Kassiert der Kreis die Stadt beim ÖPNV weiterhin doppelt ab?

Corona ist längst keine Ausrede mehr. Auch Streiks finden nicht mehr statt. Der Fahrplan in der Stadt wurde soweit gelichtet, dass die dort verzeichneten Busse meist auch fahren. Und trotzdem sind diese überwiegend leer. Immer mehr Einwohner*Innen, die selbst nicht mit dem Bus fahren, aber von dem Millionendefizit erfahren, das die Stadt für leere Busse zu tragen hat, stellen die Frage: warum? Warum wird hart erarbeitetes Steuergeld für ein Angebot verbrannt, dass offensichtlich keine Nachfrage bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung hat?

Warum wird das Angebot nicht der Nachfrage angepaßt, um Millionen Euro für wichtige soziale Projekte wie das Frauenhaus, Kinderspielplätze, Seniorenarbeit, das Jugendzentrum, Stadtteilbüros und anderes zu haben? Eine von der früheren Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD) angeführte Koalition aus SPD, Grünen, Linken und Teilen der CDU sprach sich nicht nur für das Millionendefizit beim ÖPNV aus. Sondern wollte unbedingt auch eine Beteiligung der Stadt an der Busgesellschaft der Kreise Mainz-Bingen und Bad Kreuznach. Die liegt zwar nur bei rund 10 Prozent. Die Stadt hat also nichts zu sagen. Kostet aber zusätzlich Geld.

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Stadt zahlt sowohl als Gesellschafterin als auch über die sogenannte Kreisumlage jeweils Millionenbeträge. Die Doppelbelastung beträgt mindestens 1,6 Millionen Euro. Sie sollte eigentlich vermieden werden. Sowohl im Stadtrat als auch im Kreistag brachten die jeweiligen CDU-Fraktionen entsprechende Anträge ein. Gestern wurde deutlich: das könnte alles nur Show gewesen sein. Denn in der Sitzung des Haupt- und Personalausschusses berichteten Mirko Helmut Kohl (CDU) und Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) am gestrigen Montagabend (15.5.2023) aus der am Nachmittag stattgefundenen Kreistagssitzung.

In dieser habe Landrätin Bettina Dickes deutlich gemacht: die Rückzahlung der 1,6 Millionen Euro sei haushaltsrechtlich eine “freiwillige Leistung”. Und dann erklärt, dass der Kreis die 1,6 Millionen so oder so nicht erstatten werde. Entweder, weil der Kreis bei der ADD keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Und daher eine Haushaltsgenehmigung nicht erhalte. Oder weil der Kreistag zum Erreichen eines ausgeglichenen Haushaltes die Nichtzahlung der 1,6 Millionen Euro als Einsparmaßnahme beschliessen werde. Die Dummen bei dieser Auseinandersetzung sind einmal mehr die Einwohner*Innen der Stadt.

Die tonnenschweren Dieselbusse vergiften mit ihren Abgasen die Stadtluft. Und das Millionendefizit zahlt die Stadtkasse gleich doppelt. Weshalb kein Geld mehr da ist für die städtischen Einrichtungen: der “Fleeschworscht-Dunnerschdach” wird gestrichen, die Stadtbibliothek muss um jeden Euro für Medien kämpfen, das Haus der Stadtgeschichte ist tageweise geschlossen, das Frauenhaus muss Hilfesuchende weiterschicken, die Unterhaltung der Salinen ist gefährdet, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.