Aufgespiesst: Wahrsagen ist ein Belustigungsgeschäft

Wer das Vergnügen hatte Kulturanthropologie (früher: Deutsche Volkskunde) studiert zu haben, kennt sich mit Wahrsagen aus. Legendär sind heute die Seminare des Studienganges zu Chirologie (Handlesen), Astrologie (Sterndeutung), Prophezeiungen, Hellsehen, Kartenlegen, Aberglauben usw., die in Verantwortung von Prof. Dr. Schwedt an der Uni Mainz in den achziger und neunziger Jahren stattfanden. Und die bis heute dazu von der rheinland-pfälzischen Gesellschaft für Volkskunde publizierten wissenschaftlichen Arbeiten. Wie aktuell diese auch heute noch in allen Lebensbereichen sind, nicht nur auf den bunten Seiten von Damen-, Herren und Gendermagazinen, können Beobachter der kommunalpolitischen Szene Woche für Woche feststellen. So wurde bei der Diskussion über den Klimaschutzantrag gleich von mehreren ehrenamtlichen Kommunalpolitikern die Glaskugel als Instrument der Vorschau thematisiert.

Genehmigung selbst vorhergesagt?

Die Verwaltung ist dementgegen auf dem Stand der Wissenschaft. Und so wundert es nicht, dass der Jahrmarktsmeister in der Drucksachennummer 19/445 mit dem Arbeitstitel “Begrenzung der Geschäftssparten und Zulassung der Geschäfte zum Bad Kreuznacher Jahrmarkt 2020” staubtrocken unter “Belustigungsgeschäfte” aufführt: “5 (davon: Laufgeschäft: 4, Wahrsagen: 1)”. Wahrsagen ist also ein Belustigungsgeschäft. Mindestens für eine Person stimmt das ganz sicher: nämlich für Blanka Lemoine. Die darf auf 15 Quadratmetern als Wahrsagerin Medusa wieder mit dabei sein, wenn es im kommenden August rund geht auf der Pfingstwiese. Wie sie das geschafft hat? Ganz einfach: sie hatte ihren Stand schon in diesem Jahr. Und hat sich die Genehmigung für 2020 am Dienstagabend kurz vor dem Höhenfeuerwerk selbst vorhergesagt …

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15.12.19 – “Ordnungsamt macht Bewerbungen und Zulassungen zum Jahrmarkt 2020 transparent”