Verwaltung schwärzt Ortsbeiratsprotokolle

Diese Seite weist seit Monaten darauf hin, dass die in Rheinland-Pfalz praktizierte Variante des Datenschutzes tatsächlich zum Täterschutz mutiert ist. Etwa wenn Kunstwerke, Denkmäler und Brunnen im öffentlichen Raum nicht durch Videoüberwachung gesichert werden dürfen. In der Sitzung des Haupt- und Personalausschusses der Stadt am gestrigen Montagabend wies Holger Grumbach darauf hin, wie diese Variante des Datenschutzes zu konkreten Informationsverlusten führt. Der SPD-Co-Fraktionsvorsitzende sprach an, dass in den Protokollen aus den Ortsbeiräten Namen geschwärzt wurden: “darf ich mal erfahren, warum die geschwärzt sind?”

Der eine Name ist geschwärzt – der andere nicht. Einer der wenigen Verwaltungsfehlleistungen, über die man sich freuen kann, weil dadurch unfreiwillig Transparenz geschaffen wird.

Nachdem Stadtrechtsdirektor Yahia erklärte, dass etwa Bürger in Einwohnerfragestunden davor geschützt würden, dass deren Namen in öffentlichen Dateien einzusehen seien, konkretisierte Grumbach seine Frage auf die gewählten Mandatsträger. Denn im Fall des Protokolles des Ortsbeirates Winzenheim waren auch die Namen der Ortsbeiratsmitglieder – teilweise – geschwärzt. Yahia gab dazu an, “eigentlich ist Stand der Dinge, dass man keine Namen nennt”. Werner Lorenz (FDP) zeigte sich damit nicht einverstanden: “warum kann ich nicht wissen, wer einen bestimmten Vorschlag gemacht hat?”

Die Bedenken der beiden Ratsmitglieder sind natürlich sehr berechtigt. Zumal die Stadtverwaltung die Schwärzungen mal so mal so handhabt. So wurde im selben Absatz des gleichen Protokolls des Ortsbeirates Winzenheim der Name Markus Becker (SPD) gelöscht, der den verwaltungskritischen Hinweis gab, ihm fehlen Sachstandsmitteilungen der Verwaltung. Ungeschwärzt ist dagegen Eberhard Wolf (FDP), der die Verwaltung in Schutz nimmt mit dem Hinweis, ihm sei bekannt, dass an den Themen gearbeitet werde (siehe Foto). Ausserdem geht die schwärzende Verwaltungspraxis krass vorbei an bundesgesetzlichen Bestimmungen.

So schützt Artikel 5 GG die Pressefreiheit. Findet eine öffentliche Sitzung etwa des Winzenheimer Ortsbeirates statt, darf die Presse in Bild und Text darüber berichten. Und natürlich die Wortbeiträge der Ortsbeiratsmitglieder mit Namensnennung zitieren. Die öffentliche Wahrnehmung dieser Beiträge ist erheblich. Denn anders als die auf der Stadtseite veröffentlichten Protokolle, die leider kein Mensch anschaut, werden etwa die Berichte dieser Seite regelmäßig tausendfach gelesen. Und zudem in Sozialen Medien weiter verbreitet. Die Stadtverwaltung sollte daher ihre Praxis im Sinne der Grumbach-Frage und des Lorenz-Kommentars überprüfen – und ändern.