Planiger beim kommunalpolitischen Frühschoppen unter sich

Aufgeschnappt von unserem Mitarbeiter
Adrian Rahmani

Er ist seit vielen Jahren eine schöne Tradition der Planiger Kerb. Der kommunalpolitische Frühschoppen am Kirmesmontag. Da treffen sich ganz normale Einwohner*Innen mit Amts- und Würdenträgern. Es wird gescherzt. Aber auch mal Klartext gesprochen. Vor letzterem möchte sich angesichts der Lage in der Stadt und drumherum die Mehrheit der Amts- und Mandatsträger*innen aktuell wohl drücken. Denn Gerhard Merkelbach (Faire Liste) war das einzige Stadtratsmitglied, das am gestrigen Montagvormittag (7.8.2023) pünktlich um 10:30 Uhr im Zelt am Stand der TSG Planig Platz nahm (sein Stadtratskollege Carsten Pörksen von der SPD kam erst nach 12 Uhr dazu).

Von der CDU ließ sich, wie auch von der Stadtverwaltung, gar niemand sehen. Was zur Erheiterung der Anwesenden als Wahlergebnisvorhersage für die im kommenden Jahr anstehende Neuwahl des Ortsbeirates gezielt mißgedeutet wurde: “dann sitzt von der CDU niemand mehr im Ortsbeirat”, feixten Peter Steinbrecher und Franz-Josef Haas (beide Faire Liste). Angesprochen wurden aber auch viele im Stadtteil anstehende Sachthemen. So wurde die Parkplatz-Aktion des städtischen Ordnungsamtes in der Heinrich-Kreuz-Strasse hinterfragt:

SPD-Stadtverbandsvorsitzender Markus Below, TSG-Vorsitzender Andreas Henschel und der Planiger Ortsvorsteher Dirk Gaul-Rosskopf (von links) im Gespräch.

Erheblicher Personalaufwand der Verwaltung, Bürgerdiskussion “und jetzt wird wieder geparkt wie vorher …”. Auch die Frage, wann das von der Stadt versprochene, aber nie durchgeführte Richtfest für das neue Feuerwehrgerätehaus nachgeholt wird, beschäftigte den Frühschoppen. Das in der Riegelgrube von der Kreisverwaltung geplante Containerdorf für Geflüchtete war ebenso Gesprächsgegenstand, wie das neue Ratshaus am Kornmarkt, in dem – entgegen den Erklärungen vor dem Kauf – jetzt doch nicht alle Mitarbeitenden Platz finden.

Wieder verpassen die Stadtoberen eine Gesprächsmöglichkeit mit der Bevölkerung
Beobachtet und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Martin Luther riet den Bossen seiner damals noch katholischen Einheitskirche “dem Volk aufs Maul zu schauen”. Der Papst und seine Entourage glaubten es besser zu wissen. Und haben so ihre Kirche in der Renaissance fast so stark beschädigt, wie mit der Vertuschung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester in der Neuzeit. Heute ist die katholische Kirche, was die Mitgliederzahl und ihre Relevanz in der deutschen Gesellschaft angeht, auf dem Weg nach unten. Wer hat (ausser der katholischen Kirche) nichts daraus gelernt? Die Stadtverwaltung Bad Kreuznach in Bezug auf den Umgang mit den Stadtteilen.

Beispiel Planiger Kerb. Die wurde am vergangenen Freitag einmal mehr von dutzenden von Ehrenamtlichen alleine des Spielmanns- und Fanfarenzuges feierlich eröffnet. Nicht dabei: ein offizieller Repräsentant der Stadtverwaltung. Nicht einmal ein Grußwort war den Stadtoberen die Eröffnung des zweigrößten Volksfestes im Stadtgebiet wert. Da wird zwar bei amtlichen Anlässen vom “christlichen Abendland” geschwafelt. Aber wenn dann mit einer Kerb (= Kirmes = Kirchweih) einem Kirchengeburtstag gedacht wird, ziehen Verwaltungsstuten und -hengste die Ruhe von gegen das Eindringen lästiger Bürger*innen gut gesicherten Amtsstuben vor, statt zu den Leuten zu gehen.

Und sich anzuhören, was die zu sagen haben. Das hat System. Und ist im Fall Planig als absichtliches Verhalten bewiesen. Denn nicht nur bei der Eröffnung, auch beim kommunalpolitischen Frühschoppen am gestrigen Montagvormittag (7.8.2023) bemühte sich kein einziger Stadtverwaltungsverantwortlicher nach Planig. So konnten die kleinen Leute den Bossen wieder einmal nicht auf Augenhöhe sagen, was sie bewegt. Und dann wundert man sich im Stadthaus, wenn es “plötzlich” in der Gesellschaft brodelt. Das war übrigens schon mal anders.

2019: der damalige Bürgermeister Wolfgang Heinrich (weisses Hemd) an der Seite von Ortsvorsteher Dirk Gaul-Rosskopf marschierte mit im Festzug zur Kerb-Eröffnung.

Der frühere Bürgermeister Wolfgang Heinrich machte 2019 vor, wie man es richtig macht. Er nahm am Festzug ebenso teil, wie am Frühschoppen – und einige ihm zuvor unbekannte Informationen mit an seinen Schreibtisch. Heinrich setzte in der Folge sowohl das Verlegen eines Kabelkanals auf dem Festplatz als auch eine neue Urnenwand für den Planiger Friedhof durch (diese Seite berichtete). Und entschärfte damit das Kritikpotential im Ortsbezirk erheblich. Die heute Verantwortlichen wissen alles besser. Also sie glauben das. Bis es das nächste Mal richtig rappelt. Weil einfachste Kommunikationsangebote mit der Bevölkerung ausgeschlagen wurden.