Die Oberbürgermeisterin moderierte gestern Abend einen schwarz-roten Übernahme-Versuch

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Dr. Kaster-Meurer war eigentlich nur eines wichtig: ein gemeinsamer Wahlvorschlag für die Besetzung der Ausschüsse. Das würde nicht nur die konstituierende Sitzung des Stadtrates am 27. Juni um ein oder zwei Stunden verkürzen. Sondern auch jede Menge Folgeprobleme vermeiden. Ob der Wunsch der Oberbürgermeisterin in Erfüllung gehen wird, steht noch nicht endgültig fest.

Informelle Gesprächsgruppe

Zwar gab es gestern nach rund eineinhalbstündiger Diskussion ein Ergebnis. Aber insbesondere CDU und SPD hatten zuvor deutlich gemacht, wo der Hammer hängen sollte. Es tagte eine Gesprächsgruppe, die in keinem Gesetz definiert und legitimiert ist. Bestehend aus den Vertreter*Innen der elf Wahlvorschlagsträger. Plus je einem Bonusteilnehmer für CDU, SPD und Grüne.

Herrenrunde mit Manz und OBin

Anwesend waren Manfred Rapp und Helmut Kreis (CDU), Andreas Henschel und Günter Meurer (SPD), Andrea Manz und Hermann Bläsius (Grüne), Thomas Wolff (AfD), Werner Lorenz (FDP), Jürgen Locher (Linke), Karl-Heinz Delaveaux (FWG), Gerhard Merkelbach (Faire Liste), Dr. Herbert Drumm (FW), Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) und Stefan Butz (Progressive).

Größe der Ausschüsse

Hauptdiskussionspunkt: die Größe der Ausschüsse. Also die Frage, wieviele vom Stadtrat gewählte Mitglieder in den Fachgremien Platz finden. Im Haupt-, Planungs- und Finanzausschuß sind dies derzeit 20. In anderen Ausschüssen sitzen 14 bzw 12 Personen. Zu Beginn der Besprechung ließ die Oberbürgermeisterin ein Papier verteilen, in dem andere Zahlen vorgeschlagen wurden.

Kürzere Diskussionen

So sollte die Mitgliederzahl der drei grossen Ausschüsse von 20 auf 16 reduziert werden. Vordergründiges Argument: weniger Teilnehmer*Innen bedeutet kürzere Diskussionen. Wer sich in den vergangenen Jahren die Mühe machte an den Ausschußsitzungen teilzunehmen, weiß: mindestens ein Drittel der Ausschußmitglieder redet nie bis selten.

Rot-schwarze Mehrheit

Die tatsächliche Motivation für die Reduzierung von 20 auf 16 ist also eine ganz andere. 16 Ausschußplätze würden gemäß Gemeindeordnung wie folgt verteilt: CDU – 5, SPD – 4, Grüne – 3, AfD, FDP, Linke und Fraktion FWG-BüFEP je 1. Folge: CDU und SPD hätten dann in diesen Gremien mit 9 zu 7 immer eine Mehrheit. Anders als im Stadtrat.

9 zu 7 statt 22 zu 22

Dort kommen sie nur auf 22 (12 CDU plus 10 SPD) von 44. Im Haupt- und Planungsausschuß wäre mit der zusätzlichen Stimme der Oberbürgermeisterin eine stabile 10 zu 7 Mehrheit gegeben. Selbst im Finanzausschuß hätten dann CDU und SPD das alleinige Sagen. Und zwar ganz egal, wie der dortige Ausschußvorsitzende Bürgermeister Heinrich abstimmt.

Heinrich unter Kontrolle?

Dessen künftiges Verhalten erscheint sowohl seinen heutigen Parteigenossen von der SPD als auch seinen früheren Partefreunden von der CDU als unkalkulierbar. In einem 16er-Finanzausschuß wäre, so das Kalkül der schwarz-roten Taktiker, selbst Heinrich unter Kontrolle. Denn die nicht mehr große Koalition könnte dort mit ihren 9 Stimmen auch eine Allianz der Kleinen (7) mit Heinrich dominieren.

Kontra von Werner Lorenz

Selbstredend unterstützten die Herren von der SPD den Verwaltungsvorschlag. Und für die CDU signalisierte Manfred Rapp Zustimmung. Auch Hermann Bläsius (Grüne) fand anfangs diesen Verwaltungsvorschlag “schön”. Werner Lorenz (FDP) hatte das von der OBin gesponnene schwarz-rote Netz sofort durchschaut und gab Kontra. Denn im 20er Ausschuß hätten die Liberalen statt einem zwei Sitze.

