellung wurde bereits öffentlich widersprochen:

“Zwischenzeitlich wurde in der Stadt Bad Kreuznach erklärt, dass es zahlreiche alternative Möglichkeiten gibt, um eine sozialverträglichere Verteilung der Geflüchteten im Stadtgebiet zu erreichen. Somit entfällt in der Stadt Bad Kreuznach der Bedarf und die Möglichkeit von den genannten Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte Gebrauch zu machen”. An dieser Darstellung hat die Bad Kreuznacher Stadtspitze deutlich Kritik geübt. Insofern gibt die gestern beschlossene Verschiebung dem Stadtvorstand die Möglichkeit, die Kreisspitze zu einem Umdenken zu bewegen. Was, wenn dem Kreis vom Land Anfang Dezember neue hohe Flüchtlingszuweisungen für das kommende Jahr angekündigt werden?

Dann müsste dieser die Verbandsgemeinden und und die Stadt entsprechend informieren. Würde Bad Kreuznach dann in der Logik der aktuellen Argumentation ihres Oberbürgermeisters eine Überlastungsanzeige abgeben, könnte der Kreis seine Riegelgruben-Pläne gar nicht mehr aufgeben. Denn die Kommunikationsprobleme zwischen Kreis und Stadt sind das eine. Die zwingende Verpflichtung zur Unterbringung der zugewiesenen Geflüchteten das andere. Und wer will heute aufgrund der weltpolitischen Lage ausschliessen, dass sich die Geflüchteten-Problematik in den kommenden vier Wochen dramatisch verschärft? Insofern könnte die Vertagung noch schwerwiegende Konsequenzen haben.

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17.10.2023 – “Die Profis zeigen’s den Amateuren”
16.10.2023 – “Kreis: doch kein Containerdorf in der Riegelgrube”