Bad Kreuznacher Jugendamt entlastet die Stadt Zweibrücken um 120.000 Euro

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Auch Zweibrücken ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Die Unterstützung der kleinsten kreisunabhängigen Stadt Deutschlands ist allerdings kommunalrechtlich Sache der Landesregierung. Und nicht Bad Kreuznachs. Trotzdem hat das städtische Jugendamt die dortige Verwaltung um 120.000 Euro entlastet. Hintergrund ist eine Jugendliche, die in Bad Kreuznach bei der Großmutter lebte. Teile der elterlichen Sorge waren dem Vater übertragen, dessen Wohnsitz in Zweibrücken lag. Das Jugendamt der Stadt nahm die Jugendliche in Obhut und gewährte Hilfe zur Erziehung in Form von Heimunterbringung. Nach mehreren Einrichtungswechseln und einer Auslandsmaßnahme endete die stationäre Hilfe mit der Volljährigkeit der jungen Frau. Der Landesrechnunghof hat deren Fallakte geprüft.

LRH: Zweibrücken war verpflichtet

“Für die Hilfegewährung nach § 34 SGB VIII wäre die Stadt Zweibrücken … zuständig gewesen. Ebenso wäre Zweibrücken verpflichtet gewesen, die Kosten der Inobhutnahme .. zu erstatten (insgesamt 120.000 Euro).” Da wird im Jugendhilfeausschuß aufgrund finanzieller Engpässe von den ehrenamtlichen Mitgliedern über Mikromaßnahmen und Förderprojekte in drei- und vierstelliger Größenordnung gerungen. Und die hauptamtliche Verwaltung macht ihren Job zu Lasten der Stadtkasse nicht. Und zwar in unzähligen Fällen. Mit einer Gesamtschadensumme im sechsstelligen Bereich. Das belegt der Prüfbericht des Landesrechnungshofes vom 6.11.2014, über dessen Konsequenzen bis heute der Stadtrat und die Öffentlichkeit nicht vollständig aufgeklärt wurden. Auch die Endsumme der fehlerhaften Verwaltungsentscheidungen wurde bis heute nicht kommuniziert. Diese Seite hat aufgrund unserer Erstveröffentlichung am 8. November bereits Rückmeldungen von vier Stadtratsmitgliedern erhalten, die in der Ratsperiode 2014 bis 2019 Verantwortung als gewählte Volksvertreter*Innen trugen.

“Prüfung häufig fehlerhaft”

Und von den Details der LRH-Prüfung bis heute seitens der Stadtverwaltung nicht in Kenntnis gesetzt wurden. “Die haben das ganz einfach vertuscht”, stellt ein zwischenzeitlich ausgeschiedener Mandatsträger klar. Und beschreibt unverblümt die Taktik von Dr. Kaster-Meurer in dieser Sache: “weil 2014 die Abgabe-Diskussion wieder einmal aufgeflammt war, wollte die Oberbürgermeisterin den Kritikern der städtischen Trägerschaft kein zusätzliches Argument liefern”. Verantwortungsbewusste Stadtratsmitglieder hätten angesichts der von den Prüfern ermittelten Fakten in jedem Fall tätig werden müssen. Denn der LRH stellt fest: “die Prüfung der Zuständigkeit und von Kostenerstattungsansprüchen war häufig fehlerhaft”. Der Rechnungshof hat auch eine zentrale Ursache dafür gefunden: “in den Akten fehlten zum Teil Unterlagen, die für die Prüfung erforderlich gewesen wären. Verschiedentlich waren dem Sozialen Dienst entscheidungserhebliche Umstände bekannt, die Angaben waren aber nicht an die wirtschaftliche Jugendhilfe weitergeleitet worden”.

Kostenerstattung nicht geltend gemacht

Und das ging schnell ins Geld. So wurden in einem einzigen weiteren Fall 42.000 Euro an Pflegegeldern aufgewendet, weil die Verwaltung davon ausging, dass der Kindsvater “ein Amerikaner” ist. Nach den Akten des Pflegekinderdienstes war die Vaterschaft aber gar nicht festgestellt. Die Mutter des Kindes hielt sich zunächst gewöhnlich im Donnersbergkreis auf. Und verzog im Laufe der weiteren Hilfegewährung für das Kind mehrere Male in andere Kommunen. Bad Kreuznach zahlte, obwohl andere Gemeinden zuständig waren. Kostenerstattung machte die Verwaltung nicht geltend (weitere Berichte mit Sachdarstellung vom Landesrechnungshof aufgedeckter, zum Teil unfassbarer Fehler, folgen).

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