Delaveaux erinnerte die Grünen

Wie auch die AfD. Die Begeisterung der Grünen für die Verkleinerung wurde von Karl-Heinz Delaveaux gedämpft. Er erinnerte die Ökopaxe daran, dass in der vorherigen Stadtratsperiode die Ausschußgröße nur aus einem einzigen Grund um einen Platz aufgestockt wurde: allein zu dem Zweck, den Grünen einen zweiten Sitz zukommen zu lassen.

Kompromiß: 18 Plätze

Insgesamt waren sich die ganz kleinen Listen und Parteien einig, dass eine Reduzierung der Ausschußgrösse einer Beschneidung demokratischer Mitwirkung gleichkommt. So wurde schlußendlich als eine Art “Kompromiss” die Ausschußgröße 18 ins Auge gefaßt: in einem Gremium dieser Sitzzahl stehen CDU – 5, SPD – 4, Grüne – 3, AfD und FDP je 2, Linke und Fraktion FWG-BüFEP je 1 Platz zu.

Einzelkämpfer Dr. Herbert Drumm

Damit würden CDU und SPD, wie im Stadtrat, nur auf die Hälfte der Ausschuß-Sitze kommen. Das Wahlergebnis wäre so gesehen korrekter abgebildet. Mit einer Ausnahme. Die heisst Dr. Herbert Drumm. Der Spitzenmann der Freien Wähler ist im Stadtrat Einzelkämpfer. Gestern Abend lehnte es Stefan Butz (Progressive) kategorisch ab, mit Dr. Drumm eine Fraktion zu bilden.

Ohne Fraktionsanschluß isoliert

Butz teilte mit, er sei im Gespräch mit den Linken. Damit ist Dr. Herbert Drumm faktisch isoliert. Ohne Fraktionsanschluß steht ihm bei der Ausschußbildung kein einziger Platz zu. Und allein fehlt ihm das Recht Anträge für die Tagesordnung des Stadtrates zu stellen. Der Spitzenmann der Freien Wähler dürfte nur eines: in Stadtratssitzungen reden und Detailanträge stellen.

Widerstand erklärt

Zu den Themen anderer. Eigene Schwerpunkte sind so kaum zu setzen. Dr. Drumm erklärte gestern Abend seinen Widerstand gegen den Kompromissvorschlag, die drei grossen Ausschüsse mit 18 Personen zu besetzen und alle anderen Gremien so zu belassen, wie bisher. Sollte Dr. Drumm an seinem Alleingang festhalten, gibt es am 27. Juni keinen gemeinsamen Wahlvorschlag.

Alle gegen einen?

Also das bisher übliche Verfahren, in einer Abstimmung einmütig alle Ausschußplätze auf einmal zu vergeben. Dabei ist die Alternative gar nicht so schlimm, wie viele Stadtratsmitglieder aus Unwissenheit befürchten. Es gibt mehrere alternative Möglichkeiten. So könnten sich unter dem Motto “alle gegen Dr. Drumm” 43 Stadtratsmitglieder hinter einem Vorschlag versammeln.

Vorschläge aller Fraktionen?

Das Stimmergebnis 43 zu 1 (die Oberbürgermeisterin darf an solchen Wahlen nicht teilnehmen) würde dazu führen, dass Dr. Drumm leer ausgeht. Denkbar wäre auch, dass jede Fraktion ihren eigenen Vorschlag vorlegt. Wenn dann jeweils alle Parteifreunde anwesend sind und sich selbst wählen, würde sich im Vergleich zu 43-zu-1-Abstimmung nichts ändern.

Risiko: geheime Wahl

Käme es allerdings zu einer geheimen Wahl und Mitglieder der einen Fraktion würden ihre Stimme heimlich einem anderen Ausschuß-Besetzungsvorschlag geben, würde das die Zusammensetzung der Ausschüsse je nach Stimmenzahl verändern. Erhielte der Wahlvorschlag Dr. Drumm so zwei oder gar drei Stimmen, würden ihm doch Ausschußplätze zufallen. Mindestens müßte gelost werden (weiterer Bericht folgt).