Eltern befürchten Abschaffung der Förderschulen durch die Hintertür

Eltern, Lehrerschaft und Interessenvereinigungen der Förderschulen sind in großer Sorge. Der Hintergrund: der Entwurf der neuen rheinland-pfälzischen Schulordnung für die öffentlichen Förderschulen und den inklusiven Unterricht an öffentlichen Grundschulen. Werden die Entwürfe in der aktuellen Form umgesetzt, würden die Förderschulen, insbesondere jene mit dem Schwerpunkt Lernen, deutlich geschwächt – und mit ihnen die Kinder und deren Familien, die auf die besonderen Angebote der Förderschulen angewiesen sind. Vorgesehen sind etwa verschärfte Einstiegshürden und der Wegfall der 10. Klasse.

Im jährlichen Gespräch mit Vertretenden der Förderschulen hatten diese sich mit ihren Sorgen und Befürchtungen an Landrätin Bettina Dickes gewandt. „Ich kann die Sorgen sehr gut nachempfinden und habe daher meine Unterstützung zugesichert“, so die Landrätin. Unter anderem bereiten die erschwerten Zugangsvoraussetzungen zu den Förderschulen große Sorgen. So können Kinder mit Lernschwäche bisher bei Bedarf bereits mit dem Wechsel in die Schule direkt eine Förderschule besuchen, um dort – auf die eigenen Lernbedürfnisse angepasst – mit einer besseren und intensiveren Betreuung zu lernen.

Künftig – so sieht es der Entwurf der Schulordnung vor – soll der Wechsel erst nach einem Gutachten, welches frühestens in der zweiten Klasse beauftragt werden dürfte, erfolgen können. „Im Ergebnis heißt dies, dass die Schülerinnen und Schüler frühestens ab der 3. Klasse eine Förderschule besuchen könnten“, erklärt die Landrätin. Ein weiterer massiver Einschnitt soll der Wegfall des 10. Schuljahres an den Förderschulen darstellen. „Bisher ist es für die Schülerinnen und Schüler an den Förderschulen möglich, diese bis zum Abschluss des 10. Schuljahres zu besuchen, um dann mit der sogenannten Berufsreife dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung zu stehen“.

Der Entwurf der Schulordnung sieht den Wegfall dieses wichtigen Bausteins in der schulischen Entwicklung der Jugendlichen vor. „Stattdessen sollen die Jugendlichen künftig nach Ende der 8. Klasse auf eine Regelschule wechseln müssen, um dort theoretisch nach der 9. Klasse den Berufsreifeabschluss erlangen zu können“. Dies werde aber kaum zu erreichen sein. „Die Jugendlichen müssen – häufig in der Pubertät steckend – sich in einem neuen (schul)sozialen Umfeld und mit neuen Lehrern zurechtfinden. Daneben ist das Lerntempo in Förderschulen anders, als in Regelschulen. Der Abschluss nach nur einem Jahr wird – so auch die Befürchtung von Eltern, Lehrerschaft und Interessenvertretungen der Förderschulen – für die allermeisten Schülerinnen und Schüler nicht zu erreichen sein“.

Eltern, Lehrerschaft und Interessenverbände stehen diese und weitere einschneidende Neuerungen dieser neuen Schulordnung einer „Abschaffung der Förderschulen durch die Hintertür“ gleich – und dies vor allem zulasten der Kinder und Jugendlichen. Zur Unterstützung der Förderschulgemeinschaft hatte die Landrätin sich kürzlich mit einem Schreiben an die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig gewandt, um die Bedenken zu verdeutlichen und um Unterstützung zu werben. „Ich hoffe, die Ministerin versteht die Sorgen und wird diesen gerecht, um das Angebot unserer Förderschulen nicht auf Kosten der Kinder und Jugendlichen mit der einer neuen Schulordnung sukzessive abzubauen“.

Text und Bild: Kreisverwaltung Bad Kreuznach