So geht Wahlkampf: Ex-OB befragt Nach-Nachfolger

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Als vor zwei Wochen der Jahrmarktsausschuss mit erdrückender, parteiübergreifender Mehrheit die Verwaltungspläne für den “Fleeschworscht-Dunnerschdaach” versenkte, sah der FDP-Stadtverband seine Chance für den Wahlkampfauftakt zur Kommunalwahl am 9.6.2024 gekommen. In den Sozialen Medien veröffentlichte Vorsitzender Christoph Anheuser einen Frontalangriff auf die CDU. Diese gehöre, zusammen mit der AfD, zu den “Ewig Gestrigen” und vermiese der Bevölkerung eine Party auf der Pfingstwiese (diese Seite berichtete). Sowohl in der Sache als auch bezüglich der parteipolitischen Attacke blieben öffentliche Aufschreie der Betroffenen aus.

Ex-OB Andreas Ludwig befragt als Bürger den amtierenden OB.

Die örtliche FDP-Führung merkte aber trotzdem sehr schnell, dass der “Kirmesheiligabend” sich mehr als Stammtisch- und weniger als Wahlkampfthema eignet. Und dass das böse Wort von den “Ewig Gestrigen” in der schnelllebigen Kommunalpolitik Gräben aufreisst, mit denen sich die verbalen Angreifer isolierten. Es folgte ein – von den Angegriffenen als halbherzig bewerteter – verbaler Rückzug des FDP-Stadtverbandes. Die vertrauenszerstörende Wirkung des gescheiterten liberalen Wahlkampfversuches blieb. In der gestrigen Stadtratssitzung (29.6.2023) zeigte die CDU der FDP dann in Form eines sachpolitischen Konters, wie Wahlkampf geht.

Der kürzlich in Trier in den Ruhestand verabschiedete Bad Kreuznacher Ex-Oberbürgermeister Andreas Ludwig (vor rund 12 Jahren Wahlverlierer gegen Dr. Heike Kaster-Meurer, SPD), dessen Tochter Laura für die Christdemokraten seit 2019 im Stadtrat sitzt, meldete sich in der Einwohnerfragestunde zu Wort. Als Thema für seinen ersten öffentlichen Auftritt vor dem Stadtrat seit seinem abwahlbedingten Ausscheiden aus dem Gremium, wählte er kein geringeres, als das Bad Kreuznacher Wahrzeichen: das Brückenhaus mit der Schwedenkugel. Der Ex-OB sah angesichts des jahrelangen Stillstandes an der Baustelle “keine glaubhafte Perspektive für die Sanierung”.

Und wurde für seine Kritik am Umgang mit dem Bad Kreuznacher “Identifikationsobjekt” aus dem Stadtrat mit Applaus bedacht – über den Kreis der CDU-Fraktion weit hinaus. Ludwigs Nach-Nachfolger antwortete vergleichsweise souverän. Und konnte den Bedenken des Vor-Vorgängers aktuelle Informationen zum Fortgang der Pläne des Investors entgegenhalten. Aber Emanuel Letz (FDP) mußte sich dabei weit aus dem Fenster lehnen. Kein Verantwortlicher zuvor faßte die Dramatik um das geschichtsträchtige Haus in so deutliche Worte, wie Letz (“es drohte in zwei Teile zu zerbrechen”).

Und ebenfalls erstmals berichtete ein OB aus von ihm persönlich geführten, vertraulichen Investorengesprächen, deren Inhalt zuvor in keinem städtischen Ausschuss Thema war. Natürlich gab es bis gestern ebenfalls keine Ankündigung hinsichtlich eines Fertigstellungstermines. Auch dazu sah sich Emanuel Letz durch die Ludwig-Fragen genötigt. Als der OB “den Sommer 2024” als Datum in den Raum stellte und die konkreten Nutzungspläne des Investors benannte, zuckte in vielen Köpfen im Ratsrund die Frage auf, ob es mit dieser Erklärung des Oberbürgermeisters gut gehen kann.

Die mit entsprechenden Zweifeln versehene Nachfrage Ludwigs beantwortete Letz mit der Aussage, er werde “persönlich nachschauen”, wie sich die Sache entwickele. Bingo. Die CDU hat jetzt ein Sachthema besetzt, das durch seine Bedeutung für die Stadtgesellschaft und den Tourismus tatsächlichen Wert hat. Und es gelang ihr ohne Tamm-Tamm den OB persönlich in die Pflicht zu nehmen. So geht erfolgreicher Wahlkampf.