Die Wende: Verfassungsgerichtshof ebnet Weg zur gerechten Jugendamtsfinanzierung

Bewertung von
Claus Jotzo

Karl-Heinz Delaveaux hat gestern Abend gegen 19 Uhr erst mal den Tisch abgeräumt. Seine Heike hatte dem besonderen Tag angemessen etwas Formidables auf die Teller gezaubert. Dann ging der Fraktionsvorsitzende von FWG / BüFEP in seinen gut sortierten Getränke-Keller. Um für sie einen leckeren Roten und für sich eine Flasche hochzuholen, die dort schon viele viele Jahre stand. Einen ganz ausgezeichneten Cognac. Für einen ausserordentlichen Tag. Einen Hennessy X.O. Nur einen Finger hoch im Glas eingefüllt.

Der erste Schluck auf die Zukunft der Stadt

Und dann, nach dem Anstossen, wie es sich für ein Stadtratsmitglied gehört: der erste Schluck auf die Zukunft der Stadt Bad Kreuznach. Denn die sieht seit gestern wesentlich besser aus. Wegen dem Urteil eines Gerichtes, dass kaum eine Einwohnerin kennt. Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof sprach gestern Recht. Und vernichtete auf 52 Seiten die bisherige Praxis der kommunalen Unterfinanzierung durch die rot-grüne Landesregierung. Mit der Bewertung “verfassungswidrig”. Ein Donnerschlag von grundsätzlicher Bedeutung, dessen Widerhall noch in Monaten zu hören sein wird.

Delaveaux erkannte sofort die Tragweite

Karl-Heinz Delaveaux, dem juristische Fachliteratur nicht fremd ist, hat beim Lesen des Urteils schnell die relevanten Stellen gefunden. Etwa auf Seite 35, wo das gegenwärtige System des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz als “nicht den Anforderungen der Landesverfassung genügend” beschrieben wird. Weil es den “Gemeinden nicht die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel“ zur Verfügung stellt. Delaveaux erkannte sofort die Tragweite des u.a. von der Stadt Pirmasens erstrittenen Urteils.

Land zahlt nicht kostendeckend fürs Jugendamt

Denn neben vielen anderen Aufgaben hat das Land der Stadt Bad Kreuznach die der Jugendhilfe zuerkannt. Zahlt dafür aber nicht kostendeckend. So dass jährlich siebenstellige Beträge an der ohnehin finanziell klammen Kämmerei hängenbleiben. Diese traurige Tatsache hatte Karl-Heinz Delaveaux im November 2018 gemeinsam mit Wolfgang Kleudgen zu dem Antrag motiviert, der vom Stadtrat mehrheitlich beschlossen wurde: die Abgabe des Jugendamtes an den Kreis. Ob es dazu jetzt noch kommen muß, ist für Delaveaux “vollkommen offen”.

Angemessene Zahlungen des Landes an die Stadtkasse

Denn von Anfang an hatte der langjährige Kommunalpolitiker deutlich gemacht, dass es ihm nicht um eine Neuorganisation von Zuständigkeiten, sondern um eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten geht. Und die ist jetzt auch auf einem anderen Weg möglich. Nämlich durch angemessene jährliche Zahlungen des Landes an die Stadtkasse, mit denen das Defizit abgedeckt wird. Zwar hat das Verfassungsgericht gestern auch festgestellt, dass “nicht sämtliche Ausgaben der Kommunen zwangsläufig als ausgleichsrelevant” angesehen werden müssen.

OBin soll bei ihren Parteigenossen in Mainz vorstellig werden

Denn auch das Land muss auf jeden Cent schauen. Und darf daher “Aufwendungen, die das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beachten, unberücksichtigt” lassen. Aber, so Delaveaux pfiffig: “uns erzählt die Oberbürgermeisterin seit neun Jahren, wie toll im Jugendamt gearbeitet wird. Dann kann sie das sicher auch ihren Parteigenossen in Mainz vermitteln. Und die angesichts dieses Urteiles auch ohne Klage dazu motivieren, kurzfristig jetzt endlich angemessen zu zahlen”.