Falschparker – Report (42)

Bewertung von
Claus Jotzo

Wer diese Serie regelmäßig mitliest, weiß das: für die Bilder und Geschichten dieses Reports legen wir uns nicht auf die Lauer. Es wird kein extra Meter gefahren, um an ein bestimmtes Ziel zu kommen. Sondern alle dokumentierten Fälle sind “Abfallprodukte” anderer Termine. Um so bewußter wir damit umgehen, um so deutlicher wird die Erkenntnis: die große Zahl der Verkehrsprobleme in Bad Kreuznach ist hausgemacht. Und: umfangreiche Nachschulungen für Verkehrsteilnehmer*Innen und Kontrollen würden für ein wesentlich risikoärmeres Verkehrsgeschehen auf den vorhandenen Flächen sorgen.

Demzufolge sind Investitionen in neue Strassen und Radwege vor der Durchsetzung der bundesweit geltenden Regeln auch in Bad Kreuznach nichts anderes als rausgeschmissenes Geld. Die zentralen Inhalte dieses heutigen Falschparker-Reports spielten sich am vergangenen Donnerstagnachmittag mitten in der Stadt ab. Auf dem Weg vom Richtfest am Erweiterungsbau samt Generalsanierung Hotel-Restaurant Mühlentor der Eheleute Hilgert in der Mühlenstrasse schlenderte ich an der Sonderparkzone Ecke Kirschsteinanlage vorbei, wo tagtäglich in einer wegen der Strassensperrung unübersichtlichen Situation geparkte Autos für Gefahrensituationen und Behinderungen sorgen.

80 Meter entfernt von einem Parkhaus und einem Parkplatz. Ich entschied mich dann durch die Fährgasse Richtung Bourger Platz zu gehen. In der Beinde angekommen wurde ich von einem gegen die Einbahnstrasse zurücksetzenden Transporter fast umgefahren. Der entweder stark sehbehinderte oder sehr rücksichtslose Fahrzeugführer hätte dabei beinahe auch noch einen Pkw gerammt, dessen Fahrer noch rechtzeitig bremsen konnte. Der Rechtsbrecher hat sich damit erfolgreich eine Blockumfahrt erspart. Auf diese Weise motiviert wird er das wieder machen. Also gegen die Einbahnstrasse zurücksetzen.

Bis es halt irgendwann mal kracht. Moralisch mitverantwortlich sind dann all jene, die diesen Verkehrsrowdy vorher nicht von seinem Führerschein, wenn er denn einen hat, befreit haben. Am Bourger Platz bot sich dann das schöne Bild einer wirklich voll genutzten Bushaltestelle. Allerdings nicht von Bussen, sondern Pkws, für die auf der anderen Strassenseite ein Parkplatz mit Tiefgarage gebaut wurde. Aber seit dem die Kontrolle des ruhenden Verkehrs in Bad Kreuznach wesentlich auf die Kontrolle von Parkscheinen reduziert und die Behinderung des ÖPNV zur kommunal geförderten Aufgabe erklärt wurde, stört sich daran keiner mehr.

Idealisten in den städtischen Gremien plappern immer weiter von der Förderung des ÖPNV, kennen den aber offensichtlich nur vom Hörensagen. Denn noch nicht ein einziges Mal in fast drei Jahren wurde im zuständigen Planungsausschuß die Verwaltung gefragt, warum jeden Tag Bushaltestellen als Pkw-Parkplätze mißbraucht, aber nicht tausende entsprechender Bußgelder im Jahr verhängt werden, sondern keine 20. Falls also mal wieder eine dieser rhetorischen Nebelkerzenwerfer*Innen von der Förderung des ÖPNV faselt, die Dampfplauderer einfach mal fragen, wann er-sie-es persönlich das letzte Mal einen Bushaltestellenparker angezeigt hat, um endlich mal was Konkretes zur Förderung des ÖPNV beizutragen.

