Angelina Kappler thematisiert die Diskriminierung von Sinti und Roma

Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein

„Ich bin eine Sinteza“, sagt selbstbewusst eine junge Frau, die mittlerweile zu den prominentesten Repräsentanten der Sinti und Roma in Deutschland gehört. Angelina Kappler hat ihre Amtszeit als Deutsche Weinkönigin 2019/20 genutzt, um in den Medien und bei Veranstaltungen die „stille Diskriminierung“ dieser Minderheit zu thematisieren. „Die stille Diskriminierung – Sinti und Roma in der heutigen Gesellschaft“, war auch das Thema ihres mit rund 30 Gästen gut besuchten Vortrages im Haus der Stadtgeschichte, dem Stadtarchiv Bad Kreuznach. „Erzähle niemanden, dass ich eine Sinteza bin“, wollte die Mutter ihre Tochter schützen.

Doch als es sich in der badischen Heimatgemeinde rumsprach, war Angelina ausgegrenzt und zudem Zielscheibe übler Witze über die „Zigeuner“. „Eltern habe ihren Kindern verboten, mit mir zu spielen.“ Das hat sie geprägt, aber dahingehend, dass sie stolz auf ihre Herkunft ist. In der Schule schrieb sie eine Facharbeit über die leidvolle Geschichte der Sinti und Roma. Ihr Großvater gehörte zu den maximal 5.000 Sinti und Roma, die das KZ, das Grauen des Nationalsozialismus, überlebten.“ Die Sinti und Roma in Deutschland musste lange kämpfen. Erst 1982 wurden die NS-Verbrechen- rund eine halbe Million Sinti und Roma waren Opfer – als Völkermord anerkennt.

Bis dahin galten sie offiziell als „asozial und kriminell“. 1995 folgte die Anerkennung als deutsche Minderheit und erst 2022 eine offizielle Entschuldigung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für Diskriminierung, Stigmatisierung und Kriminalisierung. Noch nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden NS-Akten über Sinti und Roma für den behördlichen Rassismus, um die fortgesetzte Diskriminierung zu legimitieren, herangezogen. Warum dieser Hass und diese Ächtung? „Man hat ihnen nie eine Chance gegeben“, gab Angelina Kappler einen Einblick in die Geschichte. Sinti und Roma sind keine Nomaden aus der freien Entscheidung.

Schon in ihrem ursprünglichen Herkunftsland Indien wurden sie maximal geduldet und mussten letztendlich auswandern. Die Sinti waren auf ihrem Weg durch Europa nirgendwo willkommen, auch aus Neid der jeweiligen Bewohner, weil die Fremden hervorragende Handwerker waren. Im 15. Jahrhundert wurden sie gar für „vogelfrei“ erklärt. Im 18. Jahrhundert nahm man ihnen ihre Kinder weg, um sie anständig christlich zu erziehen, dabei sind die meisten Sinti tiefgläubige strenge Katholiken. Auch heute noch verbergen viele Sinti, die mittlerweile ihren Platz in der Gesellschaft haben, ihre Herkunft, aus Sorge vor Benachteiligung und Diskriminierung.

Angelina Kappler hat Ernährungswissenschaften studiert, ist der Liebe wegen nach Weinsheim gezogen und hat an der Nahe eine Winzerausbildung gemacht. Sie arbeitet als freiberufliche Moderatorin und engagiert sich im Zentralverband der deutschen Sinti und Roma. Sie Gründungsmitglied des Studierendenverbandes für Sinti und Roma. Dass noch viel Aufklärungsarbeit von Nöten ist, zeigen auch die Facebook-Posts, die sie bekommt, die für die Hartnäckigkeit von Vorurteilen stehen. Dass Aufklärung eine „Herzensangelegenheit“ von Angelina Kappler ist, spürten die Menschen, die an diesem Abend ihr zum Abschied viel Erfolg bei ihrem Bestreben wünschten, dass „Sinti und Roma als Teil unserer Gesellschaft willkommen sind.“

Autor Hansjörg Rehbein ist Mitarbeiter beim Hauptamt der Stadtverwaltung Bad Kreuznach