“Die Grünen müssen weg”

Beobachtet und dokumentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Kaum eine Berufsgruppe verbringt so viel Zeit in der Natur und lebt so direkt von ihr, wie Winzer, Forst- und Landwirte. Dazu kommt: Landwirtschaft ist – zumindest im Naheland – überwiegend Familienarbeit. Die Masse der Höfe und Betriebe werden von Generation zu Generation weitergegeben. Was schon vom Grundsatz her einen pfleglichen Umgang mit Grund und Boden fördert. Und die politischen Umweltschützer eigentlich zu den natürlichen Verbündeten der Winzer, Forst- und Landwirte machen müsste. Davon kann allerdings aktuell nicht die Rede sein. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte sich spontan für die Teilnahme an der gemeinsamen Sitzung der Vorstände von Weinbauverband Nahe und des Bauern- und Winzerverbandes entschieden. Auch um den Widerstand gegen die Pläne der rot-grün-gelben Bundesregierung zu unterstützen.

“Die Grünen müssen weg”, fasste der Bosenheimer Winzer Ulrich Lorenz die Grundstimmung vieler seiner Berufskollegen zusammen. Rund 50 von ihnen hatten sich am gestrigen Dienstagabend (19.12.2023) in der Aula des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR, früher Weinbauschule) getroffen. Kurzfristig waren die Vorstände von Weinbauverband Nahe e.V. und des Bauern- und Winzerverbandes an Nahe und Glan e.V. zu einer mitgliederöffentlichen Sitzung eingeladen worden. “Wenn wir Bauern uns nicht wehren, wenn jetzt kein Widerstand geleistet wird, dann sehe ich schwarz für uns”, schloss Ulrich Lorenz seinen mit viel Applaus belohnten Beitrag.

Den Zorn der Landwirte hatte der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit seinem unterlassenen Widerstand gegen die Entscheidungen der Bundesregierung (Aus für die Sonderregelung beim Agrardiesel und die Aufhebung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen) auf sich gezogen. Johannes Thilmann (Spabrücken), der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes, schrieb den Grünen gar verfassungsfeindliche Ansätze zu. Und verlangte von der CDU, auch mit der AfD zu sprechen, um eine linke Mehrheit zu verhindern. Darauf ging die christdemokratische Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner nicht ein.

Als Gastrednerin sprach Klöckner sachkundig die “Subventionskreativität” in mehreren Mitgliedsstaaten der EU an. Und erinnerte daran, dass es im Interesse der Bevölkerung sei, “landwirtschaftliche Produktion im Land zu halten”. Aktuell würden bereits 60% von Obst und Gemüse importiert, in 25 Jahren hätte sich die Zahl der Betriebe auf 250.000 bundesweit halbiert und rund 1.000 weitere im Jahr gingen verloren. Dem Heranziehen landwirtschaftlicher Fahrzeuge zur Kfz-Steuer hielt Julia Klöckner die Tatsache entgegen, dass “Traktoren nicht auf der Autobahn fahren”. Und die Wirtschaftswege auf Kosten der Bauern gebaut und unterhalten werden.

Eine der Fragen, die Klöckner im kommenden Januar Robert Habeck stellen wird, wenn im Bundestag der Bundeshaushalt beraten wird, verriet die Abgeordnete: “wie klimaneutral ist es, wenn Lebensmittel aus Übersee beigebracht werden müssen?” Die CDU werde die Pläne der Bundesregierung auch ablehnen, weil es nicht gerecht sei, dass einem Prozent der Bevölkerung zehn Prozent der Einspar-Last aufgebürdet werde. Den Betroffenen riet Julia Klöckner zu Protest und Widerstand. Es werde seine Wirkung nicht verfehlen, wenn auch die Abgeordneten der Regierungskoalition flächendeckend “sensiblisiert” würden.

Klöckner riet Bauern und Winzern zum Start einer medienwirksamen Werbeinitiative für “regionale Lebensmittelproduktion”. Dr. Thomas Höfer, der Präsident des Weinbauverbandes Nahe, bezifferte die Einkommensverluste eines durchschnittlichen Betriebes auf bis zu mehrere zehntausend Euro im Jahr. Eine existenzgefährdende Größenordnung. Die betroffenen Landwirte und Winzer meldeten sich in der Veranstaltung mit einer Vielzahl von Argumenten und insgesamt sehr sachlich zu Wort. “Ihr seid noch sehr entspannt”, bewertete das Julia Klöckner. Lob von allen Redner*Innen gabs für die Landjugend für deren Einladung zur Traktoren-Demo am morgigen Donnerstag (weiterer Bericht folgt).