Franziskastift wird zum Sorgenkind der Brandbekämpfer

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Auf seiner Internetseite wirbt das Franziskastift mit seinen “vielen Möglichkeiten, sich wohlzufühlen und zu entspannen” um Patient*Innen. Die psychosomatische Reha-Klinik legt Wert auf die Feststellung, dass “Aktivitäten einen großen Stellenwert” in dem ctt-Haus einnehmen. Und weist in diesem Zusammenhang auf die “großzügige Gymnastikhalle” sowie ein hauseigenes Hallenbad hin. Verschwiegen wird unter www.ctt-reha.de/standorte/st-franziska-stift/ ein neues Aktions-Angebot: Feueralarme.

Amtsleiter Michael Seibel (mitte) und sein Stellvertreter Kai Mathias (links) erläuterten Oberbürgermeister Emanuel Letz (rechts) und den Ausschussmitgliedern gestern die dramatischen Auswirkungen der zahlreichen BMA-Fehlalarme.

Die gibt es im Haus Franziska-Puricelli-Strasse 3 seit einigen Tagen zuhauf. Fehlalarme. Ausgelöst von der automatischen Brandmeldeanlage (BMA). Zu allen möglichen Tageszeiten. Es mag ja sein, dass das Vorfahren der schicken roten Autos und der Auftritt von Feuerwehrpersonen in Schutzkleidung in besonderen medizinischen Einzelfällen den Therapieerfolg steigert. Obwohl die Einsätze der Brandbekämpfer nicht explizit im offiziellen “Therapieangebot” aufgeführt sind. Für die betroffenen Kräfte ist es allerdings eine erhebliche Belastung.

Die geeignet ist, einen Teil genau jener Störungen und Erkrankungen auszulösen, die im Franziskastift geheilt werden sollen. So etwa “Erschöpfung und Überforderung”. Offensichtlich machen sich die Verantwortlichen über diese Konsequenz ihres Umganges mit dem Problem keine oder zu wenige Gedanken. Es mag sein, dass Fachpsychologen nicht von selbst darauf kommen. Daher hier der Hinweis: mehrfache Fehlfunktionen eines technischen Systems sind immer ein starker Anhaltspunkt für einen Defekt.

Und anders als Schäden bei Menschen können technische Defekte bei BMAs ganz leicht behoben werden. Etwa durch Ersatzbeschaffung. Wem natürlich die Belastung von Mitmenschen, die ehrenamtlich für die Gemeinschaft tätig sind, nicht so wichtig ist, wie vorgegebene Kostendeckungssätze, wird daran nicht denken. Was die Frage aufwirft, ob es mit dem hippokratischen Eid vereinbar ist, dass ausgerechnet eine Klinik aus finanziellen Gründen Menschen ohne Not physisch und psychisch belastet.

Jeder Betreiber einer BMA kann sofort und ohne jede Genehmigung die Maschinen abstellen und auf einen von Menschen durchgeführten Brandschutz umstellen. Das ist zwar teurer (sonst gäbe es ja den massenhaften BMA-Einsatz nicht). Schützt aber die Feuerwehr vor Fehlalarmen, die letztlich zu Lasten der eingesetzten Menschen und der Stadtgemeinschaft gehen. Denn jeder Einsatz kostet Kraft. Jeder einzelne Fehlalarm schwächt also für den folgenden Ernstfall. Leider ist das Franziskastift kein Einzelfall.

Schon seit Jahren lösen BMA-Fehlalarme etwa 20% aller Feuerwehreinsätze in Bad Kreuznach aus. Im Jahr 2022 waren es rund 120 von über 600. Der Leiter des Löschzuges Ost, Peter Steinbrecher, machte in der Sitzung des Feuerwehrausschusses am gestrigen Donnerstagabend (14.9.2023) seine persönliche Erfahrung anschaulich. Der in einer leitenden Position bei Michelin tätige Feuerwehrleistungsträger schafft es bei BMA-Fehlalarmen tagsüber gerade so vom Arbeitsplatz zum Feuerwehrgerätehaus in Planig. Um dann zu erfahren, dass ein technischer Defekt seinen Arbeitstag sabotiert hat.

Fehlalarme ausserhalb der Arbeitszeit haben für die rund 140 ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte der Stadt noch schlimmere Folgen: Schlafentzug, Einschnitte ins Privatleben usw. Eine traurige Konsequenz ist: wenn derzeit ein BMA-Alarm weitergegeben wird (der zunächst einmal alle aus dem Bett wirft), melden sich immer weniger Kräfte einsatzklar, nachts mitunter nur noch zwei oder drei. Zum Vergleich: wird wegen eines realen Gebäudebrandes alarmiert, gehen innerhalb weniger Minuten bis zu 60 Einsatzbestätigungen ein. Noch ist die Moral der Freiwilligen Feuerwehrleute in Bad Kreuznach also gut.

Aber die ständigen BMA-Fehlalarme untergraben diese Einsatzbereitschaft. Das hat die örtliche Leitung des städtischen Amtes für Brand- und Katastrophenschutz klar erkannt. Und daher haben Leiter Michael Seibel und sein Stellvertreter Kai Mathias gestern in der Sitzung des Feuerwehrausschusses Klartext gesprochen. Und konkrete Vorschläge gemacht, wie dem Missbrauch und der Ausnutzung Freiwilliger Feuerwehrkräfte durch wartungs-, reparatur- und / oder neubeschaffungsscheue BMA-Anlagenbetreiber effektiv begegnet werden kann (weitere Beiträge zu dem Thema folgen).