Warum wird Schwerlastverkehr durch die Winzenheimer Kirchstrasse gelenkt?

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die vom Stadtrat abgelehnte Forderung aus Hargesheim den Ort durch eine neue Strasse direkt an den Kreisel am Hungrigen Wolf anzubinden, hat in Winzenheim die Aufmerksamkeit einiger Einwohner*Innen bezüglich der Verkehrslage erhöht. Die Behauptungen aus der Nachbargemeinde, ein Verkehrsgutachten belege, das Verkehrsprojekt werde nur zu einer geringen Mehrbelastung in der Winzenheimer Kirchstrasse führen, haben zu der Frage geführt: “warum wird dieses Gutachten nicht veröffentlicht?” Tatsächlich wird über das Papier nur geredet. Eine schriftliche Fassung ist zum Beispiel auf der Internetseite der Ortsgemeinde Hargesheim und auch auf der der Verbandsgemeinde Rüdesheim nicht einzusehen.

Die Beschilderung am Kreisel Hungriger Wolf ist eindeutig: Schwertransporte über …

Aber auch die aktuelle Beschilderung hat sich der ein und die andere erst jetzt richtig angesehen. Dabei ist aufgefallen, dass der Schwerlastverkehr nicht über die Umgehung Hungriger Wolf fahren darf. Sondern durch die Kirchstrasse geführt wird. “Das ist doch Wahnsinn, wie kann ich denn zigtonnen schwere Fahrzeuge ganz bewusst durch eine steile innerörtliche Strasse führen, wenn es wenige Meter weiter eine Umgehung gibt?” erklärt eine Anwohnerin im Gespräch mit der Redaktion. Wenn etwas passiere, sei das Schadenrisiko in der dichten Wohnbebauung doch tausendfach größer, als in der Natur.

… 7,5 Tonnen dürfen nicht drumherum, sondern müssen durch die Ortslage fahren.

Zuständig für die Antwort sind nach eigenen Angaben weder der Landesbetrieb Mobilität (LBM) noch die Kreisverwaltung (obwohl die Kirchstrasse ja eine Kreisstrasse ist). Sondern die Stadtverwaltung. Und die erinnert in ihrer Antwort an die Ausnahmegenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord), die vor rund 20 Jahren den Bau der Umgehungsstrasse am Hungrigen Wolf überhaupt erst möglich möglich gemacht hat. Demnach liegt der Grund für den Schwerlastverkehr im Ort an einer bisher nicht nachgewiesenen “örtliche Gefahrenlage”:

Die Antwort der Stadtverwaltung im Wortlaut:

“Die Beschilderung der Umgehung Winzenheim erfolgte auf Grund einer Ausnahmegenehmigung der SGD Nord vom 12.9.2002 im Hinblick auf das Wasserschutzgebiet. Die Straße wurde als Gemeindestraße (außerorts) von der Stadt Bad Kreuznach in eigener Zuständigkeit gebaut. Die K 49 führt noch immer als Kreisstraße durch Winzenheim. Auch dort findet sich ein Zeichen „Verbot für Fahrzeuge mit wassergefährdender Ladung“ (auch schon auf der K 49 Abfahrt Guldental). Das Lkw-Verbot im Bereich der Umgehungsstraße beruht auch auf den Vorgaben in der Ausnahmegenehmigung.

Ein Verbot für Lkw für den Ortsteil Winzenheim dürfte an den Voraussetzungen scheitern: Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Diese Befugnis wird durch § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO dahin modifiziert, dass Voraussetzung für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs eine besondere örtliche Gefahrenlage ist, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Wohnbevölkerung durch Lärm und Abgase erheblich übersteigt.

Hierzu müssen Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss und damit zugemutet werden kann. Vor der Anordnung von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs ist es daher grundsätzlich notwendig, eine Erfassung der Verkehrsbelastung (Verkehrszählung) vorzunehmen”.