Ausser Sprüchen. Ich mache danach noch die Fotos vom Holz-Haus, dokumentiere dann einen Gehwegparker auf der Wilhelmstrasse und entscheide mich einer inneren Eingebung folgend über die Kilianstrasse zum Stadtbauamt zu gehen. Ich bin noch nicht einmal am Stadtwerke-Forum vorbei, da fährt aus der Schöffenstrasse ein Pkw mit Kreiskennzeichen verbotswidrig entgegen der Einbahnstrasse nach links zur Wilhelmstrasse. Am Steuer eine ältere Frau, die angesichts der Kamera beschleunigt und daher an der Kreuzung eine Vollbremsung hinlegen muß.

Auf dem Weg dorthin verstößt sie auch gleich noch gegen das Rechtsfahrgebot und fährt auf der Gegenspur. Vermutlich, weil sie dem vom Stadtwerke-Parkplatz kommenden Pkw die selbe rechtsbrecherische Rücksichtslosigket zutraut, die sie selbst an den Tag legt. Und daher einen großen Sicherheitsabstand für erforderlich hält.

Ein paar Meter weiter in der Schöffenstrasse sehe ich dann eine Kontrollkraft des ruhenden Verkehrs gemächlich die in den Autos ausgelegten Parkscheine kontrollieren. Die Gemütlichkeit und Bewegungsarmut der Szene wirkt auf mich wie das Déjà-vu einer Bildersequenz aus einem Asterix&Obelix-Comic, in dem ein Legionär mit seinem Vorgesetzten halbe Platten putzt. Halbtags. Also je eine halbe Platte. Dazwischen wird gevespert. Und ich erinnere mich an eine Auskunft, die die Oberbürgermeisterin der grünen Stadtratsfraktion zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs vor einigen Monaten gab. Dort steht, dass erst alles andere kontrolliert wird.

Und dann erst, ob in auf den öffentlichen Parkflächen ordnungsgemäß geparkten Kraftfahrzeugen entsprechende Parkscheine ausgelegt sind. Die Kontrollkraft hat am Donnerstagnachmittag aber nicht dort kontrolliert, wo von mir im Bild festgehaltene Verstösse massenhaft begangen wurden (und tagtäglich begangen werden), also in der Mühlenstrasse, auf dem Gehweg Wilhelmstrasse und der Bushaltestelle Bourger Platz, sondern auf dem Parkplatz Kilianstrasse Parkscheine. Hermann, ich habe Dir gleich gesagt, dass das eine unwahre Auskunft war, die Du bekommen hast. Jetzt bin ich gespannt, was Du daraus machst.

Also aus der Tatsache, dass die Stadtverwaltung in der Realtiät anders handelt, als sie den demokratisch gewählten Kommunalpolitikern schriftlich erklärt. Vielleicht gibt es im Rat der Stadt und seinen Ausschüssen ja Personen, die sich nicht von der Zahl der ausgestellten Knöllchen blenden lassen. Sondern hinterfragen, welche Verstösse da geahndet wurden. Und dann erstaunt feststellen, dass es weit überwiegend Parkscheinverstösse sind, bei denen kein Mensch gefährdet wird. Und die risikoreichen Rad- und Gehwegparkverstösse, ÖPNV-Behinderungen und andere Rücksichtslosigkeiten mit Risiken für Passanten nur in geringerer Zahl bestraft werden.

Apropos Kontrollkraft. Die eine hat ja immerhin noch … was getan. Andere laufen einfach so an einem Pkw vorbei, der in einen Gehweg so weit hineinragt, dass eine Gefährdungssituation entstehen kann. Hauptsache am Monatsende ist die Kohle auf dem Konto. Nur der öffentliche Dienst macht das möglich. Wenn solche Arbeitsverweigerung dann auch noch mit Streikaufrufen wie aktuell von ver.di garniert wird, darf sich niemand wundern, wenn die gesellschaftliche Kluft zwischen denen die Arbeiten und jenen, die nur bezahlt werden, immer größer wird.