Juristischer Punktsieg für das Bosenheimer Bad

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Morgen ist es genau 54 Jahre her. Am 7. Juni 1969 wurde Bosenheim Stadtteil von Bad Kreuznach. Und fast so lange dauert nun schon der Kampf um den Erhalt des Freibades. Dabei hat sich die Lage für die Bosenheimer im Laufe der Jahrzehnte sukzessive verbessert. Den Grundstein für den dauerhaften Erhalt des Bades legte schon vor mehr als zehn Jahren Rechtsanwalt Herbert Emrich. Auch damals hatte der in Planig wohnhafte Fachjurist den Stadtteil gegen die Stadtverwaltung vertreten.

Schon am Mittwochabend letzter Woche beim monatlichen Dämmerschoppen, der zur Sommerzeit im Freibad stattfindet, hatten die Bosenheimer allen Grund zur Freude.

Im Rahmen des Schriftsatzwechsels konnte Emrich die damalige Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häussermann davon überzeugen, dass es für die Stadt nur einen juristisch korrekten Weg gibt, die Unterhaltslast für das Bosenheim Bad loszuwerden: § 60 Verwaltungsverfahrensgesetz. Diese Einsicht hat die Stadtrechtsdirektorin seinerzeit in einem Vermerk festgehalten. Diesen sehr aufwändigen Rechtsweg kann die Stadt allerdings nur dann erfolgreich gehen, wenn Sie nachweist, dass ihr im Innenverhältnis mit Bosenheim finanzielle Nachteile entstehen, die so hoch sind, dass ihr der Bad-Unterhalt nicht länger gemutet werden kann.

Daher sind die sachkundigen Bosenheimer*Innen mittlerweile sehr entspannt. Denn tatsächlich ist Bosenheim der einzige der fünf Ortsbezirke, aus dem viel mehr in die Stadtkasse einbezahlt wird, als in den Stadtteil zurückfliesst: die Anteile an der Einkommensteuer und den Zuweisungen sind zwar nur durchschnittlich. Aber die Anteile an der Umsatzsteuer und vor allem die Gewerbesteuerzahlungen sind erheblich. Zusammen siebenstellig. Jährlich. Nicht einmal die Hälfte dieses Betrages fliesst durch die Verwaltungsleistungen zurück.

Die Tatsache, dass die Stadt an anderer Stelle Millionenbeträge verplempert und daher tatsächlich in einer finanziellen Schieflage sich befindet, darf aus moralischen Gründen, die zum Glück juristisch abgesichert sind, nicht zu Lasten Bosenheims angeführt werden. Auch der Hinweis einiger Schlauberger*Innen auf die Lage in Bad Münster, wo eine Genossenschaft mit Unterstützung der Kuna-Stiftung das ehemalige BME-Stadtbad betreibt, geht an Moral und Rechtslage vorbei. In Bad Münster haben rund 3.000 Einwohner*Innen über die Jahre rund 30 Millionen Euro Schulden aufgehäuft.

Und – etwa beim Abwasser, dem Kurmittelhaus und anderen öffentlichen Einrichtungen – einen erheblichen Sanierungs- und Investitionsstau hinterlassen. Für ein jahrzehntelanges gutes Leben zu Lasten der nachfolgenden Generationen. Die Bosenheimer*Innen wurden gegen ihren Willen – und ohne Schulden, aber mit hektarweise Gewerbe- und Baulandflächen – zwangseingemeindet. Was die Lage zu BME unterscheidet: die Einwohner*Innen zwischen Rotenfels und Rheingrafenstein haben im Eingemeindungsvertrag ausdrücklich – wegen der angedeuteten Vorgeschichte – auf ihr Bad verzichtet.

