Stadthaushaltskrise: der Schnitt bei den “Freiwilligen Leistungen” kommt noch

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Selbst wenn der Stadtrat eine Lösung für die aktuelle Haushaltskrise fände. Die Genehmigung der ADD gibts auch dann nur unter Auflagen. Das ist dem von der Redaktion dieser Seite an die Öffentlichkeit gezerrten Ablehnungsschreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vom 30.3.2022 klar zu entnehmen. Auf Blatt 7 wird ausgeführt: “für eine bessere Vergleichbarkeit der Kommunen untereinander wird einheitlich eine Obergrenze auf den Zuschussbedarf festgelegt. Ich beabsichtige daher, den auf den freiwilligen Leistungsbereich entfallenden Zuschussbedarf des Ergebnishaushalts neu zu begrenzen”. Für Fachpersonen lassen diese beiden Sätze nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig.

Der Stadtrat hat es mit seinem verantwortungslosen Nichtstun geschafft, statt zwar schmerzhafter, aber immerhin begrenzter Auflagen eine pauschale Bedrohung der “Freiwilligen Leistungen” zu bewirken. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte die Redaktion dieser Seite gewarnt: die absehbare Mittelknappheit werde zwangsläufig zu harten Einschnitten führen. Und nur ein jedes Detail kennender Insider, wie der damalige Kämmerer Wolfgang Heinrich, werde dann in der Lage sein, mit der ADD Punkt für Punkt im Interesse der Einwohner*Innen verträgliche Einsparungen abzustimmen. In ihrer unerschöpflichen Weisheit wußten es die Mehrheit der Stadtratsmitglieder besser. Und wählten den ihnen unbequemen Heinrich ab.

Und statt dessen einen neuen Kämmerer, der sein Fehlverhalten bei der ADD schriftlich im Brief von 12.4.2022 damit begründet, erst seit dem 3.1.2022 im Amt zu sein. Die Gnade des späten Amtsantrittes an Stelle der Gnade der späten Geburt? Zwar im Herbst vor Amtsantritt an der Seite der OBin feiern. Und eine Verschiebung der Etatberatungen mit Dr. Kaster-Meurer abstimmen. Aber in der Sache nicht tätig werden? Thomas Blechschmidt läßt auch nichts aus, um seine Arbeitsauffassung in ein schlechtes Licht zu rücken. Dumm ist nur: die Zeche wird am Ende nicht der Beigeordnete aus Nieder-Olm zahlen. Sondern die Einwohner*Innen.

Es wird daher für jene im Stadtrat, die nicht Opfer der zwangsläufig anstehenden kommunalpolitischen Abrechnung werden wollen, höchste Zeit aktiv zu werden. In welchem Sinne, das legt die ADD in ihrem Schreiben verständlich dar: “Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, nach eigenverantwortlicher Beurteilung und Entscheidung der Stadt und des Stadtrates, aufgrund der bestehenden erheblichen Rechtsbedenken und der von mir beabsichtigten Vorgehensweise aus eigenem Antrieb über eine „neue“ Haushaltssatzung zu beschließen, welche die von mir aufgezeigten Voraussetzungen erfüllt”.

Dazu muss in der Stadtratssitzung Ende April der Beschluss über die Haushaltssatzung und den Haushaltsplan 2022 vom 27.1.2022 förmlich aufgehoben und in den darauffolgenden Wochen ein neuer, den Vorgaben der Gemeindeordnung und der ADD entsprechender Haushalt beraten werden. Dafür dürfen sich die Kommunalpolitiker gern mehr Zeit nehmen, als beim Schweinsgalopp unter Leitung von HKM Ende November 2021. Die zeitnahe Aufhebung der Haushalts-Satzung vom 27.1.2022 dürfte von der ADD als ein Signal eines glaubwürdigen Neuanfanges verstanden werden. Und schon aus diesem Grund die absehbar nötigen Verhandlungen über die neue Haushaltssatzung erleichtern.

Sollte der Rat der Stadt aus Selbstgefälligkeit oder anderen niedrigen Beweggründen an seinem rechtswidrigen Kurs festhalten, droht ihm und den diesen Irrweg mittragenden Ratsfraktionen nicht nur der totale Vertrauensverlust der Einwohner*Innen. Sondern auch, dass die ADD am Fall Bad Kreuznachs das Exempel statuiert, das ihr die Durchsetzung von Recht und Gesetz überall im Land erleichtern wird. Ohne Genehmigung aus Trier gibts keine zusätzlichen Kredite. Damit sind alle Investitionsvorhaben vom Tisch. Im Stadtbauamt können sie sich dann zu 100% auf die Digitalisierung von alten Bauakten konzentrieren. Theoretisch. Denn praktisch ist dann ja auch dafür kein Geld da …

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