Winzenheimer Ortsbeirat verlangt Beteiligung bei Entscheidung über “Wiederkehrende Beiträge”

Im Bürgerinfomationssystem der Stadtseite wurde die entsprechende Information noch nicht veröffentlicht. Die Stadtratsmitglieder konnten es aber gestern Abend im geheimen Untersystem für Mandatsträger*Innen schon lesen: die für die Einführung der wiederkehrenden Beiträge bei Strassenausbaumaßnahmen erforderlichen Satzungen und Beschlüsse sollen bereits in der Stadtratssitzung am Donnerstag kommender Woche (12.10.2023) unter Tagesordnungspunkt 5 gefasst werden. In der Sitzung des Winzenheimer Ortsbeirates am gestrigen Mittwochabend (4.10.2023) sorgte das für einhellige Missstimmung. Gleich aus zwei Gründen.

Zum einen hatte das Winzenheimer Stadtratsmitglied Rainer Wirz (CDU) bereits in der Sondersitzung des Planungsausschusses (PLUV) am 26.9.2023 dem in dieser Sache federführenden Stadtbauamt einen gravierenden Fehler nachgewiesen. Die Verwaltungsspezialisten hatten – tatsachenwidrig – behauptet, bei der Bretzenheimer Strasse handele es sich durchgehend um eine Kreisstrasse. Die Behauptung ist erweislich unwahr. Lediglich der östliche Teil dieser Hauptverkehrsstrasse, vom “Plaggen” bis zum Ortsausgang Richtung Bretzenheim, wird als K 49 geführt (diese Seite berichtete).

Das hat gravierende beitragsrechtliche Folgen. Da nämlich auf dem weitaus längeren Abschnitt der Bretzenheimer Strasse Durchgangsverkehr abgewickelt wird, muss die Stadt bei Ausbaumaßnahmen im nördlichsten Stadtteil unter Anwendung ihrer eigenen “Planig-Logik” volle fünf Prozent höhere Anteile zahlen. Solange das neue Recht gilt. Also Jahrzehnte oder Jahrhunderte. Alleine die – von der Stadt wie schon der Kreisstrassen-Fehler noch immer nicht öffentlich eingeräumte – 5%-Anteilsveränderung spart den privaten Grundstückseigentümern über die Zeit Millionen von Euro.

Aber um Geld allein geht es dem Winzenheimer Ortsbeirat nicht. Sondern um die Einhaltung von Recht und Gesetz. Und die Einlösung der in Sonntagsreden von Stadthauspolitikern immer wieder hochgelobten Einbeziehung der Ortsbezirke. Lothar Butzbach (CDU) war der erste im Ortsbeirat, der das Thema ansprach. Butzbach, der sich vor rund 30 Jahren als Leiter des städtischen Sozialamtes verabschiedete, um anderenorts Verwaltungskarriere zu machen, verwies auf § 75 Gemeindeordnung (GemO), Absatz 2. Und zitierte die dort definierte Bestimmung: “der Ortsbeirat ist zu allen wichtigen Fragen, die den Ortsbezirk berühren, vor der Beschlussfassung des Gemeinderats zu hören”.

Markus Becker (SPD) schloss sich diesem Einwand an. Und vertiefte ihn mit der Kritik an der Verwaltung, die es über Jahre versäumt habe, die Einwohner*Innen umfassend über die “wiederkehrenden Beiträge” zu informieren. Becker wurde in dieser Argumentation von seinen Fraktionskollegen Günter Lamb und Carsten Fetter unterstützt. Ortsvorsteher Mirko Helmut Kohl teilte mit, dass der Oberbürgermeister seine Weigerung, die Ortsbeiräte zu beteiligen, sinngemäß wie folgt begründet habe: in der Kernstadt gebe es ja keine Ortsbezirke. Demzufolge sei die Behandlung der “wiederkehrenden Beiträge” in den Ortsbeiräten gegenüber der Mehrheit der Stadtbevölkerung ungerecht.

Diese Argumentation von Emanuel Letz löste in der Sitzung einhelligen Widerspruch aus. Unterstützt von Peter Butzbach formulierte Lothar Butzbach einen Initiativantrag, mit dem die Stadtverwaltung aufgefordert wird, vor der endgültigen Beschlussfassung im Stadtrat die Ortsbeiräte mit den “wiederkehrenden Beiträge” zu befassen. Dieser Antrag wurde vom Ortsbeirat einstimmig angenommen. In der Diskussion blieb offen, ob der Winzenheimer Ortsbeirat für den Fall der Weigerung des OB eine Organklage gegen die Stadt anstrengen wird. Einen Normenkontrollantrag gegen die neue Satzung wird es unter den aktuellen Umständen in jedem Fall geben. Der bekannte Bad Kreuznacher Fachanwalt für Verwaltungsrecht Herbert Emrich hat sich bereits entsprechend geäussert.

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29.09.2023 – “Stadtbauamt täuscht den Planungsausschuss mit falschen Angaben”
27.09.2023 – “Planungsausschuss beschließt 14 Zonen für “Wiederkehrende Beiträge”