Bevor die sich dahinter verbergenden Details im Kommunalwahlkampf 2024 ans Licht und zu Ehren kommen, sollten die Verantwortlichen in und aus dem westlichen Stadtteil besser bei den Fakten bleiben. Und erkennen: selbst einen Neubau des Bosenheimer Bades haben die Einwohner*Innen des südlichsten Stadtteiles längst bezahlt. Wer sparen will, muss das an anderer Stelle tun. Warnhinweis: heute gibt es kaum Einwohner*Innen in Bad Kreuznach, die die Fakten kennen. Wenn diese vollständig offengelegt werden müssen, weil einzelne Wichtigtuer das Bosenheimer Bad zur Schicksalsfrage der Stadtfinanzen oder zum parteipolitischen Profilierungsprojekt machen, ist das ein Spiel mit dem Feuer.

Denn wenn die Einwohner*Innen konkret erfahren, wie die Verantwortlichen im Stadtrat und in der Verwaltung in den letzten 30 Jahren Millionenbeträge verbrannt haben – obwohl es z.B. in den Jahren 1994 bis 1999 im Rat der Stadt durch mich persönlich – gegen viele dieser Geldvernichtungsentscheidungen Widerstand gab, wird es den vom spanischen Philiosophen Jose Ortega Y Gasset vorhergesagten “Aufstand der Massen” möglicherweise geben. Mit allen sozialen Folgen und Kolateralschäden. Zugegeben:

Seit dem im vergangenen Jahr der im Stadtrat mehrheitlich angenommene Antrag der CDU-Stadtratsfraktion zur Schliessung des Bades wegen formaler Fehler aufgehoben werden mußte, hat sich die Einsicht zur Notwendigkeit der Vorgehensweise nach § 60 Verwaltungsverfahrensgesetz in den städtischen Gremien verbreitet. Gefördert natürlich von der Entschlossenheit in Bosenheim die Frage nötigenfalls gerichtlich zu klären. An einer Niederlage dort hat die Stadt – auch wegen der politischen Folgen – kein Interesse.

Das wurde im aktuellen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in den vergangenen Monaten mehr als deutlich. In mehreren Schriftsätzen an das Gericht beteuerte die Stadt, dass das Bosenheimer Bad von ihr weiterbetrieben wird. Das hat beim Koblenzer Verwaltungsgericht durchaus Eindruck hinterlassen. Vor allem die von der Stadt ohne jede Absicherung durch die Gremien dem Gericht mitgeteilte Bereitschaft, über die vom Stadtrat im Stadthaushalt für 2023 bereitgestellten 150.000 Euro hinaus sogar eine “Mittelaufstockung” in Betracht zu ziehen, wird von den Verwaltungsrichtern positiv gewertet.

Und auch vom Bosenheimer Ortsbeirat. Aufgrund eines “richterlichen Hinweises” vom 30. Mai 2023 trafen sich die Bosenheimer Verantwortlichen am Donnerstag vergangener Woche kurzfristig zu einer Aussprache. Und zogen wegen der gerichtlichen Einschätzung, auf der sicheren Seite zu sein, die im Sommer 2022 anhängig gemachte Klage zurück. Sollte die Stadt ihr Wort nicht halten, sind jederzeit weitere juruistische Schritte möglich. Aber dank der umsichtigen Vorgehensweise von Rechtsanwalt Herbert Emrich wohl nicht nötig. Emrich hätte dem Ortsbeirat bereits nach dem Stadtratsbeschluss zum Stadthaushalt im vergangenen Jahr zur Klagerücknahme raten können.

Hat aber – wie schon in der Vergangenheit – darauf gesetzt, sich Arbeit zu machen und weitere Schriftsätze auszutauschen. Und damit die Stadt dazu motiviert, die vorstehend angesprochenen Aussagen zur Finanzierung dem Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 22. Mai 2023 klipp und klar vorzulegen. Um über all diese und weitere Sachverhalte zu informieren, findet am Mittwoch kommender Woche (14.6.2023) um 20 Uhr im Gemeindehaus eine Bürgerversammlung in Bosenheim statt. An der werden auch Rechtsanwalt Herbert Emrich und die Stadtspitze teilnehmen.